Während die Blogparade “Gemeinsam für starke Mädchen” langsam anläuft und ich mich über die ersten schönen Beiträge freuen darf, habe ich darüber nachgedacht, wie es für mich war, ein Teenager zu sein.

Vorgestern schrieb ich, ich würde nicht gerne noch mal 15 sein wollen, obwohl ich wahrscheinlich weitgehend ein glücklicher Teenager war. Aber ich habe mich außerdem daran erinnert, was mich immer und immer abgefangen hat in schwierigeren Phasen: das Lesen. Ich habe als Kind gelesen, gelesen und gelesen, und das habe ich in Teenager- und auch Erwachsenenjahren beibehalten. Heute ist meine Netto-Lesezeit sicher um einiges knapper als früher, aber zwischen 12 und 17 waren Bücher oft auch meine Zuflucht.

Ich bin ein Kind der Achziger, und in der Buchhandlung meiner Kindheit gab es engagierte Buchhändlerinnen in der Kinder- und Jugendbuchabteilung, die am Puls der Zeit waren. Und so fand ich Christine Nöstlinger, die österreichische Autorin, die für mich wahrscheinlich wie keine andere prägend für meine adoleszenten Jahre als Leserin war. Ich las alles, was ich von ihr kriegen konnte und fieberte jeder Neuerscheinung entgegen. In meine Regal sammelten sich Olfi Obermeier und der Ödipus, Rosa Riedl Schutzgespenst, Maikäfer, flieg! und natürlich meine Lieblingsbücher von ihr: die Triologie von Gretchen Sackmeier.

Das Besondere an den Büchern von Christine Nöstlinger waren für mich immer die Charaktere: hier ist nichts 0815, im Gegenteil. Es geht meistens um Kinder und Jugendliche, die nicht so ganz in die Norm passen: sie sind dick, haben überdimensionierte Nasen, leben in schwierigen Familienverhältnissen, haben Ängste, werden in der Schule gemobbt oder müssen sich um (zeitweise) durchgeknallte Elternteile sorgen. Das Ganze erzählt die Autorin dennoch leicht: sie beschreibt wie es ist, ohne dabei bedrückende Welten zu erschaffen. Bei ihr gibt es Lösungen, bei denen sich ihre Heldinnen emanzipieren. Sie finden Lösungen, die zu ihnen passen und lernen, dass die Norm für sie möglicherweise irrelevant ist. Sie finden Verbündete, wo sie sie nicht erwarten, sie lösen sich von vordergründigen Idealen, sie entwickeln sich.

Gretchen Sackmeier, Christine Nöstlinger, Oetinger Verlag
Abgeliebtes Buch aus meiner frühen Teenagerzeit

Das fasziniert mich heute wie damals, und ich wünschte, es wären nicht so viele der Nöstlinger-Bücher vergriffen. Denn die Geschichte mögen zwar 25 oder 30 Jahre alt sein, die Thematik ist dennoch hochaktuell.

Mein Gretchen Sackmeier kann man noch kaufen, wenn auch, wie ich durch eine Rezension gelernt habe, wohl in einer gekürzten Fassung. Das ist schade, aber besser als nichts, denn Gretchen, der übergewichtige Teenager mit einer übergewichtigen Familie, die sich mit der Midlife Krise ihrer Mutter befassen muss und mit dem drohenden Scheitern der Ehe ihrer Eltern, die nebenher noch mit der ersten Verliebtheit in den schönsten Jungen der Klasse kämpfen und ihre kleinen Geschwister im Blick behalten muss, ist ein Leseerlebnis. Wie sie durch die Krisen ihrer plötzlich veränderten Welt geht und wie sie am Ende des ersten Bandes selbstbewusst da steht, hat mich schon beim ersten Lesen hingerissen. Und ich bin froh, dass ich die drei Originalbände gehütet habe, um sie meinen potentiellen Töchtern geben zu können. Mein Pre-Teen hat sich heute schon in Band 1 versenkt.

Sind Bücher für euch auch so wichtig gewesen? Was sind eure Schätze aus eurer Kindheit und Jugendzeit? Und habt ihr diese Bücher noch?

signatur

6 Kommentare

  1. Ach, wie schön!
    Ich habe die Bücher von meinem Onkel geschenkt bekommen als ich 12 war und habe sie seitdem immer mal wieder gelesen – das letzte Mal als ich vor zwei Wochen mit einem Virus flach lag…
    Die Bücher haben mir (als mopsigem Teenager) sehr gut getan und stimmen mich auch heute noch fröhlich.

    Es gibt übrigens alle drei Bände (in einem Buch) ungekürzt als ebook:
    http://www.ebook.de/de/product/19025402/christine_noestlinger_gretchen_sackmeier_3.html?searchId=6

    Happy Donnerstag,
    Anna M.

    • Schön ist das, wenn man seine Kinderbücher an die eigenen Kinder weitergeben kann. Darauf freue ich mich schon. Habe noch einen riesigen Karton im Keller. Mit Nöstlinger bin ich damals kaum in Berührung gekommen. Ich glaube ich hatte als Teenager eine Trash-Phase mit Fantasy und so. Ich sach nur: Wolfgang Hohlbein. Aaaaah! ;)
      PS: mein erster Kommentar wurde ein bisschen zu früh abgeschickt. Ich war das nicht.

  2. Oh, Christine Nöstlinger! <3 Von dieser wunderbaren Person hab ich quasi alles gelesen. Auch Gretchen, natürlich. Und über "Nagle einen Pudding an die Wand" hab ich damals sogar ein Referat gehalten. Konrad Kurdisch Junior – ein Held. ;)
    Den Mädchen lese ich gerade den Franz vor – meine Bücher von damals nochmal mit den Kindern neu und wieder zu entdecken ist einfach schön. :)
    Liebste Grüsse schickt
    San

  3. Der Luki! … das Gretchen sowieso, da kommen Erinnerungen auf! Ich habe sie alle so viele Male gelesen ☺️
    Interessant auch, sie nun wieder zu lesen, habe erst kürzlich den Luki Live verschlungen, und nun muss ich wohl das Gretchen rauskramen!

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