Gestern war Weltknuddeltag. Und Tag der Joggingbuxe. Und Eichhörnchengedenktag oder so. Heiliger Bimbam. Eichhörnchen liebe ich, Joggingbuxen sind mir Stulle, aber beim Knuddeln, da hört’s auf!

Nicht, dass ich nicht gerne mir liebe Menschen umarme oder mit meinen Kindern kuschele oder jemanden fest drücke, um auszudrücken, dass ich ihn mag, ihn trösten möchte, was auch immer. Aber das Wort knuddeln ist in meinen Ohren …. Murks! Ich weiß, das ist höchst subjektiv und ich möchte niemandem auf den Schlips treten, der diese Vokabel gerne benutzt – dennoch. Knuddeln gehört für mich in die Zusammenhang von süßlicher Sprache, wie sie vor allem oft mit Kindern gesprochen wird, und das ist etwas, das ich verabscheue. Ich, persönlich. Bei uns heißt das wirklich umarmen, kuscheln oder, Lieblingswort vom Goldkind: liebhalten. Knuddeln erinnert mich an Babysprache und Babysprache gibt’s hier nicht. Mit meinen Kindern versuche ich nämlich von jeher richtig zu sprechen, wie mit vernünftigen Menschen, nicht wie mit kleinen Deppchen, die richtige Sprache nicht verstehen können.

Einst besuchte ich die Kölner Ikea-Filiale mit meinem damals vielleicht sechs Monate alten Herzensmädchen und suchte die Toilette auf, um sie daselbst zu wickeln. Während ich sie also auszog, ihre Windel wechselte, sie wieder anzog, tausendmal ihre Füße kitzelte oder küsste, redete ich mit ihr. Was man halt so sagt, zu einem geliebten Menschlein, an dem man sich routinemäßig zu schaffen machen muss. “So, jetzt ziehe ich dir mal die Hose aus, damit wir dir einen frischen Popo machen können”, wahrscheinlich. Vielleicht auch was alberneres wie: “Was ist das für eine süße kleine Käsemauke?” So was in der Art. An der Wickelstelle neben mir (gepriesen sei Ikea für diese großartige Aussattung in allen Filialen übrigens!) tat eine andere Mutter mit ihrem Kind in etwa dasselbe wie ich. Das Kind war ein Junge, vielleicht ein Jahr alt, und sie wickelte ihn sehr sorgfältig, sie streichelte sein Köpfchen zwischendurch aber sie sprach kein Wort mit ihm. Mir war das noch gar nicht aufgefallen, bis sie mich auf einmal ansprach: “Warum reden sie überhaupt mit der? Die versteht sie ja sowieso nicht, die ist ja noch viel zu klein dafür.” Ich war geplättet. Eigentlich bin ich es bis heute.

Die Annahme, Babys und Kleinstkinder könnten uns nicht verstehen, wenn wir in menschlicher Sprache mit ihnen sprechen, deshalb lohne es sich gar nicht, überhaupt mit ihnen zu sprechen ist sozusagen infam. Und mit dieser falschen Annahme geht es schon los. Dann wird irgendwann zwar mit den Kindern geredet, es handelt sich dabei theoretisch auch um menschliche Sprache, die Art der Sprache ist aber unvollständig, verstümmelt. Es heißt nun mal nicht “Kacki” oder “Schlüppi” (für alle Nicht-Berlinerinnen:  das ist die gängige Kita-Abkürzung für Schlüppa=Schlüpfer) sondern Unterhose, das können auch Kleinstkinder ruhig wissen.

Babysprache, Babytalk, mit Kindern richtig sprechen
Kleine Zwiesprache mit dem Babybub, 2007.

Und auch die ganz frühen Babysprache-Klassiker haben mich schon immer aufgeregt. Warum muss ich meinem Kind bei der Abbildung eines Hundes sagen, das sei ein “Wauwau”? Warum sage ich nicht: “Das ist ein Hund, der macht wau wau.”? Das ist für mich ein himmelweiter Unterschied. Dass ein Kleinstkind das nicht auf Anhieb wird sagen können, sondern erst mal einen Hund als Wauwau bezeichnen wird, steht auf einem anderen Blatt. Zumindest kennt es aber dann von Anfang an beide Worte im Zusammenhang. Dasselbe gilt natürlich für miau, gackgack undsoweiter. Mein Lieblings-Unwort aus der Kategorie ist übrigens “Hottehüh” statt Pferd. Warum?

