Liebe kleine Mama deines einzigartigen Babys, 

heute hast du mich angerufen und mir erzählt, dass dein Baby nicht es selbst ist. Es hat ein bisschen  Fieber und jammert den ganzen Tag. Es reagiert auf die erste Impfung, denkst du und sagst: "Es ist gar nicht fröhlich, kein bisschen! Es hat den ganzen Tag nicht gelacht, sondern legt nur die Stirn in Falten und schaut mich skeptisch an. Unglücklich sieht es aus, zum ersten Mal in seinem Leben. Was soll ich jetzt tun?"

Die Antwort ist so einfach wie komplex: nichts. Denn es geht jetzt nicht darum, etwas zu tun, sondern es geht ums Aushalten. Das ist ein großer Teil dessen, was Elternsein ausmacht – Dinge aushalten. Natürlich kannst du etwas tun, damit dein Baby spürt, dass es nicht alleine ist, wenn es sich schon offensichtlich schlecht fühlt. Du kannst es tragen, es stillen, seine Lieblingsliedchen für es singen. Und natürlich kannst du auch seine Temperatur senken. Das alles kannst du tun. Aber dein Hauptjob ist jetzt, es auszuhalten, dass es deinem Baby schlecht geht.

Es ist das erste Mal, dass du das erlebst, aber es ist nur der Auftakt zu dem, was ab jetzt zu deinem Leben gehört: dein Kind ist im Zentrum deines Universums, du denkst es immer mit, du existierst nicht mehr nur als DU, denn dein Kind ist jetzt immer in deinem Herzen, deinen Gedanken und deinem Fokus. Für immer.

Du begleitest es.

In seinem kleinen Universum erlebt es jeden Tag viele neue Dinge und ist neuen Eindrücken ausgesetzt. Aber du bist immer da. Du stillst es und du begleitest es in den Schlaf, wenn es sich in deinen Arm schmiegt und die Augen schließt. Wenn es spielen will und begeistert auf dich schaut, wie du singst oder mit ihm sprichst, reagierst du darauf und nimmst genau wahr, was es jetzt braucht. Und wenn es reizüberflutet schreit und sich nicht abschotten kann gegenüber der lauten, so intensiven Umgebung, nimmst du es ins Tragetuch und gönnst ihm die Ruhepause, die es brauchst, geborgen in deiner Umarmung und deinem Herzschlag. Aber wenn es mal nicht so funktioniert, wenn es dennoch weint und sich beschwert und du weißt gar nicht genau, worüber – dann musst du das einfach aushalten und darauf vertrauen, dass dein Baby wieder ins Gleichgewicht kommt mit deiner Begleitung.

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Du beobachtest es.

Während dein Baby schläft und trinkt, lacht und sich an der Erde rollt, weint oder seine  Umgebung beobachtet, bist da du und hast es genau im Blick. Du siehst, was es tut, wie es sich entwickelt und scheinbar stündlich neue Dinge lernt. Du bist so dicht an ihm dran, jeden Tag und jede Nacht, dass du alles registrierst, was sich verändert und genau wahrnimmst, wie die Aufmerksamkeitsspannen deines Kindes länger werden, wie sein Schlaf- und Trinkrhythmus sich neu sortiert und wo die Grenzen seiner Aufnahmefähigkeit liegen. Und wenn dein Baby dann mal überwältigt ist von so viel Neuem, wenn sein kleiner Geist überflutet wird mit neuen Eindrücken, neuen Fähigkeiten und dem Input der ganzen Welt um es herum – dann musst du das einfach aushalten. Du siehst den Fortschritt deines Kindes und seine Grenzen, du beantwortest seine Wissbegier und sein Streben nach Neuem, und gleichzeitig ist es deine Aufgabe, die damit einhergehenden kleinen Tiefs auszuhalten, sie abzufangen und dein Kind vor zu vielen Eindrücken zu schützen.

Es ist in deinen Gedanken.

Egal, was du tust, egal, was dein Alltag dir abfordert und ganz gleich, wie viele Kinder du irgendwann vielleicht haben wirst: dein Augenmerk wird stets auf ihrem Wohl und Wehe liegen. Du wirst sie in deinen Gedanken und in deinem Herzen haben, ganz gleich, wo du bist und was du gerade tust. So wie dein sechs Monate altes Baby heute jeden Augenblick seines Tages mit dir verbringt, wird es später nicht mehr sein, aber in deinen Gedanken trägst du es mit dir. Du wirst seine Entwicklung weiter begleiten und es werden neue Herausforderungen auf euch warten: Kitastart und später Schule, neue Kontakte mit immer mehr Menschen und damit einhergehend die Anforderungen sozialer Kontakte. Dein Kind wird dich brauchen und nach dir verlangen, aber es wird sich auch abwenden und dich ausschließen. Viel wird passieren, viel Schönes, viel Aufregendes, einiges an Traurigem und auch Furchtbares. 

Und du… wirst all das aushalten. Du wirst in diese Beziehung zu deinem Baby, deinem Kind investieren mit jeder Umarmung, jedem Ratschlag und jedem stummen Zuhören. Du wirst es halten, es begleiten, es fordern und es stützen. Du wirst mit ihm lachen und weinen, du wirst voller Stolz und auch voller Sorge sein und es wird nie mehr aufhören. Denn das ist Teil des Mama-Seins: all das auszuhalten und selbst daran zu wachsen. Die Mutter zu werden, die du dir für dein Kind wünschst und es auch zu bleiben, selbst wenn du nur dabei stehen und zuschauen kannst.

Es bleibt eine Herausforderung, ein Mamaleben lang. Aber du wirst das schaffen. Mit jedem Mal wirst du das Gefühl besser wieder erkennen und dich erinnern, dass es dich beim letzten und vorletzten Mal schon begleitet hat. Und dass es ok war. Dass du es richtig gemacht und deinem Kind damit am besten geholfen hast. Du kannst das. Wir können es alle – wir sind Mütter.

signatur 

Last Updated on 25. Juli 2016 by Anna Luz de León

7 Kommentare

  1. So schön geschrieben und so wahr… 

    Das aushalten ist für mich eine große Prüfung. Und jedes mal zerrt es am Mutterherz. 

  2. Ich bin erst seit Samstag Mama von einen kleinen kostbaren jungen und bisher klappt es echt gut. Aber wenn er dann manchmal weint und ich nicht genau weiss was los ist dann muss ich es aushalten. Das ist bisher nicht so schlimm aber ich weiß das andere Zeiten kommen werden und ich danke dir für diesen Post!! ❤️ Gruß Dani 

  3. *wuhuuu* durften wir -wenn auch mittlerweile weit vom babyleben entfernt- an diesem wochenende wieder erfahren. wirklich leichter wird es nicht, aber es muss sein und: es geht vorbei….

    liebe grüße und eine hübsche woche!
    tina

  4. Liebe Anna Luz,
    was für ein bewegender, wunderschöner Text und: genau so geht es mir oft, gerade in dieser besonderen, einzigartigen, intensiven Babyzeit! Ich bin zu Tränen gerührt.
    Du hast ein großes Talent, Dinge in Worte in zu fassen.

    Liebe Grüße,
    Annika

  5. All deine Briefe sind einfach so wahr und eine wundervolle Idee von dir ! Mach bitte weiter damit es hilft mir als Mama sehr und es ist eine tolle Sicht es objektiv zu betrachten und so fest zu halten . 

    Lg Tamara 

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