Meine Kinder wollen mit mir spielen. Rollenspiele. Immerzu. Nicht, dass sie nicht immer mindestens zu zweit wären, wenn nicht zu dritt und damit eigentlich genügend williges Spielmaterial hätten. Nein, es muss Mama sein. Ab und zu muss es eben Mama sein. Riesenseufzer.
Also habe ich mich heute nachmittag breitschlagen lassen, ehrlich gesagt, vor allem aus mentaler Schwäche und körperlicher Erschöpfung. Ich sollte die Patientin sein, der Bub der Arzt und das Minimädchen die Krankenschwester (sollte ich über rollentypische Prägung mal nachdenken?), ich dachte also, was soll schon sein, so ein bisschen Rumliegen kriege ich gerade noch hin. Da hatte ich aber die Rechnung ohne meine Krankenhausprofis gemacht!

Zuerst war die Krankenschwester mal sehr streng mit mir, ich müsse ordentlich liegen, das mache man in Krankenhäusern so, in Reihen würde man da sein müssen, und so wild rumliegen wie man gerade wolle, das ginge gar nicht. Ich habe mich also brav gerade hingelegt, Kopf aufs Kissen, Beine lang (nicht etwa hoch, wie ich kurz gehofft hatte), ordentlich. Natürlich auf dem Fußboden. Dann kam der Arzt. Ich wurde befragt und untersucht. Und alles wurde kommentiert.

“Alsoooo, was haben Sie denn? Tut es weh, wenn ich hier doll ziehe?” (heftiges Zerren am rechten Ohr)
“Auuu! Ja, natürlich tut das weh, lass das!”
“Ich bin der Arzt, ich darf das. Das gehört dazu, wenn man gesund werden will.” (Wo, um Himmels Willen, hat er diese Attitüde her? Solche Ärzte kennen wir jedenfalls nicht.)
Jetzt schaltet sich die Krankenschwestern-Domina ins Geschehen ein. Mit mütterlichem Gesichtsausdruck nimmt sie meine Hand: “Wollen wir vielleicht Händchen halten? Dann ist es nicht so schlimm.”
“Schlimm?!” Ich will mich aus meiner ordentlichen Lage wieder erheben, da setzt sich der selbsternannte Herr Doktor rittlings auf meinen Bauch und beginnt sehr geschickt, mir kleine Händchen rechts und links unter die Achseln zu stopfen. Ich erinnere mich, dass mein werter Sohn sehr gut weiß, wie kitzelig ich bin, aber da ist es schon zu spät.
“Kitzelt das sehr, wenn ich hier soooo (bohren, kneifen, wuseln mit den Fingern) mache?”
“Natürlich kitzelt das, hör sofort auf damit, du Wicht!”
Die Krankenschwester kichert sich derweil kringelig und hat mitnichten meine Hand los gelassen, offensichtlich nimmt sie ihr Amt sehr ernst. Wenigstens habe ich einen Arm frei, damit kann ich den ebenfalls sehr heiteren Arzt in Schach halten. Nach eingehender Kitzeluntersuchung kommt er zu folgendem Schluss:
“Also, ich muss schon sagen, ich glaube, Sie haben die Grippe. Sie müssen wohl hundertdrei Tage und Nächte hierbleiben und viele Spritzen kriegen. Außerdem Sirup und Tabletten. Mund auf!”
Die kleine Domina an meiner Seite springt ihrem Bruder bei und beginnt, mir diverse Medizin einzuflößen, zum Glück tut sie nur so. Ich tue meinerseits brav so, als tränke ich, worauf der Doktor wieder in Kicherlaune kommt.
“Wenn Sie so viel saufen, müssen Sie ganz viel pullern, da packen wir Ihnen wohl mal lieber eine Unterlage unters Laken!” Jetzt bin ich ehrlich entrüstet.
“Ich glaub’, ihr spinnt, ihr zwei, jetzt ist Schluss mit Spielen, ich wäre wieder gesund!” Mein hauseigener Mediziner hat dazu allerdings eine entschieden abweichende Meinung.
“Kommt gar nicht in Frage, Sie sind noch nicht gesund. Ich muss noch ihren Busen kontrollieren, den hab ich mir noch nicht genau angeschaut!” Die Krankenschwester beginnt sofort, diensteifrig mein T-Shirt hochzuschieben und beschwichtigt mich gleichzeitig: “Das geht ganz schnell, da müssen wir nur mal kurz gucken…”
Ich schüttele die beiden Folterknechte ab und winde mich, ganz renitente Patientin, aus der Umklammerung der beiden.
“Jetzt reicht’s mir aber, ihr Früchtchen, euch schnapp ich mir…!” Gekicher, Gekuller und Kitzelattacke.

Resultat: zwei mit sich und der Welt sehr zufriedene Kids und eine völlig derangierte Mutter, noch erschöpfter als vorher und leicht beunruhigt über den Einfallsreichtum und den sadistischen Teamgeist ihrer Kinder. Und während ich mich bei einem Kaffee und einem Kapitel Krimi erholen musste, sind die zwei Blasen einfach zum nächsten Schauplatz gedüst. Als Räuber und Meerjungfrau (“Ich könnte wohl schön singen, sehr schnell schwimmen und mich gut mit anderen hauen, ja?”) auf ihren Rollern. Zu neuen Schandtaten.

Last Updated on 18. Oktober 2013 by Anna Luz de León

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