Warum sprechen wir mit unseren Kindern nicht in unserer Sprache, so wie wir mit erwachsenen Menschen in richtiger Sprache sprechen? Kinder fallen da offenbar in die gleiche Kategorie wie ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit anderer Muttersprache etc.: wir trauen ihnen nicht zu, uns zu verstehen und verstümmeln daher die Sprache, die wir sonst verwenden. Ich verabscheue das, ich finde das einfach nicht richtig, denn es bedeutet, dass ich dem anderen gegenüber eine Überlegenheit empfinde und sie durch diese Art des Sprechens demonstriere. Ich behandle mein Gegenüber nicht als vollwertige Person, sondern als nicht auf der gleichen Höhe wie ich, nicht in der Lage, zu verstehen, was und wie ich es sage, also verkürze, pseudo-vereinfache und verstümmele ich meine Art des Sprechens und passe sie auf Blödi-Niveau an.

Auf unsere Kinder bezogen ergibt das etwa folgende Situation: ich rede mit meinem Kleinkind, ich sage ihm, wir gingen jetzt “atta atta” machen, danach gäbe es “happa” und dann würde “heia heia” gemacht. Als nächstes wende ich mich z.B. dem Vater des Kindes zu und sage: “Wir gehen jetzt spazieren, danach essen wir und dann machen wir einen Mittagsschlaf.” Mein Kind hört beide Aussagen und registriert im Kopf den Unterschied – so wird mit mir gesprochen, so wird mit Papa/einem beliebigen Erwachsenen gesprochen. Natürlich bewertet ein kleines Kind den Unterschied (zunächst) nicht bewusst, aber es nimmt ihn wahr und schneidet mit.

Denn in Wirklichkeit ist das Gehirn dieser kleinen Menschen im Entwicklungsprozess derart aufnahmefähig, auch und gerade was menschliche Sprache betrifft, dass es jedes erwachsene Gehirn weit hinter sich lassen würde, wenn es um das Vernetzen von Nervenenden, das Herstellen von neuen Verbindungen, das Kreieren eines neuen (Welt-)Verständnisses geht. Kleine Kinder machen das täglich, sie sind permanent auf Empfang und in den Köpfen bildet sich alles aus, was sie können müssen, um überlebensfähig zu sein in dieser Welt. Sie lernen sogar mehr als eine Sprache, wenn sie in der entsprechenden Umgebung sind. Sie brauchen keine Babysprache, sie brauchen die richtigen Dinge, die echten Elemente der wirklichen Welt um sie herum. So wie wir in ihr leben.

Für mich ist es so: Kinder, nicht nur meine eigenen, sind vollwertige Personen. Sie sind klein und sie sind ungeübt, sie brauchen Unterstützung in ihrer Entwicklung und sie brauchen auch Anleitung, aber sie sind nicht weniger wert, nicht geringer, nicht weniger ernst zu nehmen, als ein erwachsenes Gegenüber. Ich spreche richtig mit ihnen, ich respektiere sie und ihre Grenzen, ich traue ihnen Dinge zu. Natürlich brauchen sie Regeln, natürlich brauchen sie ein Gerüst, einen sicheren Rahmen von Ritualen, Gesetzen und Verbindlichkeiten, innerhalb dessen sie sich bewegen können. Aber das brauchen wir schließlich alle, so viel steht fest. Kinder wollen, sollen und müssen für voll genommen werden, auch und gerade wenn es um Sprache geht. Sie wollen, sollen und müssen ihre Sprache verstehen und sprechen und zwar richtig, nicht verstümmelt.

Zugegeben, das Wort knuddeln fällt noch mal in eine andere Kategorie, denn laut Duden gibt es das Wort ja tatsächlich. Es ist keine Verstümmelung eines echten Wortes oder die Erfindung eines Erwachsenen, der mit einem Kind nicht wie mit einem vernunftbegabten Wesen sprechen kann, sondern zu zuckrigen Pseudoabkürzungen greift, wenn er sich ausdrücken will. Ich mag es nur einfach nicht, weil es mich an diese blödsinnige Art erinnert, mit Kindern zu sprechen, überhaupt: Kinder blödsinnig zu behandeln. Aber immerhin hat mich das Wort daran erinnert, dass ich immer schon mal über das Phänomen Babysprache schreiben wollte. Dann war der Weltknuddeltag also bei mir auch zu irgend was gut – wer hätte das gedacht?

