Kinder lieben Witze. Lange, kurze, doofe, alberne, Witze über Tiere, Witze über Omas und Opas, Witze voll mit Pipikackearsch, Kinderwitze und Antiwitze. Und für uns Eltern bedeutet das – Geduld. Unendliche Geduld. Denn wer Kinder hat, die sprechen können, Kinder die gar zur Schule gehen, der weiß: die Witzephase bleibt für immer, wenn sie einmal begonnen hat. Da hilft nichts. Nur atmen.

Ich hatte einen Großonkel, der erzählte Witze, dass sich alles vor Lachen an der Erde rollte. Er spielte die Pointen quasi, er hatte eine unvergleichliche Mimik und alleine dafür liebte man seine Witze schon. Als Kind verstand ich längst nicht jeden Clou in seinen Witzen, es waren auch nicht unbedingt für Kinder geeignete Witze, aber dieser Mann war selbst witzig. Das war der größte Spaß an der ganzen Sache.

Kinder denken ja auch, dass sie witzig sind. Sobald sie mal begriffen haben, dass es diesen Moment gibt, in dem sie eine Pointe raushauen, in der Regel versehentlich, und alle klopfen sich die Schenkel, denken sie, das sei ganz leicht, das könnten sie jederzeit wiederholen. Und sie versuchen es und versuchen es, sie amüsieren sich köstlich und versuchen es wieder. Und schon sind wir Eltern gefangen in der Dauerschleife der Kinderwitze. Für immer!

Kinderwitze: Schnallt euch an, ich bin witzig!

Wer erinnert sich noch an die Fritzchen-Witze aus seiner eigenen Kindheit? Ich kann berichten, der Fritzchen-Witz LEBT! In jeder möglichen Variante. Aus der Hölle! Und auch die Häschenwitze, in denen der Haupt-Gag darin besteht, dass das Häschen in jeder passenden und unpassenden Situation fragt: „Hattu Möhrchen?“ Jahahaaa, auch diese Witze werden noch erzählt. Ausführlich. Nicht enden wollend. Langatmig. Und immer und immer wieder.

Ich weiß noch, wie es anfing. Das Herzensmädchen war ungefähr vier Jahre alt und geriet in den Besitz eines Witzes über Schnecken. Eigentlich ist der Witz sehr süß, harmlos und lustig, vor allem deshalb, weil die Schnecke in dem Witz berlinert. Wir freuten uns und ließen sie ihren ersten Witz wieder und wieder erzählen – wir a h n t e n ja gar nicht, dass wir damit den Grundstein zu etwas legten, das wir bald nicht mehr würden kontrollieren können.

Denn der erste, süße, ganz niedliche Schneckenwitz unserer Tochter erschuf unzählige Varianten von Schneckenwitzen, allesamt basierend auf dem selben Prinzip und allesamt bevölkert von berlinernden Schnecken, die jedwede Pointe mit dem immer selben Satz killten: „Watt warn ditt eben?!“ Damals begannen wir zu ahnen, dass das erst der Anfang war von etwas Mächtigem war, das uns überrollen würde. Kinderwitze in der Urform, präsentiert vom witzerzählenden Kind.

Wir durchliefen verschiedene Phasen. Zuerst, im fortgeschrittenen Kindergartenalter, waren es Tierwitze. Die berlinernden Schnecken waren nur der Anfang. Schnell kamen gurkenessende Pinguine dazu, Frösche, die das Alphabet rülpsten, Wildschweine im Schlafanzug, und all diese Tiere machten die unwahrscheinlichsten Dinge, unterhielten sich über das ödeste Zeug und waren einfach nicht! Witzig! Aber das Kind in seiner Begeisterung ließ sich nicht beirren und erzählte und erzählte und erzählte, während wir wie unter einer Art Hypnose, tatsächlich immer wieder lachte.

