Vor kurzem hatte ich Besuch von einer lieben Bekannten, die meinen Rat in Sachen Bloggen wollte. Es ging ein bisschen um Optik und Technik und auch um die verschiedenen Plattformen wie WordPress, Tumblr, Blogger etc., die man nutzen kann. Aber es ging auch um ein paar ganz zentrale grundsätzliche Fragen rund ums Bloggen, über die wir sprachen:

Brauche ich einen Fokus, worüber ich bloggen will, bevor ich damit anfange? Muss ich mir überlegen, was ich schreibe, um niemanden zu brüskieren, der eventuell mitliest? Darf ich über alles schreiben, was ich möchte oder muss ich bei einem Plan bleiben, den ich mir vorher zurecht legen muss? Wieviel Privates darf in meinem Blog stehen? Und natürlich: ich interessiere mich für viel, schreibe aber auch über meine Kinder/Muttersein/Schwangerschaft – bin ich ein Mama-Blog?

Die Vielfalt der Blogosphäre: bloggende Mutter = Mama-Blog?

Wer Blogs liest oder gar selber bloggt weiß, dass die Vielfalt der Nischen und Themen scheinbar unerschöpflich ist. Da spiegelt sich die Verschiedenheit der bloggenden Menschen dahinter wider, und den Leser*innen bietet sich eine Auswahl, die kaum zu überblicken ist. Auch die Netzwerke sind entsprechend angeordnet und entwickeln sich um bestimmte Themen herum. Da gibt’s die Politblogs und die journalistischen Blogs, die Fotoblogs und die gesellschaftskritischen Blogs, die Fashion-Blogs, die DIY-Blogs und die Lifestyleblogs, Designblogs und Nähblogs, Garten- und Architekturblogs, die Reiseblogs und die Foodblogs, es gibt Blogs über Antiquitäten oder Museen oder Oldtimer oder Sammeltassen oder Knöpfe – es gibt ALLES. Und die meisten der bloggenden Menschen bearbeiten mehr als nur ein Thema.

Ja, und dann gibt’s da natürlich auch das, was oft in der Blogosphäre der schon etablierteren Themen mit leicht hochgezogener Augenbraue beobachtet und goutiert wird: die Mama-Blogs. Muddiblogs. Bloggende Mütter und mutternde Bloggerinnen. Wie auch immer. In diese Kategorie gehört natürlich Berlinmittemom, ganz klar, trägt mein geliebtes kleines Blog ja das “MOM” schon im Namen. Aber was beinhaltet das eigentlich? Lässt sich das irgendwie als ein bestimmtes Blog-Genre definieren? Ist ein Blog ein Mama-Blog, weil es im Namen steht oder müssen es bestimmte Themen sein? Und ist eine Mutter, die eigentlich einen ganz anderen Themenschwerpunkt hat aber dennoch regelmäßig ihre Kinder erwähnt, kein Muddiblog? Und was ist mit den bloggenden Vätern, die ähnliche Themen haben, wie das Klischee vom Muddiblog vermuten lässt?

Nido.de legt schon seit geraumer Zeit  eine Sammlung von Elternblogs in der Kategorie “Blog der Woche” an (und dann als Archiv in einer Blogroll ab), in der Berlinmittemom im April ebenfalls eine Woche lang gefeatured wurde. Nido-Blog der Woche zu sein ist ein Ritterschlag für alle Elternblogs, und interessanterweise nicht nur für die. Auch Design- und DIY sowie einige Food- und Lifestyleblogs haben inzwischen Eingang in diese Sammlung gefunden – zu Recht!

Mama-Blogs sind besser als ihr Ruf

Den Muddiblogs wird im Allgemeinen mangelnde Relevanz unterstellt. Das so pauschal in die Runde zu schmeißen, ist eigentlich für sich genommen schon eine Frechheit. Wer will denn entscheiden, welche Themen für welche Menschen relevant sind und welche nicht? Auch unter bloggenden Müttern variieren die Themen ganz gewaltig, so dass auch innerhalb der Mütterbloggerszene wieder zig Nischen entstehen, in denen gebloggt und über die geschrieben werden kann.

Was die Vielzahl der möglichen Themen angeht, sind wir Mama-Bloggerinnen also keinesfalls eingeschränkter durch die Tatsache, dass wir Mütter sind. Ich lese mit Freuden viele Elternblogs mit ganz unterschiedlichen Herzensthemen, manche berühren mich persönlich mehr, andere weniger, aber alle finden ihre Leser*innen. Selbst bei dem klischeehaftesten Mama-Blog gehen oftmals Türen zu ganz anderen Themenbereichen auf, weil es eben vor allem auf den Menschen dahinter ankommt. Und worüber der schreiben möchte und was der für wichtig hält, beschränkt sich bei weitem nicht auf den Mikrokosmos zwischen Wickeltisch und Kitaplatzsuche.