Wie haltet ihr das? Legt ihr Wert auf “richtiges” Sprechen? Oder findet ihr Babysprache unproblematisch und benutzt sie auch? Oder gibt es Gründe, Babysprache zu verwenden, die ich noch nicht kenne?

signatur

 

41 Kommentare

  1. Ich versuche, Babysprache zu vermeiden, wo es geht. Aus ähnlichen Gründen, wie Du. Wie sollen die Kinder denn richtig sprechen lernen, wenn man nur mit ihnen “lallt”? Und auch Verniedlichungen finde ich irgendwie doof. Aber manchmal rutscht einem schon mal was raus. Ist dann auch nicht so tragisch, aber grundsätzlich mach ich das nicht.

    “Knuddeln” finde ich allerdings nicht schlimm. Ist doch ein ganz normales Wort.

  2. Ich als Berlinerin sage immer noch Schlüppi, alles andere klingt in meinen Ohren merkwürdig. Aber Du hast recht. Mir wäre es gar nicht in den Sinn gekommen mit meiner 1,5 jährigen Tochter in heia, heia etc zu sprecheb. Wir benutzen auch nur die Wörter, die wir sonst auch benutzen, also Schlüppi bspw ;)

  3. ich unterschreibe deinen Post vollständig – wobei ich mich als Schweizerin zum knuddeln nicht äussern möchte ;-)
    hielt es mit meinem Sohn genau wie du mit einer Ausnahme: ich habe sehr oft gesagt (und mache es immer noch ab und zu, ganz unbewusst): “Mama macht, Papa tut…” etc. Und ich sehe jetzt (wobei das wohl eh erst gerade im Entwicklungsprozess ansteht, er ist ja noch klein), dass er genau damit Mühe hat, ich von du, er, sie, es etc zu unterscheiden. Ich hab das völlig unbewusst gemacht, ich wollte ja, dass er weiss, dass ich die Mama bin. Wobei er mittlerweile also auch geschnallt hat, dass wir Eltern auch noch “richtige” Namen haben…

  4. Hier in Süddeutschland (im Rest Deutschlands auch?) ist die Verbbildung mit “tun” beim Sprechen mit Kindern/Babys weit verbreitet. Da heißt es dann “Tust Du jetzt schlafen gehen?” statt “Gehst Du jetzt schlafen?” oder “Tu das mal der Mama geben.” statt “Gib das mal der Mama.” Gruselig. Ich kann mich auch erinnern, dass es einige Kinder bei uns in der Grundschule gab, denen das mühsam wieder abgewöhnt werden musste.
    Bei uns heißt auch der Kindergarten Kindi. Das sagen viele der Eltern und einige der Erzieherinnen und demensprechend erzählte unser Großer neulich auch was vom “Kindi”. Ich sag trotzdem weiter Kindergarten.
    Wir verwenden keine Babysprache. Hauptsächlich deshalb, weil ich mir schon beim Sprechen blöd vorkäme. Und dann passiert es eben, dass unsere Kinder auf nettgemeinte Ansprachen wie: “Tust Du jetzt heia machen?” nur irritiert schauen.

    • So sprechen viele in Süddeutschland – immer und zu jedem. Das hat nichts mit dem Sprechen mit Kindern zu tun. Aber da ist es vielleicht noch ne Ecke schlimmer…

      • Uh, und bei “Hausis” gruselt es mich auch *schüttel*

  5. Schlüppi musste ich hier letztes Jahr auch erst neu lernen, es war zunächst etwas gewöhnungsbedürftig ;-) Wir haben mit unseren drei Kindern auch ganz normal gesprochen, mir war diese Babysprache einfach völlig fremd und ich wollte mit meinen Kindern als vollwertigen Menschen sprechen. Aber ich habe es auch geliebt, dass sie für manche Dinge ganz eigene Wörter entwickelt hatten (die habe ich dann auch nie verbessert) und diese Wörter haben sie teilweise auch recht lange beibehalten ….leider werden sie ja schnell groß und lernen doch das richtige Wort ;-), aber ich habe mir die lustigsten Wörter alle aufgeschrieben!
    Übrigens ein wunderschönes Foto von Dir und Deinem Lieblingsbub!!! Liebe Grüße!

  6. Als meine Tochter ganz klein war, habe ich mit ihr ein Spiel eingeübt: Jedes Mal, wenn ich mit total verstellter Stimme besagte Laute von mir gegeben habe, sollte sie sich an die Stirn tippen. Und das hat sie dann immer gemacht, auch bei Fremden, die sie so angeredet haben.
    Was für ein Spaß!