Und dann kam… Fritzchen. Und mit ihm kamen in der neuen Phase der Kinderwitze die unsäglichsten Kalauer in gereimter und ungereimter Form, die die Menschheit je erdacht hat. Bei Fritzchen geht es immer um Frechheiten: Fritzchen ist doof zu seiner Oma, doof zum Polizisten, doof zum Busfahrer, doof zu seinen Eltern, doof zur Lehrerin. Und während man Fritzchen so zuhört, diesem kleinen unsympathischen Klugscheißer, sieht man schon den neuen Kontext auf sich zurollen, denn Fritzchen macht Fäkalwitze, Fritzchen pupst, Fritzchen hört „Pampelmusen“ und versteht „Busen“ und es wird klar: mit Fritzchen geht die Tür auf zur Phase der handfesten Schulkindwitze. Furzgeräusche und verbotene Wörter inklusive. Wie sich die Kinder darin suhlten, dass Fritzchen Kackaschweinereien macht, dass er respektlos und obszön ist und mit nix was am Hut hat! Während die Kids sich also kugelten vor lachen, ließ die Hypnose bei uns Eltern allmählich nach und aus dem Lachen wurde genervtes Stöhnen, wenn wieder ein Kind anhub zu sagen: "Fritzchen ging in die Schule…"

Aber da waren wir nun. Wir hatten unsere schönen, schlauen, wundervollen Kinder eingeschult, sie haben lesen und rechnen und schreiben gelernt und kamen jeden Tag mit neu Erlerntem nach Hause – und mit neuen Witzen. Jetzt wurden die Kinder auch selber kreativ und ähnlich wie in der harmlosen Tierphase (Oh, könnten wir doch zurück zu der berlinernden Schnecke! Zurück zur Unschuld! Nur für einen Augenblick!) entanden die Pointen oft erst während des Erzählens. Aus Kindersicht wird der Lacher garantiert durch möglichst viel Ekelcontent. Ja, das ganze Programm. Und nein, sie ließen sich durch nichts davon abhalten, ihre Pointe an den Mann zu bringen. Selbst mit Oma und Opa am Kaffeetisch oder bei der Begegnung mit dem schwierigen Nachbarn auf dem Sonntagsspaziergang. Es musste raus. Alternativ ging statt Ekelhumor nur noch der präpubertäre „Er hat Busen gesagt!“-Humor. Beides für erwachsene Gemüter eher schwer auszuhalten. Aber wie gesagt: it’s unstoppable.

Kinderwitze through the years | berlinmittemom.com

Nach den Fritzchen-Witzen kamen dann die ganz Doofen. "Fliegen zwei Tafeln Schokolade über die Wüste. Woran erkennt man die männliche? An den Nüssen!" Hahahahaaaa! Ha. Oder "Treffen sich ein Bein und ein Auge in der Wüste, sagt das Auge: "Ich geh dann mal." Sagt das Bein: "Das will ich sehen!" … Ich weiß nicht, wie oft ich diese Witze schon gehört habe. Und mir ist das Lachen vergangen. In echt. Ich kann nicht mal mehr so tun als ob. Aber diese Witze gehen einfach nicht weg! Wir sitzen gemütlich am Frühstückstisch, alles scheint gut zu sein, keine Kinderwitze weit und breit, da kommt plötzlich eins der Kinder aus dem Nichts mit so einem Witz. Und wir Eltern sind außer Kontrolle, die Hypnose ist wirkungslos geworden, wir lachen nicht mehr, wir stöhnen nicht mal mehr, nein, wir rufen laut: Stopp, nicht schon wieder die fliegende Schokolade, nein, bitte, habt Erbarmen, nicht die zwei Körperteile in der Wüste (Und wieso, zur Hölle, immer in der Wüste?!) – aber es rollt unaufhaltsam auf uns zu und trifft uns mitten ins wohltrainierte Eltern-Zen – und macht es kaputt.

Und jetzt haben wir eine neue Stufe der Grausamkeit erreicht, die mich echt mürbe macht, denn es gibt, witzetechnisch, eine neue Quelle für dieser Art Content im Haus: Alexa, den Echo Dot. Seit geraumer Zeit nennen wir ein solches Gerät unser eigen und ich habe mich, verheiratet mit einem echten Technophilen, der solche Sachen immer gerne in Stunde Eins ins Haus schleppt, damit abgefunden, dass Alexa die Spotify-Playlisten wiedergibt, das Wetter und die Nachrichten ansagt, Wikipediaeinträge vorliest oder Dinge auf die Einkaufsliste setzt. Aber jetzt kann das Miststück Witze erzählen. Witze! Die Kinder entdeckten das gerade gestern erst und ziehen mir bereits jetzt den letzten Nerv.