Ich kenne Muddiblogs, bei denen es überhaupt niemals um Wickeltische geht. Und bei anderen gibt es kein einziges stillfreundliches Rezept. Wieder andere kümmern sich kein bisschen um Kitaplätze oder Basteln mit Kindern. Stattdessen findet man dort die Stimmen von interessanten und bewegenden Frauen, die sich den Themen widmen, für die ihr Herz schlägt. Ich lese vom Umgang mit Trauer, Tod und Krankheit, ich lese vom Alltag mit ADHS, ich lese von den Versuchen nachhaltiger Lebensführung und von gesellschaftskritischen Themen. Ich lese von feministischen oder queeren Müttern und ihren Themen, die weit über den Rand der eigenen Brille hinaus gehen, ich lese von Hebammen und dem Kampf um ihre Existenz, ich lese von Down-Syndrom-Kindern und vom Aufwachsen in der Natur, von Großstadtindianern und Waldorf-Pädagogik. Ich lese von alleinerziehenden Eltern und von Expat-Familien, die Einblicke in ganz andere Welten geben.

Nein, meine Lieben: Mama-Blogs sind nicht irrelevant. Sie sind nicht mal eindimensional. Sie sind bunt und vielfältig, so wie die Menschen dahinter. Die bloggenden Mamas reden mit, sind präsent, haben jede Menge interessierter und treuer Leser*innen und bearbeiten ihre individuellen Themen mit Herzblut und Leidenschaft, wie Blogger*innen das eben so tun.

Mama Blog, Muddi Content, 5 Kennzeichen für ein Mama Blog

Bin ich ein Mama Blog?

Hier kommt also meine (nicht ganz ernst gemeinte) Liste mit Merkmalen eines Mama Blogs. Zur Selbst- oder Fremdüberprüfung geeignet. Here we go!

1. Ich bin Mutter und ich blogge. Meine Kinder kommen auf meinem Blog vor, weil sie mir sehr wichtig sind – wie sonst auch alles, über das ich schreibe. Mein Blog ist ein Herzblutprojekt für mich!

2. Ich schreibe regelmäßig sentimentale Posts in Briefform an meine Kinder und zeige die bunten Geburtstagstorten, die ich selber für sie backe. Natürlich veröffentliche ich dazu das passende Rezept. – Oder auch nicht. Meine Briefe an meine Kinder sind privat. Außerdem kann ich gar nicht backen, dann kaufe ich den Kuchen und habe meine Kinder trotzdem lieb.

3. Ich tausche mich gerne mit anderen Müttern übers (Langzeit-)Stillen, die geeignete  Tragehilfe und das Für und Wider von Schlafkonzepten für Kinder und Familien aus. Dazu diskutiere ich gerne ausführlich in meiner Kommentarfunktion und auf meiner Facebookseite herum. – Oder ich glaube, dass diese Entscheidungen höchst individuell sind und stelle meine eigenen nicht zur Diskussion. Wo mein Kind schläft, wie ich es ernähre oder ob ich einen Kinderwagen benutze spielt auf meinem Blog keine Rolle.

4. Für größere Kooperationspartner bin ich uninteressant, weil meine Themen ja so kleine Bereiche abgrasen, die nur für eine eingeschränkte Zielgruppe von Belang sind und keine größere Relevanz haben. – Oder ich bin die mit dem tollen Handmade-Label und eigenem Etsy-Shop und habe regelmäßige Kooperationen mit Unternehmen und Agenturen aus dem Umfeld. Vielleicht  habe ich auch eine Linie mit Kindermode entwickelt und vertreibe diese. Oder ich bin Journalistin, Fotografin, Stylistin… und arbeite für verschiedene Magazine zu unterschiedlichen Themen. An geeigneten Kooperationspartnern mangelt es mir jedenfalls nicht.

5. Ich bin eine einsame Hausfrau und Mutter und nutze mein Blog, weil ich durch meine Kinder so angebunden bin, dass ich mich im echten Leben nie wirklich vernetzen oder weiter entwickeln kann. – Oder ich strecke meine Fühler virtuell und im Real Life aus, wohin sie möchten und nutze meine Online-Kontakte für echte Verbindungen, Freundschaften und geschäftliche Kontakte.

Ihr seht, es ist ganz einfach, ein Mama-Blog zu identifizieren und anhand der typischen Merkmale zu überprüfen, ob es sich auch WIRKLICH um ein Muddiblog handelt. Ist klar, oder?

Meiner Bekannten habe ich übrigens gesagt, sie soll es einfach machen. Fang an, sagte ich ihr, du findest deine Stimme und du findest deinen Ort im Netz, der nur dir gehört und den du so gestalten kannst, wie du es möchtest. Wie das sein wird, wird sich entwickeln und dann wird es genau richtig sein, mehr noch, es wird der perfekte Ort für dich sein. Und dass du Mutter bist, gehört zu dir, mit allen Höhen und Tiefen – warum also nicht auch darüber bloggen? Ja, du bist ein Mama Blog, und das ist wunderbar!

Meine Liste lässt sich natürlich beliebig erweitern – fällt euch noch was dazu ein? Dann ergänzt gerne in der Kommentarfunktion, ich bin gespannt!

signatur

 

 

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