Mein Goldkind unterhält mich zur Zeit ziemlich gut. Sie ist der Meinung, sie sei ein völlig anderer Mensch geworden seit dem letzten Schuljahr, hauptsächlich, weil sie jetzt ein Vorschulkind ist. Es ist rührend und witzig zugleich, dabei zuzusehen, wie sich in ihrem Kopf die Welt nach ihren Vorstellungen formt. Sie ist in diesem magischen Alter, in dem sie glaubt, dass sie genau jetzt verstanden hat, wie die Welt sich dreht und wie die Regeln sind. Das ist faszinierend.

Dann kommen schon mal so Sätze heraus wie “Männer machen kein Yoga, das ist viel zu schwer. Das ist nur was für Frauen. Und Kinder!” oder “Ich esse natürlich noch eine zweite Portion Nudeln, denn ich bin jetzt ein Vorschulkind. So ist das nun mal, wenn man sich verändert. Und ich verändere mich gerade!” Langweilig wird es mit ihr gerade jedenfalls nicht. Sie lernt wahnsinnig viel, schließt neue Freundschaften, erobert sich neue Räume, drinnen wie draußen und wagt sich allein in neue Bereiche vor, die sie vorher lieber nur von weitem und an meiner Hand betrachtet hat.

Zu ihrer neuen Weltvorstellung gehört jetzt erstmalig auch die Idee, die sie von sich selbst als erwachsener Frau hat. Und so hatten wir beim Haarewaschen folgendes Gespräch:

Goldkind: “Mama, ich weiß jetzt, was ich werden will, wenn ich eine Frau bin.”

Ich: “Ja? Ich dachte du wolltest eine Tänzerin sein. Hat sich das geändert?”

Goldkind: “Ja, total, Mama. Also tanzen find ich immer noch gut und so, aber ich will das nicht den ganzen Tag machen. Das ist mir zu anstrengend.”

Ich: “Kann ich verstehen. Und was möchtest du stattdessen werden?”

Goldkind: “Weißt du, Mama, ich interessiere mich ja so für schwangere … Sachen!”

Ich: “Schwangere Sachen? Wie meinst du das denn?!”

Goldkind: “Na, alles was schwanger werden kann. Frauen, Katzen, Pferde, Schnecken…”

Ich: “Schwangere Schnecken? Du willst was mit schwangeren Schnecken machen?”

Goldkind: “Nein, Quatsch Mama. Ich will nicht Schneckenhelferin werden, ich will Helferin für Frauen werden. Und dann helfe ich, die Babys auf die Welt zu bringen. Ich hab mir das genau überlegt: morgens gehe ich zuerst zum Reiten. Jeden Tag um 10. Und danach gehe ich los und helfe meinen… ähm… Kolleginnen, die Babys auf die Welt zu bringen. Das wird toll!”

Ich: “Das hast du dir ja alles schon genau ausgedacht, wie das gehen soll, was?”

Goldkind, begeistert: “Ja, ne? Und wenn das schnell gehen muss, weil so eine schwangere Sache geht manchmal so plötzlich zu Ende, dann reite ich einfach dahin. Das klappt!” Von diesem Vorschlag und dem dazugehörigen Bild in meinem Kopf bin ich sehr angetan.

Inzwischen hatten wir ihre Haare fertig gewaschen, sie war aus der Wanne geklettert und saß in ein Handtuch gewickelt auf meinem Schoß. Haare rubbeln hasst sie normalerweise, aber sie hielt ganz still und hing offenbar ihren Gedanken nach.

Goldkind: “Mama, wenn ich schwangeren Frauen helfe, ihre Babys zu kriegen, kann ich dann selbst auch eins kriegen? Und dann hilft mir einfach jemand anders, der sich für schwangere Sachen interessiert?”

Ich: “Ja, natürlich. Genauso wird das gemacht. Wenn du dann ein Baby bekommst, dann hilft dir eine von deinen Kolleginnen, so wie du eben gesagt hast.”

Goldkind: “Aber lieber isses mir, DU hilfst mir dann, Mama. Geht das?”

Ich: “Also ich weiß nicht, ob du das dann noch möchtest, aber es geht im Prinzip schon. Nur bin ich ja keine Ärztin und keine Hebamme. So richtig was machen könnte ich dann nicht. Nur bei dir sein.”

Goldkind, hüpft von meinem Schoß: “Ach, was! Ist schon gut, Mama.  Ich mach das nicht, ich krieg einfach selbst keine Kinder. Ich helfe lieber anderen dabei. Ich interessiere mich halt nur so doll für schwangere Sachen!”

Goldkind, Babywearing, Puppentrage

Was soll ich sagen? Ich werde die Mutter einer wahnsinnig engagierten Hebamme oder Gynäkologin sein, die hoch zu Pferde zu ihren Patientinnen eilt. Großmutter werde ich dann aber wohl leider nicht – jedenfalls nicht von einem Goldkind-Ablegerchen. Aber ist das Leben nicht schön in diesem kleinen Kopf?