    • Genial, das muss ich mir merken. Werde demnächst Vater und sammle genau solche Ideen :-).

  7. Ich finde KNUDDELN auch ein saudoofes Wort! Am besten noch in der Kombi mit einem totaaaaaal niedlichen Teddybärchen, der ein Herz nach vorne streckt!
    Ich sehe das genau wie Du, Babysprache geht gar nicht!

    Übrigens noch so ein scheußliches Wort ist meiner Meinung nach “Anziehsachen”. Brrrrr! Wir reden doch auch nicht von Esssachen oder so.

  8. Babysprache gibt es hier konsequent nicht. Ich maße mir sogar an, mein Kind zu korrigieren, wenn sie mit 3,5 Jahren doch mal einen Wau Wau, statt einem Hund entdeckt. Aber es gibt dennoch notorische Dutzidutzi-Sprachler.
    Dennoch: Schlüppis gehören in Berliner Kinderkleiderschränke. (Aber wenn ich intensiv überlege, wurde das Wort tatsächlich aus der Kita mit nach Hause geschleppt und adoptiert…)
    Knuddeln sage ich persönlich auch nicht. Das passt für mich ganz stereotyp in die YOLO Schublade. Auch wenn es vom Wortgefühl dem englischen ähnlicher ist, als kuscheln. ;-)

  9. ich bin da ganz bei dir, Anna-luz! auch ich habe immer ganz normal und vor allem viel mit meinen kindern gesprochen. alleine auch deswegen, damit sie wussten, sie sind nicht allein, wenn ich gerade aus ihrem Blickfeld verschwunden bin. der erfolg war der, dass meine damals 16 Monate alte tochter ganze 5-wortsätze gesprochen hat und 2 Monate später eine Passantin auf die Kondensstreifen (mit genau diesem begriff) am himmel aufmerksam gemacht hat. auch nicht schlecht, oder?

    knuddeln finde ich an sich nicht schlimm, auch haben wir die wenigen “wortverhaspler” der kinder in unserem sprachgebrauch behalten, da es eh immer nur so wenige waren. sie werden jedoch nur familienintern und mit einem augenzwinkern verwendet. aber insgesamt gilt für uns: kinder sind zwar keine kleinen erwachsenen und sie dürfen auch kinder sein, aber sie sind vollwertige menschen, mit denen man normal sprechen kann und soll. dass man sich dabei einfacher ausdrückt, ist wohl eine Selbstverständlichkeit, – man muss sich halt an das alter des kindes anpassen. aber auch erwachsene lernen dabei einiges, wenn man angehalten ist, bestimmte Sachverhalte in einfachen und verständlichen worten zu erklären. ich finde das immer sehr bereichernd, – und es ist manchmal erstaunlich schwer.

    der “Nachteil” ist halt, dass man eloquente, kritische kinder heranzieht und man wird nicht selten mit einer seltsam schmerzenden stille belohnt, wenn sie denn abends mal eingeschlafen sind…. :-)

    alles liebe, kathrin

    PS: eine mutter, die nicht mit ihrem Säugling spricht, ist mir bis heute unverständlich. im Gespräch mit einer zukunfünftigen mutter, die meinte, sie wüsste nicht, was mit ihrem brüllenden Kind anfangen, wenn sie kocht, habe ich geraten, sie solle das Kind in die wippe neben sich setzen und jeden Handgriff erklären und reden, reden, reden… erst hat sie mich erstaunt und skeptisch angesehen. nach ein paar tagen hat sie mich noch mal darauf angesprochen, dass sie meinen rat in der Verzweiflung befolgt hat und war erstaunt, weil es soooo viel leichter war und das Kind tatsächlich recht lange ruhig und aufmerksam war….

  10. Hier gibt es auch keine Babysprache, lediglich das Wort “Heia” rutscht mir manchmal ueber die Lippen. Meine Tochter wird auch zweisprachig gross – da die Fremdsprache langsam den Schwerpunkt bildet, ist mir gute deutsche Aussprache sehr sehr wichtig, da schrecke ich auch vor niemandem zurueck, jeder wird bei uns gebeten “normal” und grammatikalisch korrekt zu sprechen.
    Meine Tochter hat eigentlich nie richtig Babysprache gesprochen, sondern direkt: “Ein Hund” “Und wie macht der ?” “waffwaff”.
    Es hat sich bei uns ausgezahlt, unsere 26 Monate alte Maus ist sehr eloquent…in beiden Sprachen.
    Ich habe auch von Beginn an “normal” mit ihr gesprochen und auch Buecher angeschaut/gelesen und erzaehlt. Bei Nr. 2 werde ich das genauso wiedermache.
    Knuddeln finde ich aber auch nicht schlimm – hier in NL heisst das “knuffeln” ( knueffeln ausgesprochen ) – ganz offiziell ohne Verniedlichung.

