Mein Herz,

heute möchte ich die Zeit anhalten. Nicht zurückdrehen, das nicht. Denn das hieße ja, dass mir die Vergangenheit lieber wäre, als die Gegenwart mit dir. Und das wäre nicht die Wahrheit. Es ist wieder Zeit für einen Geburtstagsbrief an dich, meine große, kluge und wunderschöne Tochter, denn heute wirst du vierzehn.

Ich weiß, du lächelst jetzt und schüttelst ein bisschen den Kopf, denn du findest mich sentimental, ein bisschen kitschig und vielleicht sogar peinlich. Aber damit kann ich leben. Das gehört dazu, denn du wirst morgen vierzehn und ich bin deine Mama. In deinem Alter sind Mamas auch mal peinlich, besonders, wenn sie gefühlsduselig einen Geburtstagsbrief schreiben und in Erinnerungen schwelgen. Da musst du jetzt durch, mein Geburtstagsschatz.

Heute vor vierzehn Jahren kannte ich dich noch nicht. Oder doch, ich kannte dich, aber ich kannte nur eine sachte, sanfte, undeutliche vorgeburtliche Version von dir und die sagte nichts darüber aus, wer du sein würdest, wenn du erst auf der Welt wärst. Ich war aufgeregt, voller Vorfreude, unsicher und hatte Schmetterlinge im Bauch wie eine frisch Verliebte vor dem ersten richtigen Date. Ich würde mein Baby bald in den Armen halten, dich, mein Töchterchen, mein erstes Kind! Was für ein unglaublicher Moment in meinem Leben!

Geburtstagsbrief an meine Tochter

Ich kannte dich nicht und ich war, da du mein erstes Kind bist, nicht darauf vorbereitet, wie viel du bereits mitbringen würdest mit dem Tag deiner Geburt. So viel Eigenes, so viel Persönlichkeit, so viel DU. Rückblickend erinnere ich mich an viele Situationen in unserem gemeinsamen Leben als Mutter und Tochter, die ich als "typisch du" einsortieren kann. Damals wusste ich es nicht. Ich wusste noch nichts über dich.

Morgen ist dein Geburtstag. Du wirst unglaubliche vierzehn Jahre alt, und in der Erinnerung an die ersten gemeinsamen Stunden und Tagen mit dir wird mir klar, dass ich heute, genau jetzt an einem ähnlichen Punkt stehe, wie damals. Natürlich kenne ich dich jetzt. Ich weiß viel über dich. Ich habe dich, mein kleines Mädchen begleitet durch die Baby- und die Kleinkindzeit, ich habe dir zugesehen, wie du dich mehr und mehr der Welt zuwandtest (und manchmal für Momente auch wieder von ihr weg), ich brachte dich in die Kita und dann in die Vorschule, du wurdest ein Schulkind und verlorst deine Milchzähne. Ich sah dich. Ich war bei dir. Ich hielt dein kleines, zartes Händchen in meiner Hand und bewachte deinen Schlaf. Ich trocknete deine Tränen und lachte mit dir. Ich erzählte dir alle Geschichten, die ich kannte und bestaunte dich jeden Tag. Wie konnte es sein, dass i c h so ein perfektes kleines Menschenkind in die Welt gesetzt hatte? Wie hatte ich das gemacht? Ich war bei dir, wenn du schliefst und wenn du wach warst. Ich liebte dich vom ersten Tag und jeden weiteren Tag deines Lebens. Und immer sah ich, wie du mehr und mehr zu der Person wurdest, die in dir von Tag Eins an angelegt war. Du wurdest mit jedem Wort, das du lerntest, mit jedem Schritt, den du tanzend an meiner Hand vollführtest, mit jedem Lied auf deinen Lippen mehr – Du. Bis heute.

Aber jetzt bist du ein Teenager. Mein Teeniemädchen, das meinen Geburtstagsbrief ganz bestimmt lesen wird. Kein kleines Mädchen mehr, das noch nicht lesen kann oder falls es das schon kann, auf keinen Fall online ist. Jetzt bist du größer als ich und passt längst nicht mehr auf meinen Schoß. Deine Hand in meiner ist immer noch schmal, aber deine Finger sind länger als meine und wenn du den Arm um mich legst, bist du größer als ich. Du lächelst zu mir herunter und sagst: "Kleine Mama".

