Heute ist der 15. Dezember und ich wünsche mir ein rosa Azaleenbäumchen.

Heute ist der 70. Geburtstag meiner Mutter, den sie so gerne noch gefeiert hätte. Und seit ich denken kann, war einer der jährlichen Geburtstagswünsche meiner Mutter ein rosa Azaleenbäumchen. Nicht weiß, nicht rot, nicht pink: zartrosa sollte es sein.

Wie hat sie sich gefreut, wenn liebe Menschen mit Azaleen kamen und sie beschenkten! Und wie hat sie hinterher, wenn wir wieder unter uns waren, gejammert, wenn die Farbe nicht richtig war. Letzte Woche war meine Schwester hier, wir buken Plätzchen nach Rezepten aus dem handgeschriebenen Kochbuch unserer Mama und sprachen über sie, über den anstehenden Geburtstag, über Geburtstags- und Weihnachtsrituale unserer Kindheit und über die zartrosa Azaleen.

Ich wüsste gerne mal, wieso meine Mutter ausgerechnet jeden Dezember so ein Azaleenbäumchen haben wollte. Ich kann sie nicht mehr fragen. Haben sie ihr einfach nur gut gefallen? Gab es dahinter eine Bedeutung, die ich nicht erkannte? Steckte eine Geschichte dahinter oder eine Erinnerung? Das wird sie mir nicht mehr erzählen können und das macht mich gerade heute besonders traurig.

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Pünktlich zu ihrem Geburtstag hat sie auch endlich ihren Grabstein bekommen, ein Kreuz aus heimischem Basalt, das ein befreundeter Steinmetz nach unseren Ideen gemacht hat. Ich habe es noch nicht sehen können, und wie immer schmerzt mich die Tatsache, dass ich mich nicht um ihr Grab kümmern kann, weil ich so weit weg bin. Mit der Blumenfrau habe ich telefoniert, bei der meine Mutter jahrzehntelang Kundin war und die sich an ihre Blumenvorlieben gut erinnert – und auch an die rosa Azaleen. Ich sagte ihr, ich hätte gerne einen Efeukranz mit rosa Rosen, den mein Bruder für mich an das neue Kreuz hängen sollte am Geburtstag. Und sie antwortet: “Ja, das hätte ihr gefallen. Zartrosa Azaleen kann man ja leider nicht aufs Grab pflanzen, die überleben die Temperaturen nicht.”

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Heute morgen haben wir so eine Art Kater-Advents-Frühstück gemacht. Nach der Pre-Teen-Disco von gestern abend hatten wir einen Übernachtungsgast, und so saßen heute früh vier strubbelige Kinder am Frühstückstisch, alle mit zu wenig Schlaf und zu viel Limo von gestern im Kopf. Da sagte das Goldkind: “Es ist Omas Geburtstag, wir müssen singen!” Und die Kinder sangen “Happy Birthday”, deckten einen Platz für die Oma, zündeten die Geburtstagskerze an und legten Blumen auf den Teller.

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Ich kann gar nicht wirklich sagen, was ich alles fühle an diesem Tag. Mein Herz läuft über und so viel ist darin! Liebe, Sehnsucht, Trauer und auch Dankbarkeit. Heute bin ich dankbar für…

1. … die lieben Menschen, die Freundinnen und Vertrauten, die das Grab meiner Mama und auch ihr Andenken pflegen, hegen, hüten. Und die Blumenfrau, mit der ich die Erinnerung an die rosa Alzaleen teilen konnte.

2. … meine Kinder und ihren offenen Umgang mit der toten Oma. Sie sprechen mit ihr, sie erzählen ihr Dinge aus ihrem Leben, sie singen ihr zum Geburtstag. Ihr seid wundervoll, ihr Süßen. Ohne euch wäre dieser Tag einfach nur traurig.

3. … meine Freundin, die heute mit mir und unseren beiden großen Töchtern zu einer Lesung von Katharina Thalbach geht: Drei Nüsse für Aschenbrödel. Ein Märchen, das meine Mutter geliebt hat und das wir jedes Jahr Weihnachten zusammen angeschaut haben. Es hätte keinen passenderen Tag für dieses Geschenk geben können.

Ich weiß, ich schulde der Adventschallenge noch Tag 14 und 13. Kommt in aller Kürze noch. Aber heute ist… heute.

Seid lieb und fröhlich und habt einen schönen Dritten Advent.

signatur

3 Kommentare

  1. Viel Spaß bei der Lesung mit Frau Thalbach! Die würde ich auch gerne mal live erleben!1:0 für die Großstadt. Ich bin heute dankbar, dass der Fotograf sich gemeldet hat, ich die Post erledigt habe und mein Mann heute die großen Kinder ins Bett bringt.

  2. Liebe Anna,

    So viele Erinnerungen, so viel Schmerz und so viel Sehnsucht.
    Es hat mich berührt von Deinen Gefühlen heute zu lesen und ich finde es schön wie Du mit der Traurigkeit umgehst und ihr einen Platz gibst. Wann musstest Du Deine Mama denn gehen lassen? Das kann noch nicht so lange her sein wenn Deine Kinder so vertraut mit Ihr sind, nehme ich an.

    Heute bin ich dankbar für
    einen harmonischen dritten Advent,
    ein heute sehr ausgeglichenes Schulmädchen,
    Meine Oma, die immer immer immer so lieb an mich denkt.

  3. Hallo Anna.
    Deine Worte haben mich sehr berührt, vielen Dank fürs Teilen. Deine Kinder klingen großartig!!

    Samstag war ich dankbar für:

    meinen Mann, der mir vom Metzger Wurst mitbrachte, damit ich wieder Brotzeit machen kann

    Einen guten Arbeitstag, an dem ich viel geschafft habe. Der Urlaubsplan 2014 für alle aus dem Team ist fertig.

    Ein nettes Gespräch mit der fünfjährigen Tochter von Bekannten, über den Adventskalender, den das Christkind aufgehängt hat

    Heute am Sonntag bin ich dankbar für:
    Einen tollen Spaziergang durch München
    Eine Restaurantentdeckung. Man war das gut
    Meine Schwester, die unserer Oma abends Augentropfen verabreicht hat, so dass ich nicht nochmal außer Haus musste

    Liebe Grüsse, Lajulitschka

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