  11. Ach ja, so Worte wie “Kindi”, “Schlafi” und was es sonst noch gibt – da rollen sich regelmaessig die Zehennaegel hoch. Ganz ganz schlimm…

  12. Bist Du das auf dem Foto? OMG – wunderschön! <3
    Natürlich spreche ich mit meinen Kindern. Von Anfang an. Ohne Schlüppipupsiheiatatatteiteita ;)

  13. Öhm. Also natürlich versuche ich auch normal mit meinen Kindern zu sprechen. Jetzt kütt es!
    ABER Babysprache ist auf der anderen Seite nicht völlig funktionslos. Es ist ja fast schon ein Reflex. Hab mal gelesen, dass 1. die höhere Stimmlage für die Babys/Kinder tatsächlich besser wahrzunehmen ist und 2. sind die meisten Babywörter leicht auszusprechen und/oder sehr einfach/wenig komplex und enthalten Silbenwiederholungen, was natürlich auch einfacher für die Kleinen ist.
    Deswegen rutscht einem das so leicht raus. So wie man den Mund beim Füttern auch mit öffnet. Es scheint eine Art Sinn zu haben.
    Übertreiben muss man es natürlich nicht und gar nicht mit dem Kind sprechen, wie in deinem Beispiel? Das ist grausam!

    Übrigens: das Bild ist wunderwunderwunderschön <3!

  14. Ach Anna, Du sprichst mir aus der Seele. Mochte das auch nie und habe das nie gemacht. Muss aber zugeben, dass mit das beim Erstgeborenen noch besser gelungen ist als bei der Zweiten, denn da hatten sich schon einiges Kindergartenvokabular eingeschlichen. Wie sollen Kinder richtig sprechen lernen, wenn man es ihnen nie korrekt vormacht. Schönes Beispiel: Ich habe einen ausgefallenen Spitznamen für meinen Bruder. Aus Spass rede ich immer von Onkel “Spitzname”. Irgendwann fragte mich mein Bruder, ob meine Kinder eigentlich wissen wie er richtig heisse. Stellte sich raus, nein wussten sie nicht. Und noch heute gucken sie groß, wenn ich mal den richtigen Namen meines Bruders verwende.

    Witzigerweise hat sich ein Wort bei uns eingeschlichen. Polter statt Schlafanzug. Das ist ein ur-westfälischer Ausdruck, den meine Oma immer benutzt hat (meine Mutter z.B. nie) und den verwenden wir konsequent. Dafür heisst der Schlüppi bei uns Unterhose.

    Liebe Grüße
    Kathrin

  15. Aber irgendwie geht’s Bein Frauen ja auch schon los mit der Uaaaa…Sprachverunglimpfung.. ich denke nur mit Grauen an die “Hebi”.. oder “Mumi”…
    Schlüppi allerdings lieb’ ich als leidenschaftliche zugezogene Berlinerin sehr!

    Danke für deinen tollen Blog ich lese ihn regelmässig und freu’ mich immer wenn was neues in der timeline ist!!!

  16. Tolles Bild!

    Wir reden viel mit dem Kleinen, eigentlich ständig, und er versteht auch schon wahnsinnig viel, was uns auch die Kita-Erzieherinnen bestätigt haben. Dabei reden wir meist normal mit ihm und lesen auch viel vor. Ein paar Babywörter gibt es bei uns aber schon, das sind teilweise “Familieninterna”, die uns ein gutes Gefühl geben, weil es “unsere” Wörter sind.