Und ich staune noch immer. Denn wieder bist du dabei, dich zu verändern, den vielen Metamorphosen in deinem Leben eine weitere hinzuzufügen. Denn du stehst an der Schwelle zu so viel Neuem, so vielen Dingen, die du erfahren, erobern, bereifen wirst und wieder werden dich all die neuen Erfahrungen verändern und formen und zu einer neuen Version deines DU machen.

Jetzt, an deinem vierzehnten Geburtstag, denke ich daran, wie es war, nicht zu wissen, wer du bist oder wie du sein wirst. Heute weiß ich wer du bist, aber wie du weiter sein wirst, das weiß ich noch nicht. Ich bin dankbar und glücklich, dass ich dich weiter begleiten kann, auch wenn du nicht mehr an meiner Hand läufst. Ich schaue dir zu, wie du in die Welt gehst, mein Herz, mit großen Schritten und auf langen Beinen. Und ich merke, wie ich allmählich zurück bleibe. Ich weiß, wer du bist und ich sehe das kleine Mädchen in dir, das ich so viele Jahre lang bis hier her begleitet habe. Doch ich weiß, dass du deinen Weg zu deinem endgültigen DU immer mehr ohne mich gehen wirst. Und ich weiß, das ist in Ordnung und richtig so.

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Aber geh nicht so schnell, hörst du? Bleib zwischendurch stehen und sieh dich nach mir um. Ich werde hier sein und auf dich schauen, wie ich es tue, seit ich dich vor vierzehn Jahren das erste Mal von Angesicht zu Angesicht sah und mich in deine großen Nussaugen versenkte. Mein Mädchen. Halt die Zeit ein bisschen an für mich, ja? Lass uns noch einen Moment zusammen hier stehen und glücklich auf die Mutter und die Tochter schauen, die wir bis hier her waren, bevor dein Weg aus uns eine andere Version dieser beiden machen wird.

Du bist mein Ein und Alles, mein großarties, warmherziges, wundervolles, kluges, mitfühlendes, wunderschönes, kleines großes Mädchen.

Happy Birthday!

In Liebe, deine Mama

Last Updated on 5. Dezember 2018 by Anna Luz de León

23 Kommentare

  1. Happy birthday!

    Nun liege ich mit Tränen in den Augen neben meinem anderthalbjährigen Mädchen.

    Alles Liebe!

  2. Danke Anna! So ist es, mein Große wird auch im April 14… Schnief ;-)

    Aber vor allem: alles alles Liebe, feiert schön und lasst es krachen und habt einen wunderschönen Tag!

    LG; Yvette

  3. Liebe Anna,

     

    alles Liebe und Gute für deine Tochter!

    Dein Text lässt mich gerade Rotz und Wasser heulen… Meine Mama-Hormone, eben ;)

    Nur zu gern würde ich jetzt mein Mini-Mädchen wecken und den Großen aus der Schule holen… Um sie JETZT ganz kräftig in den Arm zu nehmen. 

    Habt einen wundervollen Tag! 

    Liebe Grüße 

    Julia 

    • Oh, das kann ich gut verstehen! Gerade ist das kleinste Kind krank zu Hause und so sehr mich das auch nervt, weil es mir meine ganze Tagesplanung zerschießt, ist es auch schön, ein kuscheliges (weil krankes) Kind hier zu haben, das vor allem eins braucht: Mamas Schmuseeinheiten. Lass es uns genießen, so lange sie uns lassen! Danke für deine Glückwünsche!

  4. Pingback: #freitagslieblinge – 10. Februar 2017 – Kind | Küche | Chaos

  5. Von Herzen alles Gute zum Geburtstag! Auch mir kullern die Tränen, vor allem beim letzten Absatz, weil jede Zukunft mit sich bringt, dass sie neue Versionen eines Menschen entstehen lässt…egal, ob 14 Jahre, 7 oder 3. Wieder so schön und liebevoll geschrieben, liebe Anna! Feiert das Herzensmädchen, aber feiere auch ein bisschen DEINEN Tag. Den Tag, der dein Leben verändert und dich zum ersten Mal zur MAMA gemacht hat! Alles Liebe!

