Seit einer guten Woche läuft hier die Blogparade “Gemeinsam für starke Mädchen” und die Thematik zieht Kreise. Offensichtlich hat die Frage danach, wie wir Mütter unsere Töchter stark machen können während und auch schon vor dem, was landläufig unter “Pubertät” zusammengefasst wird, einen Nerv getroffen. Welche Bloggerinnen das schon aufgegriffen haben und welche Gedanken sie sich dazu gemacht haben, findet ihr unter dem Ausgangsbeitrag zur Blogparade und ich kann nur sagen, da ist so einiges Lesenswertes dabei. Danke, meine Lieben, dafür, dass ihr so persönliche Überlegungen teilt und uns daran teilhaben lasst!

Heute spanne ich den Bogen mal weiter: weg von der vordergründig körperlichen Anfechtbarkeit der Teenagerjahre, hin zu dem weiten Feld dessen, was grundsätzlich die schwierigen Themen dieser Lebensphase sind. Denn die Frage danach, wie wir Mütter unsere Töchter dabei unterstützen können, starke Mädchen und jungen Frauen zu sein und sich zu behaupten, umfasst ja noch viel mehr, als nur die Frage nach Schönheit oder sonstigen Normen, die sie meinen, erfüllen zu müssen. Heute geht es um die Möglichkeiten und Grenzen der konkreten Unterstützung in einer relativ klassischen Mobbing-Situation.

Denn heute kommt hier ein ganz wunderbares Duo aus Mutter und (Teenager-)Tochter zu Wort, die mir ihre Geschichte erzählt haben. Diese zwei sind gemeinsam stark gegen Mobbing.

Michaela und Anna, sind in vielerlei Hinsicht typisch dafür, wie Mutter und Tochter in dieser Lebensphase miteinander umgehen: sie gehen sich mal tierisch auf den Senkel, aber sie sind dennoch sehr eng miteinander. Dann wieder findet die eine “laaangweilig”, was die andere macht und die andere muss ein bisschen darüber lachen, was die eine so wichtig findet. So ist das nun mal zwischen Müttern und Töchtern. Wenn es aber daran geht, füreinander einzustehen, kommt nichts zwischen diese beiden. Die Geschichte, über die sie mit mir gesprochen haben, hat sich in Annas Zimmer und auf Facebook abgespielt, in ihrer damals noch neuen Klasse nach dem Schulwechsel aufs Gymnasium und während ihres Volleyballtrainings an den Nachmittagen: die Geschichte war überall, sie konnte ihr nicht entfliehen. Aber zum Glück hatte sie ihre Mama…

Erzählt mir doch mal, was passiert ist damals.

Anna: Da waren diese zwei Mädchen aus meiner Klasse, die ich noch nicht so gut kannte. Aber wir mochten uns, also ich würde schon sagen, dass wir dabei waren uns richtig gut anzufreunden. Und wir gehen zusammen zum Volleyball, also haben wir uns auch da immer gesehen. Ja… (überlegt) Und eines Tages haben sie bei uns geklingelt und wollten mich zum Schlittenfahren abholen. Das hatten wir schon öfter gemacht und es war immer total lustig. Aber ich war nicht zu Hause…

Michaela: Genau, und weil es so kalt war und die beiden schon so durchgefroren waren, habe ich sie eingeladen, sich bei uns aufzuwärmen und im Warmen zu warten, bis ihr Bus kommt.  Emma war auch da (Annas jüngere Schwester, Anm. BMM) und hatte eine Freundin zu Besuch, also tranken die Mädchen alle zusammen Kakao und gingen dann nach oben in die Kinderzimmer. Irgendwann haben die zwei sich dann verabschiedet und sind nach Hause gefahren. Was wir zu dem Zeitpunkt nicht wussten: sie hatten in der Zwischenzeit in Annas Zimmer deren Handy gefunden und ihre gespeicherten SMS nicht nur gelesen, sondern die einzelnen Nachrichten auf ihren Facebookprofilen zitiert. Und jede Menge dazu erfunden?

Das muss ein Schock gewesen sein. Was für Nachrichten waren das? Und wie habt ihr dann überhaupt davon erfahren?

Anna: Das waren vor allem Nachrichten von meinem besten Freund, der auch in unsere Klasse geht und den ich schon seit dem Kindergarten kenne. Wir schreiben uns eben ganz oft…Richtig schlimm fand ich, dass sie aus den SMS mehr gemacht haben, als da eigentlich war. Da wurde dann erzählt, wir wären zusammen undsoweiter. Erfahren habe ich es eigentlich nur dadurch, dass alle in der Klasse, die auch bei Facebook sind, das gelesen hatten. Ich habe ja kein Facebookprofil, ich hätte es also selbst gar nicht sehen können, ich wusste also gar nicht, was die da immer reden über uns.