  17. Wann hört es denn endlich auf mit der Babysprache? Erst machen sie Kacki, dann Heia und wenn wir die Kinder aus dem Kindi raushaben, gehen sie in die Schule. Dort spielen sie in der Pause Fangi und machen nach dem Essen ihre Hausis. Nett finde ich dagegen die eigenen Wortschöpfungen der Kinder, wenn aus Notebook ein Bonk geworden ist und ähnliches. Der Bonk hält sich bis heute bei uns. Aber die allgemeine verblödete Babysprache finde ich gruselig, weil sie einfach zwei Welten schafft und trennt. Warum sollten Kinder außerdem zuerst ein falsches und später dann das richtige Wort lernen. (Im Zeitmanagement lernen wir doch auch, die Dinge möglichst nur einmal in die Hand zu nehmen :-) )
    Was mich aber eigentlich genauso befremdet ist die Tatsache, dass Mütter es nicht sein lassen können von sich als “die Mama” zu sprechen und nicht ihre Person ins Spiel bringen. Ich finde das extrem distanziert. “Du weißt, die Mama will das nicht” klingt doch völlig wirkungslos. Wie wäre es mit “Du weißt, ich will das nicht.” oder statt “die Mama hat dich ganz doll lieb” “Ich hab Dich lieb.”

  18. Wir sprechen mit unserer Tochter ganz normal und hochdeutsch. Mir persönlich ist die sprachliche Erziehung ohne Dialekt wichtig, da ich selbst so erzogen wurde und es bisher immer mochte.
    Ich bin allerdings auch vollkommen gegen diese Babysprache, denn woher soll das Kind denn wissen, dass man z.B. zu einem “wauwau” eigentlich Hund sagt, wenn man es nicht vormacht?

  19. Neulich erst gelesen “Bömmelmann” für Penis bei einem kleinen Jungen.
    Bin selten sprachlos aber da ist selbst mir nichts mehr eingefallen.

  20. Hier gibt es auch keine Babysprache, regionale “Unmöglichkeiten” korrigiere ich mühselig wieder. Aber: Herbert Renz-Polster weist in seinem Buch “Kinder verstehen” darauf hin, dass es Kulturen gibt, in denen gar nicht (also wie bei deiner Ikea-Nachbarin) mit Kindern gesprochen wird und diese Kinder genauso gut sprechen lernen wie Kinder in anderen Kulturen.

  21. Ich stimme dir voll zu..aber ich muss sagen, dass wir zu Hause auch ab und zu das Wort “Schlüppi” benutzen ;) Oder wir benutzen auch für die Geschlechtsteile kindgerechte Worte. Manche Themen versucht man eben mit einfachen Worten zu beschreiben ;)
    Viel schlimmer empfinde ich diese Unart mit Kinder in der 3.Person zu sprechen..statt “Ich hole die einen Löffel” höre ich ständig “Mama holt dir mal einen Löffel” oder “Kann der Paul aber schon schön essen” statt das Kind mit “du” anzusprechen..da stellen sich mir die Nackenhaare auf!

  22. Hm.

    Offenbar benutzt keiner Babysprache. Wirklich KEINER? Zumindest (fast) keine/r der Leser/innen hier? Ich kann das irgendwie nicht glauben. Hand aufs Herz – ihr sagt nie “Heia” oder so etwas?

    Also, ganz ehrlich, ich schon. Klar weiß ich, dass man die richtigen Wörter benutzen sollte und nicht nur in Silbensprache sprechen. Also sage ich auch Hund, wenn ich ihn konkret benenne. Aber ein anderes Mal wieder nicht, dann ist das halt doch der “Waff” (Wauwau gibt es bei meiner Tochter, 17 Monate alt, irgendwie nicht) Und ja, auch “Heia” sage ich durchaus mal – sie weiß aber genauso, was das Wort “schlafen” bedeutet.

    Und, ja, sie lernt auch, was ein “Dizi” ist (wie der Schnuller in Bayern heißt) und ein Penis ist hier der “Zipfi”. Man kann vermutlich ewig diskutieren, ob das jetzt gut oder schlecht ist. Sowohl aus Verniedlichungs- als auch aus Dialektgründen. Meine Eltern wollten auch immer, dass ich hochdeutsch spreche. Kaum war ich im Kindergarten, redete ich natürlich so wie alle anderen Kinder. So ist das halt, wenn man auf dem Land aufwächst :-) Geschadet hat es mir wohl nicht (zugegebenermaßen, als ich nach München zog, musste ich erstmal lernen, auf Knopfdruck umzuschalten, aber es funktioniert seit mehr als 15 Jahren bestens). Die deutsche Sprache ist so vielfältig – ich denke, da können wir unseren Kindern ruhig ein Stück vom ganzen Kuchen anbieten.