  6. ich dank Dir für diese Zeilen, meine Große wird im April auch 14 und ich wusste noch nicht wie ich es in Worte fassen könnte, also vielen lieben Dank, schnief ;)

  7. Liebe Anna,

    jetzt habe ich Tränen in den Augen. Ich weiß genau, wie du dich fühlst. Meine Große ist jetzt zehn und auch wir stehen gerade an der Schwelle zu einem neuen Abschnitt. An ihrem 10. Geburtstag ging es mir ganz genauso: ich war wehmütig und dennoch voller Freude. So ein großes Mädchen, was doch eben noch so klein war und in meinem Arm lag!

    Ich wünsche euch einen schönen Geburtstag und versprich mir, dass ihr jeden Moment auskostet!

    Ganz, ganz liebe Grüße

    Sylvi

  8. Auch von mir herzliche Geburtstagsgrüße. Alles Gute wünsche ich fürs weitere Größerwerden, Leben-Entdecken – und erstmal natürlich ein schönes Fest und witer viel Familienliebe für Euch alle!

  9. Liebe Anna,

    sehr gerührt von einem Brief. Die Zeit anhalten…und weil das nicht geht, wünsche ich euch noch viele, viele schöne Augenblicke in der Zukunft, die es wert sind die Zeit eben nicht an zu halten ♥ Alles Liebe zum Geburtstag aus ganzem Herzen ♥

  10. Liebe Anna,

    wie schön du schreibts, so voller Liebe und mitten aus dem Herzen. Ist es nicht ein Wunder Mutter zu sein egal wie alt unsere Kinder gerade sind? Wie schön jede Phase des Lebens ist. Und wie wunderbar, dass man als Mutter jede Phase aus verschiedenen Perspektiven mehrmals erleben darf. Zuerst selbst als Kind und dann als Mutter. Dein Brief berührt mich so und ich freue mich auf die kommende Zeit mit meinen Kinder. Oft ist man ja so wehmütig, dass die Babyzeit so schnell vorbei ist. Aber mit deinem Brief machst du (mir) ganz deutlich, das jede, absolut jede Zeit besonders ist und deshalb bin ich nicht mehr traurig, dass die Jungs schon so "groß" sind, sondern ich freue mich auf die Zeit, die kommt.

    Ich wünsche deinem wunderschönen, großen Mädchen, das ganz offensichtlich ein wunderbarer Mensch ist, einen grandiosen Geburtstag mit ihren Liebsten und danke dir für die Teilhabe an deinem Mutterglück :-)

    Feiert schön und lasst es krachen

    Alexandra

  11. So, so schön geschrieben! Alles Gute für dein großes Herzensmädchen!

    Und endlich hat es bei mir 'Klick' gemacht, an wen du mich erinnerst :o) Auf dem ersten Bild siehst du aus wie Jasmin Tabatabai!

  12. Pingback: Edition Eltern

  13. Vielen Dank, liebe Anna, für diesen Brief. Ich denke an meine Fünfjährige Tochter und du machst mir wieder und wieder deutlich, dass man den Moment genießen muss. Man wird nur einmal Mama, fällt mir spontan dazu ein und dass ich mich mit einem Geburtstagsbrief an deinen Sohn vor mehreren Jahren in deinen Blog verliebt habe. 

  14. Wie machst Du das nur? Ich musste weinen!!!

    So ein schöner Text! So viel Liebe!

    Gruß

    Patricia

  15. Liebe Anna,

    wie schön dieser Brief ist, mir steht das Wasser unterlidhoch.
    Meine Älteste ist noch nicht ganz acht, und doch kann ich das, was du schreibst, schon so gut nachfühlen. Sie sind sie selbst, von Anfang an, und wie faszinierend, ihnen dabei zuzusehen, wie sie es immer mehr werden.

    Viele Grüße
     

  16. Pingback: Wertvolle Erinnerung - Der Brief an meine Kinder - Mütterimpulse

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