Freundschaften sind schön, wenn sie gewachsen sind. Je älter ich werde, umso mehr kenne ich dieses Gefühl: dass ich bei den engen Freund*innen genau weiß, woran ich bin, worauf ich mich verlassen kann, was ich zu erwarten habe (und was nicht). Das trifft in allen Bereichen zu und hat, wie alles im Leben Licht- und Schattenseiten. Und es ist ein gutes, verlässliches Gefühl, das ich von Herzen wertschätze und niemals missen möchte.
Was in meinem Alter immer seltener wird, aber doch immer wieder passiert, sind neue Freundschaften. Der Beginn von etwas. Menschen, die uns begegnen und die einfach so mehr werden, als Zufallsbekanntschaften. Oder eben nicht einfach so, zufällig, austauschbar. Sondern stattdessen aus Begegnungen geboren werden, die lange überfällig waren, so dass man sich fragt: warum haben wir uns nicht viel früher getroffen? Uns gegenseitig erkannt? All das gesehen, was uns verbindet? Und all das angenommen, was uns unterscheidet?
Ein bisschen ist das, wie sich zu verknallen. Erinnert ihr euch an dieses Gefühl der Faszination für jemand Neues? Noch nicht genug, um verliebt zu sein, denn eigentlich kennt man sich noch nicht gut genug dafür; aber eben doch mehr, als nur die austauschbare Begegnung mit irgendjemandem, den man vielleicht sogar wieder vergessen würde, wenn man ihn nicht zufällig wiedertrifft. Stattdessen möchte man Begegnungen herbeiführen, sich unbedingt näher kennenlernen, das vertiefen, was sich auf den ersten Blick wie tieferes Verständnis anfühlt. Wie das Versprechen auf etwas Echtes, etwas Größeres. Freundschaft.
In diesem Jahr haben wir sogar als Familie dieses Geschenk einer neuen Freundschaft bekommen, angezettelt vom Goldkind. Denn sie ist seit nunmehr über zwei Jahren eng befreundet mit einem Mädchen aus ihrer Schule. Sie geht gern zu ihr nach Hause, ihre Freundin kommt gerne zu uns. Beide erzählen viel von Zuhause, von den Geschwistern und Eltern und Hunden, dem Familienleben, den vielen kleinen “wie immer”s, die sie unterscheiden und doch vereinen. Schon lange lagen uns beide in den Ohren, die Familien müssten sich kennenlernen, denn sie seien sich sicher, wir würden einander lieben!
Sie hatten recht. Schon das erste ungeplante Treffen im Frühsommer zeigte klar, dass wir uns gegenseitig sehr mochten, uns viel zu erzählen hatten, neugierig auf mehr waren. Es folgten gegenseitige Einladungen zum Grillen, Treffen im Biergarten im Sommer, gemeinsame Hunderunden.
Und so kommt es, dass wir heute, fast am Ende des Jahres sagen können: wir sind Freunde. Wir passen auf eine neue Art und Weise zusammen, wir sind hingerissen voneinander, von der unbekannten Welt, in der die anderen leben und wir möchten ein Teil davon sein.
Heute waren wir zu fünft zu einem Hannuka-Dinner dort eingeladen und haben gemeinsam gekocht, gegessen, gespielt, geredet, getrunken, viel gelacht und konnten uns kaum losreißen. Was für ein wunderschönes Gefühl, am Ende eines Jahres sagen zu können: wir haben neue Freunde gefunden in diesem Jahr. Wir sind einander begegnet und haben etwas Wahres, Echtes ineinander erkennt, das uns verbindet, selbst wenn uns sehr viel Spannendes ebenso unterscheidet. Wir hören einander zu, wir lernen voneinander, wir lernen uns kennen, wir bewegen uns aufeinander zu. Ich glaube, das liebe ich am meisten an neuen Freundschaften – dass alle Seiten diese Bereitschaft haben, sich einander zu erkennen zu geben und zu zeigen, wer sie sind. Damit etwas entstehen und wachsen kann, das im besten Fall eine echte, tragfähige Verbindung wird.
Ich bin unendlich dankbar für Begegnung und Freundschaften, die neuen wie die alten. Und heute besonders für diese Fünf, die uns gefunden haben. Oder wir sie.
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Wie schön, dass man noch neue Freunde finden kann. Meine beste Freundin ist im April gestorben und der Kontakt zu ihrem Mann endete – aus Gründen – kurze Zeit später. Die beste Freundin fehlt mir so sehr und ich habe eigentlich keine Hoffnung, nochmal wieder eine zu finden. Aber vielleicht haben wir ja auch das Glück……