  23. Oh Anna – Ich HASSE es auch. Ich habe gerade gestern in einem Forum gelesen und die Mütter nannten sich selbst immer nur “Mamis”, ihren Sohn “Sohni” – Hausaufgaben waren “Hausis” – SCHLIMM! Ich habe das auch bei meinen Kindern vermieden. Die konnten als Folge beide auch sehr früh richtig super sprechen. Der Schlüppi hat sich auch bei uns eingeschlichen. Allerdings sagt es nur meine Kleine. Ich korrigiere sie nicht, sage aber konsequent Unterhose. ;-)
    Oft beobachtet man ja einen solchen Sprachgebrauch auch bei frischverliebte jungen Erwachsenen – neulich erlebt bei Ikea! Da sagte die Frau mit Augenaufschlag und kleindkindhaftem Tonfall zu ihrem Freund – “Ich geh mal Pullern.” Och neeeeeeeeee!!!

    • Wir gehen hier alle pullern ggf. noch pieseln und sagen das auch. Ich wüßt grad nicht, was ich sonst sagen soll, außer ich muss mal, aber ich muss mal was?

  24. Ich kenne tatsächlich niemanden der heutigen Generation, der mit seinen Kindern in Babysprache spricht. Für mich ist das etwas, was ich nur von Großeltern kenne und dort finde ich das nicht so wild.
    Verniedlichungen benutze ich aber auch manchmal, im ganz normalen Gespräch. Ist ja auch teilweise abhängig vom Dialekt.

  25. Ich finde Babysprache aus ganz furchtbar! Ich erkläre Kindern Dinge gerne in einfachen Sätzen (was manchmal gar nicht so leicht ist :), aber nutze nur “richtige” Sprache. Regionale norddeutsche Begriffe wie moin, Büdel, Buddel, pütschern, schnacken usw. nutze ich aber konsequent. Ich wohne mittlerweile in Süddeutschland und mag den norddeutschen Einschlag in der Sprache einfach!

    Ach, das Bild ist übrigens weltklasse!!!

  26. Danke für diesen Text, Du sprichst mir aus der Seele! Genauso wie den Text über Essen.
    Ich habe Deinen Blog gerade erst entdeckt – ich mag ihn sehr!
    Liebe Grüße,
    Steffi

  27. Cooler Blog-Artikel. Kaum zu fassen dass es Eltern gibt die mit ihren Kleinkindern nicht reden. Da kriegt doch das Kind mehr und mehr das Gefühl es ist nichts wert, wenn es immer angeschwiegen wird… ;-(
    Dass Kinder vollwertige, ernstzunehmende Personen sind, ist für mich auch selbstverständlich. Bedingungslos wertvoll, unabhängig von Leistung, Aussehen und Brav Sein und sowas. Aber immer wieder muss ich in der Welt um mich herum mitkriegen, dass der Wert von Kindern (und auch der von Erwachsenen) vor allem von deren Leistung abhängig gemacht wird. Das finde ich immer wieder traurig…

    Liebe Grüße,

    Janka

  28. Also im Grundsatz stimme ich Artikel und Kommentaren zu – in der Vehemenz und Absolutheit allerdings nicht.
    Bei uns wird normal gesprochen in relativ normaler Tonlage und dennoch gibt es einzelne Wörter die streng genommen Babysprache sind. Manche hat unsere Tochter kreiert, andere aus der Kita mitgebracht und sie stören weder mich, noch ihre Sprachentwicklung oder ihr
    Selbstwertgefühl…macht zumindest nicht den Eindruck.
    Etwas ertappt gefühlt habe ich mich tatsächlich bei dem Abschnitt zur “Sprachlosigkeit” – nicht weil ich die Einschätzung der IKEA Dame teile, überhaupt nicht…aber es ist mir zum Teil auch schwer gefallen, die Monologe zum alltäglichen Rumwerkeln ums Kind nicht zu vergessen.Manchmal habe ich selbst gemerkt das ich mein Kind ganz liebevoll getragen oder gehalten, aber bestimmt in der letzten halben Stunde keinen Ton gesagt habe. War etwas Übungssache, heute 3 Jahre später ist Stille doch eher die seltene Ausnahme!:)

  29. Wie “allesinklein” schon hinterfragte: Natürlich benutzt das keiner. Außer der einen Ausnahme, weil die ist niedlich. Also wirklich niedlich. Und der anderen Ausnahme, Weil die ist auch niedlich. Und der anderen Ausnahme, weil das hat die Oma immer gesagt und das erinnert ja an die eigene Kindheit. Und… Oh. ;)