Michaela: Aber wenn die halbe Klasse darüber spricht, was Anna und ihr bester Freund sich für Nachrichten geschickt haben, dann muss das ja raus kommen. Die Mädels haben dann wohl auch schon gemerkt, dass sie da irgendwie Mist gebaut haben, wussten aber offensichtlich auch nicht, wie sie das wieder gerade biegen sollen. Und meine Anna war natürlich fertig…!

Ich stelle mir vor, dass das schrecklich gewesen sein muss in der Klasse: alle reden darüber, keiner sagt wirklich etwas… Wie ging’s dir da und was hast du dann gemacht?

Anna: Ich wusste erst gar nicht, was ich machen sollte. Ich war so sauer und so enttäuscht. Ich meine, wir waren ja Freundinnen! Ich wäre nie darauf gekommen, dass die sowas machen würden… Ich habe dann gar nicht mehr mit den beiden gesprochen, habe versucht, sie zu ignorieren. In der Schule ging das auch ganz gut, aber beim Volleyball nicht. Die Trainerin hat genau gemerkt, dass wir Stress haben und hat uns dann extra zusammen gesteckt, damit wir miteinander reden mussten. Wahrscheinlich dachte sie das hilft, aber das war nicht so. Am schlimmsten war ja, dass ich die beiden trotzdem noch mochte… Wenn sie nicht meine Freundinnen gewesen wären, hätte mich das gar nicht so verletzt, glaub ich.

Das kann man doch im ersten Moment bestimmt gar nicht glauben, dass jemand, den man mag und dem man vertraut so etwas Gemeines tut. Hast du dann gleich zu Hause davon erzählt? Und was hast du gedacht, Michaela?

Michaela: Ich war stinksauer! Am liebsten hätte ich mir die zwei zur Brust genommen, aber ich wollte natürlich nichts machen, was meine Tochter blöd hätte aussehen lassen. Ich habe eigentlich erst mal abgewartet und geguckt, wie Anna damit klar kommt. Wir haben viel darüber gesprochen und ich habe natürlich auch meiner Empörung Ausdruck verliehen. Denn die zwei hatten ja auch mein Vertrauen missbraucht: sie sind hier in mein Haus gekommen, haben sich von mir bemuttern und mit Kakao bewirten lassen und haben als nächstes nichts besseres zu tun, als die Privatsphäre meiner Tochter zu verletzen. Ich war fuchsteufelswild.

Anna: Ja, zum Glück hast du dich zusammen gerissen, Mama! Aber ich fand’s auch gut, dass du genau so wütend warst wie ich.

Und dann? Wolltest du was tun?

Anna: Also… wir haben zusammen überlegt, was wir machen können. Weil ich schon gemerkt habe, dass das den beiden was ausgemacht hat, dass ich sie ignoriert habe in der Schule. Sie haben dann angefangen, sich rauszureden und sich gegenseitig zu beschuldigen: eine hat immer gesagt, das wäre nur die andere gewesen undsoweiter. Ich habe denen aber gar nicht zugehört. Unsere Freundschaft war so gut wie vorbei, das haben sie genau gemerkt und das fanden sie schlimm. Aber irgendwie hat mir das nicht gereicht, es war ja nichts geklärt. Und nur Entschuldigung sagen – das hat irgendwie nicht gereicht.

Michaela: Ich habe Anna dann gefragt, ob sie meine Hilfe will. Als ich nach einer Weile gemerkt habe, wie sehr sie das belastet und die ganze Geschichte auch nicht weiter ging. Die Mädels haben angefangen, Anna Geschenke und Briefchen zu geben und irgendwie gedacht, damit wäre es erledigt. Es war schon klar, dass es ihnen leid tut, aber mir war es wichtig, dass sie die ganze Tragweite begreifen und verstehen, was sie da tatsächlich angerichtet haben.

Anna: Ich habe dann irgendwann gesagt, ich will, dass Mama mit denen redet. Ich wollte nicht mehr mit ihnen sprechen, ich wusste auch nicht mehr, wie. Und Mama war ja auch betroffen, also war das auch nicht nur meine Sache.

Also habt ihr einen Plan gefasst. Wie sah der aus?