Haben eure Kinder auch schon Berufswünsche? Und wie stellen sie sich vor, wie das dann eines Tages sein wird?

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19 Kommentare

  1. Schön ist das zu lesen welche Vorstellungen Kinder sich machen.
    Und ein Reitende, Rettende Hebamme oder Gynäkologin als Tochter ; wow!

    Meine Jungs machen sich auch so Vorstellungen. Der Jüngste mag “Pokémon trainer” werden, Der Dritte Sohn mag “Erfinder”werden. Sohnen 1 und 2 sind etwas alter und ein bisschen realistischer…..schade!

  2. Hach :-) bisher habe ich bei dir still mit gelesen. Aber: mir geht das Herz auf! Und ich hoffe noch mehr, dass es diesen (meinen) wunderschönen Beruf noch ewig gibt, damit sich vielleicht auch das Goldkind in einigen Jahren dafür entscheiden kann….

  3. Das hat sie aber schön gesagt, und so konkrete Vorstellungen schon, toll! Ich staune! Meine Tochter ist etwa gleichalt und ich bin gerade froh, dass der Berufswunsch “Pirat” nicht mehr ganz so akut ist wie noch vor ein paar Monaten ;) Liebe Grüße an die Hebamme/Gynäkologin in spe!

  4. Mein Herz geht gerade auf! Als ich ein Kindergartenkind war, wollte ich auch Reiterin und Hebamme werden. Ich hoffe, deine Tochter kann sich denn Traum erfüllen!

  5. Vielleicht solltest Du eine Liste machen, mit all den Wünschen und Träumen die Dein Goldkind so hat. Und später, wenn sie groß ( und hoffentlich nie so “entsetzlich” erwachsen) ist gibst Du ihr die Liste und sie kann sehen was daraus geworden ist. Die Idee hab ich übrigens aus einem Buch mit dem Titel “Morgen kommt ein neuer Himmel”. Die Geschichte ist sehr schön wenn auch ein wenig traurig. Aber die Idee find ich klasse. Ich wünsche Deinem Goldkind das sie es schafft ihre Träume zu verwirklichen und Dir weiterhin viel Kraft und Spaß dabei, sie auf diesem Weg zu begleiten.

  6. Herrlich! Aber ob es wirklich stressfreier ist als ein Leben als Tänzerin wage ich zu bezweifeln…;) “Ich werde Polizist, Soldat und Römer, Mama. Geht das?” Mein Sohn ist dreieinhalb.

  7. So wunderschön <3 Da hat sie ja ganz klare Vorstellungen! :-)
    Du hast Da einen echt speziellen Mutter-Tochter-Moment eingefangen. Das wirst Du bestimmt nie vergessen hihi. Ähnlich ging es mir, als meine Tochter (4) mir erklärte, dass sie gerne eine Elfe sein würde. Ein hoch philosophisches Gespräch! Meine Tochter will übrigens auch keine Kinder – weil sie nicht will, dass ihr "der Bauch aufgeschnitten" wird oO. Tja ich hatte zwei Kaiserschnitte…. aber selber kein Problem damit. Ich hoffe, sie sieht die Sache mit dem Gebären später anders ;-)

  8. frolleinhapunkt Antworten

    So eine schöne Geschichte! Hebamme als Herzenswunsch ohne zu wissen, dass es diesen Beruf offiziell gibt. Das ist mal Berufung! Mein Sohn ist erst 3, er hat noch keine Berufswünsche. Er ist sich allerdings sicher, dass er, wenn er groß ist, eine Frau werden will. Und schwanger. Damit er das Baby IM Bauch haben kann. So wie ich grad. Er ist ziemlich verzweifelt, dass das wahrscheinlich nix wird.

    • Kenn ich. War bei meinem auch so in dem Alter. Jetzt wird er bald 5 und hat akzeptiert das das nicht geht aber Mama oder Papa will er immer noch werden. :)

  9. Was habe ich mich über diesen Beitrag gefreut. Dein Blog ist der einzige Mutti-Blog, den ich lese (und die Klassifizierung erfolgt ohne jegliche Wertunf, wie sie vielleicht manchmal aus dem Begriff herausscheint ;)), es ist so erfrischend anders hier bei dir. Ich saß jedenfalls im Auto und habe laut geschmunzelt, als ich das gelesen habe…

  10. ach wie süß ;-) Also ich arbeite mit SW (Programmieren, Analysieren etc.) das ist noch nicht ganz verständlich fü rmeine Kleine, daher bin ich in ihren Augen “Computer Doktor” – das wird meine Maus nun auch. Also wer sie fragt was sie mal wird bekommt ein “Ich werde mal Computerdoktor, und danach dann Mama” ;-) also ich bin dann mal Mama einer Computer-Analystin und werde sogar – später mal – Oma ;-)

  11. Pingback: die gürteltierschule ::: kranke kinder, berufswünsche und das magische weltbild

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