"Alexa, erzähl mir einen Witz!", lautet jetzt also die Parole der Minions und schon tönt der Echo Dot solche Sachen wie: "Was sitzt in der Suppe und meckert? Die Maultasche." Na gut, der ist sogar ganz niedlich, aber das ist eine Ausnahme! Ich schwöre, ich dreh dem Ding den Saft ab, wenn das so weitergeht, denn während die Kinder sich schenkelklopfend den größten Mist verzapfen lassen (und sich dann noch zig mal gegenseitig wieder erzählen), bröselt mein gut trainiertes Eltern-Zen still und heimlich vor sich hin und ich steuere auf einen größeren Mama-Meltdown zu. Tatsächlich sehne ich mich nach den Tagen, an denen berlinernde Schnecken die Heldinnen der Witze meiner Kinder waren oder von mir aus rülpsende Frösche. Jedenfalls keine Blondinen, Ostfriesen, diverse Körperteile oder fliegende Schokoladentafeln.

Irgendwie ist das alles außer Kontrolle geraten. Der Echo Dot erzählt Witze oder macht auf Aufforderung Pupsgeräusche (Das denke ich mir nicht aus! Es gibt eine App, die sich "Pupsgenerator" nennt! Sowas finden auch nur Kinder heraus…), so dass die Kinder sich fast einpinkeln vor Lachen und der Mann und ich einigermaßen hilflos daneben sitzen und nicht mal mehr als Publikum benötigt werden, damit die Kinder in ihrem Tun befeuert werden.

Also schalten wir auf Durchzug, genehmigen uns ein Glas Rotwein und während Alexa furzt und die Minions furchtbar schlechte Pointen um sich hauen, tun wir so, als wäre nichts, schauen uns an und sagen einer zum anderen: "Watt warn ditt eben?"

Kennt ihr das auch? Kinderwitze in allen verschiedenen Erscheinungsformen? Und in welcher Phase seid ihr gerade?

25 Kommentare

  1. vielen Dank für den Artikel – mein Sohnemann ist auch in einer fäkalen Phasen steckengeblieben … seit über 4 Jahren nervt mich das und jetzt weiß ich, dass es nicht aufhören wird … es macht sich gerade eine Art Entspannung in mir breit.

    zum Thema Pups-App … es gibt Hunderte *kreisch*

  2. Als mein Sohn letztes Jahr zur Schule kam, beschloss ich, die Witze des ersten Schuljahres zu sammeln und aufzuschreiben. Von diesem Vorsatz habe ich mich aber ganz schnell wieder verabschiedet, weil, um das schöne Wort aufzugreifen, ganz viel Pipikackearsch in den Witzen vorkam. Gerne zitiert wird hier auch aus diesem einen Lied, was ist grün und klopft an die Tür? Ein Klopfsalat.

    Der Brüller, oder?

    Guten Humor und einen schönen Tag wünscht Dir Svenja

    • Hahaaa, das ist ja ein Witz aus der Kategorie “Maultasche”…! Und sie lieben solche Späße! Wie gesagt, es hört nicht auf. Ob wir auch so waren?

  3. Was bei euch Alexa ist…ist bei uns Siri.

    Siri wird befragt…Siri wird auch gerne beschimpft und Fragen wie…Siri…wie macht der Fuchs?….treiben mich in den Wahnsinn.

    Ich finde das auch nicht mehr witzig und meine Kinder wissen das.Trotzdem wird munter weitergemacht.

    Irgendwann wird es besser…ich weiss es einfach.

    • Ach herrje! Das mit Siri und dem Fuchs wird hier auch bis zum Überdruss (also mein Überdruss, nicht der der Kinder natürlich!) durchgespielt. *stöhn*

  4. Hahahaha….hier auch. Fritzchenwitze bis zum Abwinken. Aber eine ALEXA kommt uns nicht ins Haus…OMG

  5. Hallo Anna, vielen Dank für den tollen Beitrag. Wir befinden uns auch seit Jahren in einer Witze-Endlosschleife… Nach unzähligen Fritzchen, Ostfriesen-, und Blondinen-Witzen stehen gerade die Wortwitze / Anti-Witze recht hoch im Kurs.. ich fürchte aber, es läuft in den nächsten Tagen auf eine "Otto" Phase hinaus. Hilfe!

    Liebe Grüße, 

    Patricia 

    P.S.: Ich habe mal die 10 aktuellen Lieblingswitze der Kinder zusammengefasst http://www.moms-blog.de/lieblingswitze-kinder-witze-lustig/ ;-)

  6. Was sagt die Holzwurmmutter abends zu ihren Kindern?

    "Husch, husch ins Brettchen!"

