Es ist Ostermontag. Drei von fünf Kindern spielen Karten, zwei springen Seil, alle verstehen sich gerade mehr oder weniger gut, aber selbst wenn sie mal streiten, bleibt immer klar: diese Fünf lieben sich. Sie gehören zusammen. Sie sind – Familie. Ich denke im Moment darüber nach, was Familie für mich bedeutet, über die Grenzen meines kleinen Fünfer-Clübchens hinaus, das ich mein eigen nenne. Ich denke darüber nach, wie viel öfter wir die Gelegenheit ergreifen, uns über unsere Unterschiede zu definieren, uns voneinander abzugrenzen um unsere Individualität zu schärfen, anstatt die Gemeinsamkeiten zu betonen und sie zu spüren. 

Wir sind auf Sylt. Seit Samstag sind wir erstmalig auf dieser berühmten Nordseeinsel und das Wetter ist das Sahnehäubchen auf zwei bisher schon wundervollen, hellen Tagen hier. Es ist das zweite Mal, dass wir gemeinsam mit meinen Schwiegereltern und Schwager und Schwägerin nebst Neffe und Nichte eine Woche der Osterferien gemeinsam verbringen, und wir alle freuen uns schon seit Wochen auf diese gemeinsam verbrachte Zeit. Denn im Alltag trennen uns täglich mehrere hundert Kilometer und die Cousins und Cousinen sehen sich nur zu Familienfesten und dann in der Regel immer nur für wenige Stunden.

Früher, als meine Mutter noch lebte und ihr Haus unser regelmäßiger Anlaufpunkt war, weil wir alle fünf unkompliziert hineinpassten, trafen wir uns auch sonst mal. Ganz ohne Familienfeier. Und als die Großen, mein Herzensmädchen und der Neffe, noch die einzigen Kinder waren, verbrachten wir manchmal sonnige Nachmittage im Garten meiner Mutter, wo Cousin und Cousine, damals noch Kleinstkinder, nackt in einer Plastikbütte hockten, sich mit einer Minigießkanne gegenseitig Wasser überschütteten, planschten, Äpfel knabberten und einfach zusammen waren. Inzwischen sind die Kinder insgesamt zu fünft und der logistische Aufwand, alle Familien zusammen zu bringen, ist unvergleichlich viel höher als vor zehn Jahren. Deshalb ist diese gemeinsame Urlaubswoche so kostbar. Sie schenkt uns Zeit zusammen, und das Herzensmädchen sagte seit Tag 1 der Osterferien fast täglich: "Ich f r e u e mich so auf die Ferien! Auf alle! Darauf, einfach so zusammen zu sein: kochen, quatschen, essen, einfach – da sein." Und genau das ist es. Das Geschenk der gemeinsamen Zeit, das wir uns gegenseitig machen.

Familienzeit, Großfamilie, Berlinmittekids, Sylt, Strand

Und so kam das Goldkind heute in den Genuss, seinen sechsten Geburtstag (Sechs! Wann ist das passiert?!) mit Oma & Opa (das väterliche Set) Patentante und Onkel und Cousin und Cousine zu feiern. Und mit uns natürlich. Gestern habe ich hier behelfsmäßig gebacken und die Ferienwohnung geburtstäglich geschmückt. Meine Instagram-Follower können bezeugen, dass ich während der Vorbereiterei letzte Nacht schon gebührend sentimental geworden bin und meine Familie musste mehrfach heute hören, wie das damals war, als das kleinste meiner Kinder auf die Welt kam… Ich erspare euch das hier und heute, denn das ist nicht das Thema dieses Posts.

Hier geht es heute darum, wie dankbar ich im Augenblick bin. Wie glücklich ich mich schätze, hier zu sein, diese Familie um mich zu haben, die ich bei der Heirat und der Kinderkriegerei mit dem Berlinmittedad dazu gewonnen habe, einfach so. Und wie unschätzbar das ist: diese Zeit zu teilen miteinander. Zusammen zu sein, zu kochen, zu quatschen, zu essen und einfach – DA zu sein.

