Es gibt dieses flirrende, nervöse Liebesgefühl, das scheinbar vollkommen unkontrollierbar ist. Alles ist so intensiv, alle Empfindungen sind wie der ultimative Reiz und in manchen Situationen kaum auszuhalten. Zu viel von allem.
Ich erinnere mich an solche Gefühle. An so etwas wie die Gleichzeitigkeit von Hochgefühl und Verzweiflung. Ich habe hysterisch heulend in Zügen gesessen, unfähig mich zu beruhigen und mit dem Eindruck vollkommenen Kontrollverlusts.
Ich habe es gehasst! Ja, das war Liebe, irgendwie war das Liebe, aber gleichzeitig hat es sich angefühlt, als hätte ich keinerlei Gewalt mehr über meine eigenen Gefühle.
Ist das nicht paradox? Zugleich so intensiv zu lieben und dieses Gefühl nicht nur nicht zu mögen, sondern sich selbst nicht leiden zu können in diesem Zustand? Das war genau dieses Gefühl: nicht ich selbst zu sein. Nur noch aus diesem wilden, wunden Gefühl für jemand anderen zu bestehen, so als wäre nichts mehr übrig von mir, der Person, die sich irgendwann entschieden hatte, sich auf dieses Gegenüber einzulassen. Nichts mehr davon, was ich an mir eigentlich mochte, war übrig. Stattdessen brachte diese Liebe Dinge in mir zum Vorschein, die ich nicht leiden konnte. Eifersucht, Ängste, (Selbst)Zweifel, Unsicherheit. Bei all den tiefen Gefühlen, die ich da hatte, schien es mir, als brächte diese Liebe nur das Schlechteste in mir zum Vorschein.
Es war keine Ruhe in diesem Gefühl, keine Sicherheit. Wir befanden uns in einem permanenten Spannungszustand und so viel Feuer auch in dieser Beziehung war, so sehr verzehrte mich dieses Feuer auch. Mich, als eigenständige Person, mich, als diejenige, die ich gerne sein wollte: meine Selbstsicherheit, meine Instinkte, meinen inneren Frieden, alles, was ich über mich schon zu wissen glaubte. Und obwohl ich das spürte und ab einem gewissen Zeitpunkt sogar wusste, war ich noch eine ganze Zeit lang nicht in der Lage, mich zu lösen.
Der Gedanke an Trennung erschien mir unmöglich. Zu intensiv waren diese Gefühle, zu kostbar und einzigartig kam mir das vor, was wir hatten. Und es war schließlich Liebe, oder? Das sagten wir uns ständig gegenseitig, Tag und Nacht, wir schrieben es auf, wir klebten am Telefon, wir hielten einander ständig fest und starrten einander in die Augen. So als ob alles, was wir füreinander empfanden uns sonst vielleicht entgleiten könnte. So viel Verzweiflung in diesem Liebesgefühl, von Anfang an.
Als wir uns endlich voneinander losgerissen hatten, hat es sich unglaublich schmerzhaft angefühlt. Ein Riss mittendurch, nein, ein Schnitt mit unsauberen Kanten, der blutete und schmerzte und kaum heilen konnte. Wo vorher verzweifelte Liebe gewesen war, war jetzt verzweifelter Schmerz. Und es dauerte, bis das verging. Ich erinnere mich nicht an die wirkliche Zeitspanne, nur daran, dass ich litt, obwohl ich wusste, dass die Entscheidung richtig war.
Im Nachhinein denke ich an diese Liebe noch immer mit einem leisen Schmerz. Ich kann nach so vielen Jahren noch das Echo all dieser Gefühle in mir nachklingen spüren. Ich bereue kein bisschen, dass sie endeten, aber ich glaube, dass wir einander möglicherweise hätten anders lieben können, wenn wir nicht irgendwo zwischendurch falsch abgebogen wären. All die großen Worte, all das Absolute, all die Versprechungen, die Wünsche und Sehnsüchte waren so groß, dass es kaum Worte dafür zu geben schien – wie hätten wir das füreinander je erfüllen können?
Denn in all den großen Gefühlen waren wir immer sehr allein, jeder für sich, immer überzeugt, dass es keine tieferen Empfindungen geben könnte und sicher, dass unser Gegenüber das in letzter Konsequenz nicht begreifen könnte. Es fühlte sich so richtig an, so einzigartig, so passend. Liebe! Und es war doch für uns beide zerstörerisch und fatal. Manche Lieben verzehren uns und müssen vergehen.

Last Updated on 20. Februar 2023 by Anna Luz de León

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