    Ich bin definitiv auf Kinderwitzniveau stehengeblieben. Und das mit 36. Könnt mich kringelig lachen! 

    • Jaaaaa, ich auch.

      Was ist klein, niedlich, huscht über dir Wiese und dampft?

      ein Kaminchen

      Natürlich sind Dauerschleifenwitze irgendwann lahm und die selbstausgedachten alles nur nicht witzig. Ich bedauere aber lediglich, dass ich mir immer keine merken kann. Sonst würde ich sie einfach zurückanwitzen.

      Mein Mann beherrscht knapp 3 Witze und immer, wenn die Kinder sich zu doll reinsteigern, fängt er wieder mit seinen an. Das ist schon einerseits ein Running Gag hier zuhause und gleichzeitig ein Garant für das Ende der Nervwitze.

      husch husch ins Brettchengacker

  7. Liebe Anna, oh nein, da kommt ja noch was auf uns zu. Wir sind noch in der Anfangsphase, auf jeden Fall lieben die Kinder seit kurzem Witze. Und sie erzählen sie stundenlang. Das Schlimmste sind die selbst erfundenen. Am Anfang war das noch niedlich, aber jetzt muss ich die ganze Zeit über seltsame Pointen lachen. Dennoch ist es irgendwie rührend, diese Lust, andere zum kichern zu bringen. Und so machen wir es wohl wie ihr: ein Glas Wein dazu trinken und wissen, dass auch diese Phase irgendwann wieder aufhört. Den Witz mit der Maultasche werde ich mir dennoch merken. Alles Liebe und danke für den schönen Text, Laura

    • :-) Liebe Laura, ich danke dir für deine Sicht darauf und mache mir gleich mal n Weißwein auf. Hier sind schon wieder die Antiwitze am Start…

  8. Was hat einen Sprechfehler und liegt am Strand? – Eine Nuschel. Ich arbeite mit Kindern. Mit Grundschülern. 50-60 jeden Tag. Seeehr beliebt auch immer wieder (da muss ich meine ganze pädagogische Geduld aufbringen), die allseits beliebten Reimwitze. Wenn man es denn "Witz" schimpfen will. Obacht: "Sag mal *Klettergerüst*" (man sagt das dann, oder eben auch nicht mehr) und dann kommt in einem triumphierend-stolz-Kreischgeschrei ein "DU HAST NE NACKTE FRAU GEKÜSST!" . Samt Schnappatmungs-Lachen seitens der umstehenden Kinder versteht sich. Sonst bringts ja nix. Oh Elend. In diesen Moment frage ich mich, warum ich nicht so einfach Landschafts- und Gartenbau gelernt hab. Oder so. Mein Junior ist 1,5. Ich hab also noch ein bisschen Zeit, bis seine PipiKackaBrüste-Phase kommt. Aber sie wird kommen… erbarme dich meiner…

  9. Oh, ich (kinderlos) würde echt gern mal den ur-Witz mit der Schnecke hören/lesen

    • Ich musste auch gleich nach der Schnecke gucken. Und ich gestehe: Ich habe gelacht. Ziemlich sogar.

      Eine Schnecke klopft an die Haustür. Ein Mann öffnet die Tür und sieht die Schnecke, die sagt: "Bitte lass mich rein." Der Mann ruft erschrocken: ,,Iiiigitt, eine Schnecke!" und wirft sie im hohen Bogen weit weg in den Vorgarten. Ein halbes Jahr später klingelt es wieder an der Tür. Der Mann öffnet, sieht die Schnecke und hört: "Duuuu, wat warn ditt eben?"

  10. Kaminchen und Nuschel sind ja großartig, muahaha. 

    Warum ist die Banane krumm? Weil sie einen Bogen um die DDR machen musste.

  11. Mir wird gerade klar, was meine Eltern durchgemacht haben müssen, als mir zum 8. Geburtstag alle Gäste – auf meinen Wunsch hin – Witzbücher schenkten.

  12. Unser erster Witz war auch ein Schnecken Witz, der darauf hinausläuft, das sie fragt: Was war das gerade. Das eure Schnecke berlinert ist ja mega cool :D Danach kam bei uns auch Fritzchen. Aber dann hat unsere Große festegestellt, dass sie es witziger findet, wenn ich mir Witze ausdenke…

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