Kinder sind Philosophen.

Das stelle ich immer wieder fest, wenn ich mit ihnen über all das spreche, die sie bewegt. Sie scheuen nicht vor den großen Themen des Lebens zurück, sie kennen keine Tabus und ihre Weltanschauung ist so rein und richtig, wie ich es kaum von irgend einem Erwachsenen je kenne. Sie kennen keinen Rassismus, keinen Sexismus, keine Art von Snobismus. In ihren kleinen Köpfen ist Platz für alle, jedes Abweichen von der Norm wird von ihnen zunächst als selbstverständlich hingenommen und ihre Welt umfasst Wunder, die wir Erwachsene gar nicht mehr wahrnehmen.

Das hält nicht ewig und je älter sie werden, umso größer sind die Einflüsse der Außenwelt auf diese pure Anschauung. Wenn ich meine Erziehungsziele formulieren müsste, wäre eins davon dieses: ich möchte, das meine Kinder diese Sicht auf die Welt möglichst behalten. Dass sie nicht verlernen, so offen zu sein in ihren Herzen und Köpfen und dass ihr Blick auf andere Menschen von dieser Offenheit bestimmt wird. Ich möchte dazu beitragen, dass sie die großherzigen und toleranten Menschen bleiben, als die sie zu mir gekommen sind.

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Fish Love Collage – Laura Norscia

Heute bin ich dankbar für ein Gespräch mit meinem Herzensmädchen, das mir zeigt, wie viel von dieser natürlichen Offenheit sie behalten hat. Es gibt keine Grenzen in ihrem Kopf, kein Schwarz und Weiß, keine Urteile. Und gezeigt hat sie mir das mal wieder mit diesem Gespräch:

Herzensmädchen: “Mama  hast du das gewusst? Manche Fische verlieben sich gar nicht. Nie! Die tun mir leid.”
Ich: “Äähh, ja…?”
Herzensmädchen: “Das ist doch aber traurig, Mama. Die kriegen Babyfische OHNE SICH ZU LIEBEN! Stell dir mal vor, das ginge auch mit Menschen…”
Ich: “Äähh… also ehrlich gesagt geht das auch bei Menschen…”
Herzensmädchen: “Waaas? Menschen können auch Babys kriegen OHNE SICH ZU LIEBEN? Das ist ja schrecklich!”
Ich: “Naja, das ist von der Natur aber so eingerichtet. Wir können uns fortpflanzen, das ist wichtig. Lieben müssen wir uns dafür nicht, obwohl das natürlich schöner wäre.”
Herzensmädchen: “Aber das heißt ja, das Menschen Kinder kriegen können, die sich nicht lieben und andere Menschen, die sich lieben, können es nicht. Das finde ich ungerecht.”
Ich: “Wie meinst du das? Meinst du Paare, die sich Kinder wünschen und einfach keine kriegen?”
Herzesmädchen: “Ja, die meine ich auch. Aber ich meine auch Frauenpaare und Männerpaare, die lieben sich doch. Und die können zusammen niemals Kinder haben, selbst wenn sie sich welche wünschen.”
Ich: “Das stimmt. Es wäre schön, wenn Liebe als Voraussetzung ausreichen würde, um eine Familie zu gründen, egal, wer das ist, der sich da liebt.”
Herzensmädchen: “Also das ist ja jetzt doof von dir, Mama! Es geht doch gar nicht um Familie. Familie ist doch immer alles, wo sich Menschen lieben, ganz egal, wer und wie viele, das hast du mir selbst gesagt. Es ging mir ums Kinderkriegen. Das sollten alle können, die sich lieben. Das wäre schön. Verstehst du, was ich meine?”

Ja, ich verstehe, was du meinst, liebes Kind. Und ich wünschte, jeder Mensch, jede Gesellschaft und jeder Staat auf dieser Welt würde das ebenso verstehen. Das ist mal eine Definition von Familie, die förderungswürdig wäre: eine Familie ist es immer dann, wenn sich alle lieben, egal wer und wie viele.

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7 Comments

  1. Das ist ja eine so wundervolle Ansicht! Manchmal muss man sich einfach von seinen Kindern mal eine Scheibe abschneiden!

  2. Wunderschön und so toll, wie sie das Thema herleitet. :)
    Ich glaube ganz fest, das alle Menschen so geboren werden. So ein offenes Herz, ein klarer Blick und so viel Liebe. Ich hoffe sehr, dass in der nächsten Generation noch mehr Erwachsene als Kinder so ermutigt wurden zu denken (und so zu bleiben).
    Aber es sind auch die Kinder immer wieder so erstaunlich, womit sie um die Ecke kommen. Meine Kleine $ Jahre) heute: “Jeder Mensch ist in seiner eigenen Welt. Mal ist man fröhlich, mal ist man traurig oder müde. Jeder hat SEINE Welt”.Und ich fand es so klug was sie sagt. Denn jeder hat seine eigene Welt, darum ist auch jede Welt gleichwert und gleichberechtigt. Und es ist ok, wie man ist.

  3. Deine Tochter ist eine großartige Philosophin!! DANKE für das Teilen dieser wunderbaren Perspektive auf die Welt. Ich lächle tränenreich vor Rührung.

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