Anna: Mama hat mich zum nächsten Volleyballtraining gebracht. Da haben sie schon wieder mit Geschenken auf mich gewartet. Mama hat sie sich dann gleich geschnappt und gesagt, sie möchte mit ihnen reden. Die waren ganz schön schuldbewusst…

Michaela: Ich habe versucht, ihnen klar zu machen, was für einen Riesenmist sie gebaut haben. Dass ich total enttäuscht bin, dass sie mein Vertrauen so ausgenutzt haben, obwohl ich sie mit offenen Armen empfangen hatte in unserem Zuhause. Das hat sie ziemlich beeindruckt, weil sie sich offenbar gar nicht im Klaren waren, dass sie da Menschen getroffen haben, die sie mögen und die ihnen vertraut haben. Dass das eben nicht nur so ein witziger Streich war, sondern etwas, das ganz viel zwischen ihnen und Anna zerstört hat und mich auch noch mit betrifft.

Das war doch bestimmt auch beschämend für die beiden. Wie haben sie reagiert?

Michaela: Sie waren bestürzt und sehr schuldbewusst. Bis zu diesem Moment hatten sie wohl auch immer noch gedacht, mit der Rausrederei, den Geschenken und der Beteuerung, wie sehr sie Anna ja eigentlich mögen würden, wäre das Thema vom Tisch. Ich habe ihnen ruhig aber sehr deutlich erklärt, dass das so einfach nicht ist. Sie waren ein bisschen geschockt, als ich sagte, dass manchmal Entschuldigungen nicht ausreichen: sie hatten unser Vertrauen missbraucht und damit die Freundschaft zu Anna für immer verändert. Ob sie noch jemals wieder Freundinnen sein könnten wie vorher, das sei völlig offen. Und ich habe gesagt, dass es jetzt bei Anna liegt, ob sie ihnen verzeihen möchte und dass sie beweisen müssten, dass sie vertrauenswürdig sein können.

Hattest du dir vorher überlegt, was du sagen wirst oder war das ganz aus dem Bauch heraus?

Michaela: Nein, ich hatte mir einen Plan gemacht, was ich sage und mir genau überlegt, wie ich das mache, damit mein Kind nicht plötzlich in die Täterrolle kommt á la “die hat ihre Mama geholt und uns verpetzt”. Das ging natürlich dadurch gut, dass sie das mit dem Handy gemacht hatten, während sie bei mir waren und Anna gar nicht dabei war. Ich war also auch betroffen. Das war in dem Fall Glück. Sonst hätte ich mich da nicht so einbringen können.

Aus dem Bauch heraus hätte ich das nicht machen können. Ich kenne mich ja! Ich bin schließlich ziemlich direkt und hätte mit meiner Art auch was kaputt machen oder es noch schlimmer machen können.

Anna: Ja, du bist ja auch Lehrerin! Du kannst ganz schön streng sein!

Deine Intervention war also eigentlich ein voller Erfolg, aber du sagst selbst, das war Glücksache. Was hättest du gemacht, wenn Anna dein Hilfsangebot abgelehnt hätte? Und würdest du wieder eingreifen, wenn ihr beide euch darüber einig wärt?

Michaela: Ich bin froh, dass sie meine Hilfe wollte! Als Mutter ist man doch oft so hilflos und außen vor, gerade wenn Sachen in der Schule passieren. Und natürlich würde ich ihr immer wieder beispringen, wenn es gut überlegt wäre und sie das wollte. Aber es wäre schwieriger gewesen, wenn das Ganze in einer Situation passiert wäre, wo Anna mit den Mädels zusammen gewesen wäre. Dann hätte sie das selbst lösen müssen, um nicht blöd da zu stehen. Dann hätte ich ihr höchstens mit gutem Rat zur Seite stehen können oder ihr Vorschläge machen, wie sie sich verhalten oder was sie sagen könnte.

Wie ging die Geschichte mit den zwei Mädchen denn weiter? Ihr seid ja noch immer in einer Klasse und spielt zusammen Volleyball…

Anna: Sie haben mich mehr in Ruhe gelassen mit Geschenken und Briefen und sich weiterhin sehr viel Mühe gegeben, nett zu sein. Und natürlich haben sie sich richtig entschuldigt. Jetzt ist das Ganze fast ein Jahr her und wir reden wieder ganz normal miteinander oder gehen mal ein Eis essen. Aber ich möchte nicht, dass sie noch mal zu mir nach Hause kommen. Ich vertraue ihnen nicht mehr – das kommt auch nicht wieder, glaube ich.

Und bist du froh, dass du deine Mama um Hilfe gebeten hast? Fiel dir das schwer?