Wir haben im Alltag wenig Gelegenheiten, so inne zu halten und den Augenblick zu spüren und zu schätzen, schon gar nicht im Kreise der größeren Familie. Und wir sind viel eher bereit, uns die Unterschiede bewusst zu machen: was mache ich zum Beispiel mit meinen Kindern alles anders, als meine Schwiegermutter damals mit ihren oder meine Schwägerin mit dem Neffen und der Nichte? Wie unterscheidet sich der Berlinmittedad von seinem Bruder? Und wie ist das Gefüge, in dem mein Schwiegervater seinen Söhnen ein Beispiel ist oder wo sie sich durchaus auch abgrenzen möchten? Darauf gibt es viele Antworten und sehr oft sind gerade sie auch ein Thema. Aber wenn wir so zusammen sind wie jetzt, mehr als nur wenige Stunden zu den obligatorischen Familienfesten, spüre ich vor allem eins: wir sind eine Familie. Wir sind verschieden, ja. Wir treffen unsere Entscheidungen im Leben unterschiedlich und wir gehen jeder seine eigenen Wege. Aber wir gehören zusammen. Und die geschenkte Zeit, die wir hier miteinander haben, macht mir wieder so sehr bewusst, wie gut das für unsere Seelen ist: zu wissen, dass wir zusammen gehören, mal mehr und mal weniger. Dass unsere Leben verbunden sind und wir einander niemals gleichgültig sein können, sondern uns füreinander zuständig fühlen.

Einfach da sein. Mir bewusst machen, dass wir alle Teil von etwas Größerem sind. Und beobachten, wie meine Kinder sich darin sicher fühlen und sich selbstverständlich darin bewegen. In Liebe verbunden mit ihren Großeltern, Tante und Onkel, Cousin und Cousine. Und einfach da sind – als Teil dieser Familie. Das macht mich heute dankbar, ruhig und glücklich.

signatur

Last Updated on 19. März 2018 by Anna Luz de León

3 Comments

  1. Küstenmotte Reply

    Erstmal alles Liebe zum Geburtstag an das Goldkind! Ihr habt ja wirklich Glück mit dem norddeutschen Wetter! Schöne Worte hast du da heute wieder geschrieben. Ich genieße auch immer die seltenen Momente mit der Familie. Familienzeit ist so kostbar!
    Liebe Grüße Jessi

  2. Wirklich sehr schön geschrieben! Wir haben auch das Glück dass im haus meiner eltern alle platz haben und meine beiden schwestern, ich und unsere insgesamt 4 kinder dort immer wieder zusammenkommen können.denn meine schwestern wohnen weiter weg.. das ist wirklich ein geschenk und die gemeinsame zeit zusammen einfach nur schön auch wenn wir nur den ganzen tag alle zusammen im garten sitzen..es ist tolldass die 3 kleinen von uns 3 ( alle gleich alt) so die möglichkeit haben immer wieder zusammen zu kommen wo sie doch sowas starkes verbinder..immer wieder wahnsinn zu sehen wie besonders die Verbindung zwischen ihnen ist!…will mir gar nicht vorstellen wie es wäre gäbe es die wunderbarsten großeltern und das haus nicht mehr..habe gerade große Dankbarkeit verspürt beim lesen deines Texts..Familie ist was schönes!… Und natürlich auch noch herzlichen Glückwunsch zum 6. Geburtstag der kleinen großen!:)

  3. Hallo liebe Berlinmittemom,

    verrätst du wie das Hotel auf Sylt hieß. Wir planen nämlich im Herbst ne Reise zum 70. igsten meiner Mama und noch auf der Suche nach bezahlbar und kinderfreundlich.

    liebste Grüße von Saila

Write A Comment