    Ich denke, es ist eben ein himmelweiter Unterschied, wenn man einige Worte verwendet. “Kindi” finde ich ganz furchtbar, aber ich sage auch schon mal “Mausi” und finde das zwar grenzwertig, aber nun ja, es hat sich eben so ergeben. Ich persönlich finde es ganz schrecklich, Kinder “Püppi” zu nennen, das ist in der Bloggerwelt ja sehr verbreitet. Das geht mir bei anderen Blogger-Spitznamen auch so. Lange fand ich auch die Bezeichnung “Herzfreundin” bescheuert.Weil alle anderen Freundinnen blöd sind oder was? Aber das ist ja anscheinend etabliert und deswegen cool.

    Worauf ich hinaus will: Im Prinzip ist das doch alles dasselbe, Ob ich das Kind nun “Prinzesschen”, “Mausi”, “Bussibärchen” oder “Goldkind” nenne – das ist doch alles irgendwie dasselbe.

  30. Wir sprechen hier zu Hause auch nicht in Kleinkindsprache miteinander und meine Kinder schauen immer ganz verwirrt, wenn das andere mit ihnen tun und das passiert sehr oft.
    Genau wie die Tatsache, dass wir möglichst hochdeutsch mit sächsischen Ausdrücken, wie bspw. pullern verwenden, es aber hier in Bayern oft ganz anders heißt, im Kindergarten gehen sie nämlich pieseln.
    Durch das Reden in ganzen Sätzen fing mein Sohn das Sprechen so an, dass er uns das Hauptwort seiner Sätze ziemlich deutlich präsentierte, die Füllwörter aber mit hmnaham ersetzte. Das war gar nicht immer leicht zu verstehen :)
    Die Sprache bietet so viele Möglichkeiten, warum unseren Kindern nicht so viel wie möglich davon bieten, auch Babysprache ist ein Teil davon.

  31. “Sie brauchen keine Babysprache, sie brauchen die richtigen Dinge, die echten Elemente der wirklichen Welt um sie herum.”

    Diese vorstellung finde ich (auch nach allem, was ich aus der Sprachwissenschaft mitgenommen habe) ehrlichgesagt absurd. Vor allem, da du ja selbst sagst, Kinder können auch mehrere Sprachen lernen. Babysprache ist auch eine Sprache. Und sie ist genau so richtig oder falsch, wie jede andere Sprache. Die “Richtigen Dinge” oder die “Echte Welt” gibt es nicht. Das ist alles subjektiv. EIn Kind kann sehr schnell lernen, dass etwas sowohl “Muh” als auch “Kuh” heißen kann, und nimmt so vielleicht auch offener an, dass es auch “cow” “ushi” oder “vache” genannt werden könnte.

    Ja, Kindern sollte man Dinge zutrauen. Ja, Kinder brauchen keine Babysprache. Aber die Vorstellung, Babysprache sei herablassend und eine Blödelei kommt nach allem was ich über Sprachpolitik weiß eher von der Vorstellung, dass man (werdenden) Erwachsenen eine “korrekte” sprechweise verordnet. Von dritten werden schließlich auch nicht die Kinder belächelt, die “Wauwau” sagen, sondern die Eltern, die sich bescheuert “verstümmelt” ausdrücken.

    Meine Mutter hat übrigens auch immer darauf bestanden, dass sie mir gegenüber alles richtig und “erwachsen” sagt. Das bedeutete für mich aber auch, dass ich keine gemeinsame “Geheimsprache”, keinen intimen Soziolekt mit ihr hatte. Ich habe das – besonders im Vergleich zu anderen Kindern – auch oft als unangenehme Distanz erlebt.

  32. Du schriebst vor ein paar Wochen, dass dich Mom’swars unglücklich machen und du vermeidest daran teilzunehmen. In meinen Augen ist übrigens die Art wie du die andere Mutter, die die ihren Sohn schweigend wickelte, beschreibst, der Anfang zu einem Online-Mom’swar: Im Internet (negativ) bewerten wie andere mit ihren Kindern umgehen. Nur dass sich hier wahrscheinlich niemand auf die Gegenseite stellen wird und zurückfeuern möchte.
    Ich persönlich glaube, was du mitteilen möchtest, käme auch ohne die Geschichte und den Vergleich mit der schweigenden Mutter gut rüber.

  33. Pingback: Ein Gedanke zur Sprache und Bilder – Bildung – Ludwig der Träumer

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