Anna: Nein, gar nicht. Wir reden ganz viel zusammen, eigentlich über alles. Ich würde sie auch wieder um Rat fragen, wenn was wäre. Es käme drauf an, mit wem ich ein Problem hätte… Vielleicht würde ich sie nicht immer bitten, sich einzumischen, aber ich würde ihre Meinung wissen wollen. Manchmal weiß sie auch coolere Sprüche, die mir spontan nicht so einfallen. Das kann auch helfen!

Dann hat es geholfen, dass ihr euch so gut kennt. Michaela, hast du das Gefühl, dass Anna sich an dir orientiert? Wie findest du das?

 Michaela: Dass wir uns so gut kennen, hat auf jeden Fall geholfen. Ich konnte eigentlich ziemlich gut sehen, wie es Anna in der Situation ging, auch bevor sie mich um Unterstützung gebeten hat. Ich wusste, sie wollte nicht ausweichen, sondern das Ganze klären. Das Gespräch mit mir war eigentlich nur der Anfang für sie, etwas zu unternehmen und das nicht einfach alles so stehen zu lassen. Sie hatte ja auch noch ihre anderen sehr engen Freundinnen in der Klasse, die sie auch mit getragen haben. Aber ich glaube, ich bin in diesen Dingen schon wie so eine Art Vorbild für meine beiden Töchter: sie kriegen genau mit, dass ich mich immer wehre, wenn ich etwas ungerecht finde und auch keine Angst vor Konflikten oder Auseinandersetzungen habe. Und natürlich wissen sie, dass ich wenn nötig dazwischen gehe, wenn irgend etwas mit ihnen ist: wer meinen Kinder was tut, tut mir was. So einfach ist das. Für mich ist das ein gutes Gefühl, dass sie sich von mir immer und zu jeder Zeit unterstützt fühlen können. Das ist genau die Person, die ich für sie sein will, auch wenn’s manchmal unbequem ist. Für mich war das irgendwie anders als Kind, umso mehr möchte ich, dass meine Töchter diesen verlässlichen Boden zu Hause haben: das sind wir, die Eltern.

Ihr seid als Familie zu viert sehr innig miteinander. Aber gibt es Dinge, die nur ihr beide regelmäßig zusammen macht, irgendwelche Alltagsrituale oder ein Hobby, das ihr teilt?

Anna: Wir machen viele Dinge zusammen, wie zum Beispiel kochen. Und uns gefallen auch oft dieselben Sachen, wenn wir zusammen unterwegs sind. Sport machen wir eher getrennt, mir ist Mamas Aerobic zu anstrengend und das Laufen ist mir zu langweilig. Da spiel ich lieber Volleyball. Am liebsten würde ich mal mit Mama einen Kochkurs machen, so wie sie immer mit ihren Freundinnen zum Kochen geht und alle Küchen durchprobiert. Und ich liebe es, wenn wir so Frauenfilme gucken, die erst ab 12 sind. Dann darf Emma nicht mitgucken und wir zwei sind mal ganz für uns. Das finde ich schön!

Anna und Michaela sind mein starkes Mutter-Tochter-Duo diese Woche. Ich finde ihre Geschichte  den Umgang der beiden miteinander inspirierend. Und was ist mit euch? Was sind eure Erlebnisse mit euren Töchtern oder euren Müttern?  Ihr Bloggerinnen, teilt sie auf euren Blogs und verlinkt eure Geschichten zur Blogparade unter dem Ausgangsartikel!

signatur

 

 

 

Last Updated on 25. November 2014 by Anna Luz de León

2 Kommentare

  1. Pingback: Mama-Schnipsel | Mehr Mut zum Ich « Engelenchen

  2. Meine Nichte hatte auch so ein Problem in der Schule. Gelesen hört sich ein wenig blöd an aber für ein Kind ist sowas richtig heftig, denn die Schule ist für sie noch die ganze Welt. Eine Gruppe Mädchen haben sie mit einem Jungen im Kino erwischt und sie haben in der Schule nur Lügen erzählt. Sie haben erfunden, wie sie ihn angemacht hat und noch schreckliche Sachen, die mir peinlich zu schreiben sind. Eifersucht? Bestimmt, aber mit 15 so einen Angriff kann richtig traumatisch werden. Der Kerl was anscheinend nur ein Freund. Sie wollte nicht zum Psychologen gehen und hab ihr eine anonyme Beratung vorgeschlagen, da ihr über die ganze Situation zu reden nur peinlich ist. Sie will zurzeit nicht zur Schule gehen und meine Schwester (ihre Mutter) leidet so sehr wie sie. Doch in solchem Fall kann man als Mutter nur wenig tun. LG.

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