Nachdem ich den spätsommerlichen September und das wunderbare Herbstlicht bis zur letzten Sekunde gefeiert habe, stelle ich heute verwundert fest, wie gern ich diese neu angekommene Jahreszeit mag: hallo, Winter! Es ist kalt und sonnig, die meisten Bäume in meinem Blickfeld sind so gut wie kahl geworden, es ist ordentlich windig und alle meine Kinder tragen nun Winterjacke, MützeSchalHandschuhe. Denn sind wir mitten drin in der Kerzen-, Laternen, Martinsfeuer-, Halloween-Kürbis-, Kaminfeuer-Saison.
Und wir lieben es. Alle.

Gestern Abend, als der Mann mit den zwei Großen die Schlittschuh-Saison eröffnet hat und ich mit der lädierten Kleinsten alleine zu Hause blieb, haben wir zwei uns überall Kerzen angemacht, die Kürbisse vor der Tür neu bestückt, Laternen auf der Terrasse angezündet und uns vor dem Kaminfeuer eingekuschelt. So sehr ich den Sommer liebe und mich, wie jedes Jahr im November frage, wie ich das aushalten soll, bis der Frühling und dann, irgendwann in weiter Ferne, der Sommer wieder kommt – ich genieße die Kerzen- und Feuer-Jahreszeit genauso.

Meine Kleinen, wie vor ihnen die große Schwester, sind gerade fasziniert von Kerzen und Feuer. Und davon, wie man das alles anzündet. Streichhölzer und Feuerzeuge liegen natürlich außerhalb von Kinderreichweite und sind dennoch begehrte Objekte im Hause Berlinmittemom. Speziell der Lieblingsbub brennt geradezu darauf, Feuer zu machen. Mit dem Papa den Kamin anzuzünden. Kerzen anzumachen. Alles, was mit Feuer zu tun hat eben. Und natürlich neigt er altersgemäß dazu, sich bzw. seine diesbezüglichen Fähigkeiten und Kenntnisse zu überschätzen. Also muss geübt werden.

Als quasi- Montessorianerin bin ich ja absolut der Meinung, dass die “Übungen des täglichen Lebens” und das Begreifen der Naturzusammenhänge von Kindern dringend selbst gelernt, erfahren und eingeübt werden müssen. Das Feuermachen bzw. der richtige Umgang mit Feuer gehört unbedingt dazu, denn welches Kind das immer nur verboten bekommt, dessen Faszination dafür wird nicht erlöschen, aber die Fähigkeiten dazu erwirbt es nicht. Eine gefährliche Kombination. Selbstverständlich hebt das nicht die Regeln im Umgang mit Feuer oder mit den Utensilien zum Feuermachen auf, im Gegenteil: es macht dem Kind klar, warum diese Regeln sinnvoll und lebenswichtig sind. Und natürlich geht das Ganze niemals ohne Aufsicht.

Also lernt der Bub die dazugehörigen Regeln und darf unter Anleitung, aber dennoch selbständig, Feuer machen. Es ist faszinierend zu sehen, wie ernsthaft er das Ganze angeht: die Verantwortung ist ihm wohl bewusst, gleichzeitig stärkt unser Zutrauen in seine Fähigkeiten sein eigenes Selbstverständnis, und er macht tatsächlich nur die Dinge, bei denen er sich sicher fühlt. Und er kennt die Feuer-Machen-Regeln, hält sie penibel ein und überprüft sie auch an uns, wenn er uns beim Anzünden von Streichhölzern und Kerzen beobachtet. Es ist wunderbar!

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Ich erinnere mich an ein Feuerprojekt, das das Herzensmädchen in ihrem Vorschuljahr in der Kita machte und das mich tief beeindruckt hat: der erste Schritt war das ausführliche Sprechen über Feuer und dessen gute und schlechte Effekte. Die Kinder sammelten, was sie darüber wussten und erzählten, wo und wie bei ihnen zu Hause Feuer eine Rolle spielt. Im zweiten Schritt wurden die Regeln gelernt (Ärmel hochschieben, Haare auf dem Rücken zusammenbinden, keine Schals oder Tücher um den Hals behalten, immer eine(n) Eimer/Glas mit Wasser zur Stelle haben, bevor man loslegt, das Streichholz immer vom Körper weg führen bem Anzünden usw.) und im dritten Schritt wurde das Kerzenanzünden mit Streichhölzern im Klassenraum unter Einhaltung der Regeln eine ganze Weile geübt. Der Höhepunkt dieses Projekts war ein Feuerfest: die Eltern wurden eingeladen, und in einer Mini-Präsentation im Klassenraum erzählten uns die Kids, was sie übers Feuer gelernt hatten. Danach ging es hinaus auf den Schulhof. Dort hatte jedes Kind einen Metalleimer, Streichhölzer, Holz und einen kleinen Eimer mit Wasser vorbereitet. Die Eltern wurden dann eingeladen, ihrem Kind dabei zu zu schauen, wie es in einem Eimer ganz alleine sein eigenes Feuer machte und es dann (nach einer gebührenden Brenndauer versteht sich) auch löschte. Anschließend wurde ein großes Feuer gemacht und Würstchen und Stockbrot gegrillt. Ein unvergessliches Erlebnis für die Kinder und sehr beeindruckend für uns Eltern, ist das doch eigentlich ein eher angstbesetztes Thema

In der Kita vom Lieblingsbub steht das für dieses Jahr auch auf dem Zettel, ich bin gespannt, wann es los geht. Solange üben wir hier zu Hause mit ihm schon mal die Regeln und lassen ihn Kerzen anzünden. Wenn es an das große Feuer im Kamin geht, braucht er noch Unterstützung, weil er auch sehr viel Respekt vor der Flamme hat, aber er ist der stolzeste kleine Mann, wenn er gemeinsam mit Papa das Feuer gemacht hat und wir alle zusammen davor sitzen.

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In der Montessori-Pädagogik gibt es übrigens das sogenannte “Kerzen-Tablett”, mit dem Kinder unter Einhaltung der Regeln üben können, wie sie mit Streichhölzer Kerzen sicher anzünden können. Meine Mutter, die im Rahmen eines Montessori-Projektes an ihrer Hochschule selbst noch das Montessori-Diplom erworben hat, quasi mit ihren Studentinnen, hat das damals mit dem Herzensmädchen auch gemacht. Und noch in ihrem letzten Winter 2010, als es ihr noch so gut ging, hatte sie bei einem unserer Besuche mit dem Lieblingsbub damit begonnen, per Kerzentablett den richtigen Gebrauch von Streichhölzern zu üben.

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Danke, Mama, dass ich second-hand durch dich so viel über diese Dinge lernen konnte. Wir denken immer an dich, wenn die Kinder Kerzen anmachen. Und sonst sowieso. Aber ich bin sicher, du weißt das. Wo immer du auch bist.

Last Updated on 6. Februar 2013 by Anna Luz de León

10 Kommentare

  1. Da kommen mir am Montagmorgen schon die Tränen, Anna. Ich drück dich. Schön, dass deine Mama in Euch weiterlebt!
    Bis bald, Imke

    • Liebe Christine, danke dir. Ja, das war sie: klug, vielseitig, liebevoll, warmherzig… es war eine Freude, ihre Tochter zu sein. Nein, es IST eine Freude, das zu sein. Ich spüre immer so viel von ihr in mir und auch in meinen Kindern – das ist tatsächlich eine Art Trost. Liebe Grüße!

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