Mein Artikel dazu, wie wir mit unseren Kindern über den Tod sprechen könnten, war zwar sehr persönlich, hat aber natürlich einiges außer Acht gelassen, was mir alles noch dazu durch den Kopf ging.

Welche Bücher zum Thema haben uns geholfen zum Beispiel. Wie sind die Kinder nach außen damit umgegangen? Welche Reaktionen von anderen waren hilfreich und welche waren schwierig? Und: wie haben die Kinder untereinander darüber gesprochen?

Dieser letzte Aspekt hat neben aller Schwere auch so viel Erstaunliches, mitunter Drolliges, weil all die Begriffe, vor denen wir Erwachsene manchmal zurück schrecken, für Kinder zunächst mal unbelastet sind: Tod, Sterben, Grab, aber auch die ganz großen quasi philosophisch-religiösen Vokabeln: Himmel, Gott, Seele, Ewigkeit. Alles große Fragen des Seins – und die Kinder können sie für sich mitunter so leicht zusammen fassen, ja, sogar beantworten! Manchmal ist das alles nämlich viel eindeutiger, als wir Erwachsene uns das so vorstellen.

Ich habe oft gelauscht und gestaunt darüber, wie sie sich selbst und gegenseitig erklären, wohin diejenigen gegangen sind, die jetzt tot sind. Gerade ist das Thema wieder hochaktuell im Hause Berlinmittemom, denn wir mussten vor einer Woche eins der geliebten Meerschweinchen begraben. Die Kinder sprachen darüber, wohin Ravioli, so sein Name, jetzt gegangen wäre, wir begruben ihn anständig, die Kinder machten aus Zweigen drei Grabkreuze und legten ihm Möhren, Gurkenscheiben und Körner ins Grab. Während sie also all das taten und darüber sprachen, dass Ravioli jetzt bestimmt bei der Oma sei und da lustig über die Wiese springen würde, um sich die leckersten Löwenzähnchen der Welt zu rupfen, fiel mir ein Gespräch ein, das der Lieblingsbub, damals knappe 4, mit seiner großen Schwester führte, kurz nachdem die Kinder der Beerdigung des Urgroßvaters beigewohnt hatten und noch bevor meine Mutter einige Monate später starb. Ich habe es  in meinen Notizen gesucht und für euch aufgeschrieben:

lieblingsbub: “mama, ist gott im himmel?”

ich: “ja, der ist im himmel.” (auf was man plötzlich alles so ne antwort weiß, wenn die eigenen kinder fragen!)

lieblingsbub: “aber wieso? wenn der im himmel ist, ist der doch tot. so wie der uropa wolfgang.”

herzensmädchen übernimmt: “das ist, weil die seelen zu gott in den himmel gehen, wenn wir sterben, marius. gott wartet da auf uns.”

lieblingsbub: “ja, aber wie kommt man da hin? in den himmel?”

herzensmädchen: “das ist wie eine tür, durch die man geht. aber keiner weiß das genau, weil ja keiner zurück kommt.”

lieblingsbub: “ich will aber, dass die zurück kommen und erzählen, wie es da ist bei gott. ist der nett?”

herzensmädchen: “ja, der ist total nett. der netteste überhaupt!”

lieblingsbub: “okay. dann isses ja gut.”

(Damit ihr mal alle Bescheid wisst und euch keine Sorgen mehr macht.)

Das klärt doch einen Haufen gigantischer Fragen mit einem Schlag, oder?

Passend zur Thematik wollte ich an dieser Stelle unbedingt noch einen Buchtipp loswerden, nämlich diesen hier, geeignet für Kinder ab 4 Jahren: Die besten Beerdigungen der Welt, ein Buch mit viel tollem Text von Ulf Nilsson und Bildern Eva Eriksson, deren Illustrationen ich sehr liebe.

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Drei Kinder, die mutige Ester, ihr kleiner Bruder Putte und ein namenloser Junge, aus dessen Perspektive die ganze Geschichte erzählt wird, finden an einem langweiligen Tag eine tote Hummel und beschließen, sie zu begraben. Sie suchen eine versteckte Lichtung, graben ein Grab, bemalen einen Stein und zimmern ein Grabkreuz und säen schließlich blaue Blumen aus. Der Ich-Erzähler, der die meisten Berührungsängste mit dem Tod hat, schreibt ein Trauergedicht über die Hummel, das er als Grabrede vorliest.

Und dann geht es erst richtig los: im Laufe der Geschichte finden die drei Freunde jede Menge tote Tiere und begraben sie alle anständig auf ihrer Lichtung. Dabei sprechen sie über den Tod, was er bedeutet, dass er alle Lebewesen betrifft und unwiderruflich ist. Sie bleiben dabei zwar immer in ihrem Spiel als diejenigen, die den toten Tieren eine anständige Beerdigung zuteil werden lassen, aber sie wissen sehr genau, dass der Tod sie auch betrifft und ganz nebenbei klären sie allerhand wichtige Fragen. Vor allem die Gedichte, die der Ich-Erzähler für jede der Beerdigungen schreibt, zeigen sehr genau, dass die Kinder bei allem Spielerischen genau begreifen, was Totsein bedeutet. Die Geschichte endet dann aber mit einem sehr lebendigen und heiteren Satz: “Am nächsten Tag machten wir dann etwas ganz anderes.”

Ich kann das Buch wirklich nur empfehlen, vielleicht als Einstieg in die Thematik, der aber nichts beschönigt, verniedlicht oder abschwächt. Dieser Umgang mit dem Thema ist kindgerecht und nimmt dennoch jedes betrachende Kind für voll. Als unser Ravioli letzte Woche starb, haben wir das Buch wieder hervor geholt und festgestellt: es gibt viel zu Schmunzeln, einiges zum Nachdenken und nicht zu wenig zum Lachen. Mit Kindern über den Tod sprechen heißt nämlich nicht notwendigerweise, dabei traurig sein zu müssen.

Kennt jemand das Buch? Oder kann ein anderes empfehlen, vielleicht für eine andere Altersgruppe Kinder? Oder führt ihr eure Kinder ganz anders an das Thema heran?

Meine füttern gerade ihr neues Meerschweinchen mit dem klingenden Namen Roquefort, das wir dem übrig gebliebenen Meerschwein Romeo zur Gesellschaft angeschafft haben. Für diese beiden brauchen wir hoffentlich noch ganz lange keine der besten Beerdigungen der Welt!

signatur

 

1 Kommentar

  1. Mir fallen gleich mehrere Bücher ein:

    Opas Engel
    http://www.babys-und-schlaf.de/2011/11/opas-engel-jutta-bauer/
    Ein kleiner Junge erzählt von seiner letzten Begegnung mit seinem Opa, der wiederum von seinem Leben erzählt. Es ist etwas hintersinnig und für kleine Kinder ist nicht sofort verständlich, dass es um die Themen Leben/Tod geht. Es ist aber dennoch ein sehr gutes Buch.

    Mein Favorit: Gehört das so??!: Die Geschichte von Elvis
    http://www.babys-und-schlaf.de/2012/04/gehoert-das-so-die-geschichte-von-elvis-p-schoessow/
    Mit einem Schmunzeln wird hier der Ärger und die Wut über den Tod thematisiert. Das Buch eignet sich auch durchaus schon für kleinere Kinder.

    Und der Klassiker ist natürlich: Ente, Tod und Tulpe von Wolf Erlbruch
    http://www.babys-und-schlaf.de/2011/04/mit-kindern-ueber-den-tod-reden/

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