Tut mir leid, aber heute wird’s wieder weihnachtlich. Ich hatte nämlich ein ausführliches Gespräch mit meiner großen Tochter und meiner Patentochter darüber, was für uns als Kinder jeweils das Schönste an Weihnachten war und was uns heute am Wichtigsten daran ist. Wir sprachen über Weihnachtstraditionen in unseren Familien und darüber, was für uns von Bedeutung war. Was den Zauber ausgemacht hat.

Christkindmagie und Weihnachtszauber

Mein Lieblingsmoment an Weihnachten war der Klang des Gllöckchens, wenn wir dann ins Bescherungszimmer durften. Und klar, Geschenke waren super, aber das, warum ich als Kind absolut glücklich und aufgeregt war, war die Weihnachtsmagie: der Baum, die Kerzen, der bunte Teller mit Plätzchen und besonderen Weihnachtssüßigkeiten, die es sonst nie gab. Und mein absolut wichtigste Zutat für magische Weihnachten – meine beiden Puppen.

Meine Mutter hatte in meiner frühen Kindheit angefangen, die beiden Puppen ein oder zwei Tage vor Heiligabend zu verstecken. Als ich sie dann suchte, half sie mir suchen und sagte dann, dass die beiden wohl beim Christkind sein müssten und bei den Weihnachtsvorbereitungen helfen würden. An Heiligabend wären sie dann wieder da. Und da waren sie, in neuen, selbstgenähten Puppenkleidern (da hatte meine Abuelita, meine salvadorianische Großmutter, ihre Finger im Spiel, denn meine Mutter konnte nicht nähen), mit schön geflochtenen Zöpfen und goldenen Schleifen aus Geschenkband in den Haaren. Und für mich war klar: natürlich waren die beiden im Christkindgefolge unterwegs gewesen und hatten all den Himmelszauber gesehen, deshalb umwehte sie in meinen Augen auch ein überirdischer Glanz, den ich nur mit der Magie von Weihnachten erklären konnte.

Als eines Tages eine meiner beiden Puppen kaputtging und in die “Puppenklinik” geschickt wurde zur Reparatur, weigerte ich mich an Heiligabend heulend, das Bescherungszimmer zu betreten, weil ich sicher war, sie könne nicht da sein. Meine Mutter überredete mich und – da saß sie. Einmal mehr hat der Christkindzauber seine Wirkung getan und ich war das glücklichste Kind deshalb.

Den Puppenzauber habe ich mit meinen Kindern ebenfalls etabliert, auch andere Weihnachtsrituale aus meiner Kindheit haben wir umgesetzt: das Puppenhaus, das jedes Jahr nur zu Weihnachten rausgeholt wurde und das im Februar ungefähr wieder weggeräumt wurde, die besonderen Süßigkeiten und die Plätzchen, die Weihnachtsbücher, die ebenfalls nur in der Advents- und Weihnachtszeit in Erscheinung traten und natürlich – das Glöckchen, das ankündigte, dass das Christkind da gewesen war.

Weihnachtsmann oder Christkind?

Gerade gab es in Social Media eine kleine Diskussion unter einigen Influencerinnen, ob man als Eltern seinen Kindern den Glauben ans Christkind oder den Weihnachtsmann einpflanzen solle oder nicht. Mal abgesehen davon, dass ich nichts von solchen Sprüchen und Aufmachern halte wie “Weshalb du deinen Kindern nichts vom Weihnachtsmann erzählen solltest”, weil ich der Überzeugung bin, dass das doch bitte jeder für sich selbst entscheiden soll, bin ich absolut Team Christkind. Wenn ich daran zurückdenke, wie sehr ich diesen Weihnachtszauber geliebt habe, ganz unabhängig von Geschenken und wie schön es war, als Kind an all diese Dinge zu glauben, war für mich immer klar, dass ich das für meine Kinder auch möchte.

Die Zeitspanne, in der das magische Weltbild die Lebenswelt eines Kindes bestimmt, ist kurz genug. Ich habe für mich nie einen Grund dafür gesehen, diese auch noch zu verkürzen. Es wurde viel damit argumentiert, dass man Kinder nicht erklären könne, warum manche Kinder wenige und andere viele Geschenke bekommen würden, wenn doch das Christkind oder der Weihnachtsmann dafür zuständig sein sollen, aber auch das sehe ich persönlich nicht als so problematisch an. Wir haben unseren Kinder immer gesagt, dass es ein Christkindgeschenk gibt und der Rest von Eltern oder Großeltern geschenkt wird und wir uns gegenseitig ebenfalls etwas schenken, weil wir so die Geburt von Christus feiern. Und dass natürlich die Menschen unterschiedlich viel zu Verfügung haben und viele Menschen sich gar kein Weihnachtsfest leisten können.

Kinder über die Realitäten der Welt in Kenntnis zu setzen und sie gleichzeitig an Magie und Weihnachtszauber glauben zu lassen, schließt sich nicht gegenseitig aus. Die Problematik mit dem Weihnachtsmann ist eine andere, das haben wir nie so kommuniziert, sondern sind im christlichen Kontext geblieben mit Nikolaus (ohne Knecht Ruprecht und Erpressung) und eben Christkind. Aber das kann jede Familie doch so machen, wie sie möchte. Ich kann nicht nachvollziehen, wie sich da manche gegenseitig beschuldigen, schlechtere Eltern zu sein, weil sie es so oder eben anders machen.

 Weihnachten als Eltern – Zauber oder Stress?

Dass der ganze Weihnachtszauber natürlich auf den Schultern der Eltern liegt, vor allem auf denen der Mütter, ist eine weitere häufig thematisierte Problematik, und das ist für mich tatsächlich relevant. Was ist es uns als Eltern wert, ein solches Fest so zu gestalten, als hätte das alles ein magisches Wesen möglich gemacht, das gar nicht existiert? Während wir uns währenddessen heimlich verrückt machen mit der Vorbereitung? Das ist eine Frage, die sich nur die jeweiligen Eltern selbst beantworten können. Und auch hier bin ich der Meinung, es gibt nicht so etwas wie den Goldstandard, den man erfüllen müsste, um als “gute Eltern” zu gelten. Jeder muss das so machen, wie es in den jeweiligen Möglichkeiten liegt und alles ist richtig für die jeweilige Familie.

Weihnachten als Kind war für mich zauberhaft. Auch die Magie für meine jüngeren Geschwister mit zu erhalten und zu gestalten, als ich schon längst wusste, wer hinter all dem wirklich steckt, hat mir den Zauber ein bisschen verlängert. Als meine Kinder dann klein waren, habe ich es viele Jahre lang von Herzen geliebt, diese Dinge, die mich als Kind so glücklich gemacht hatten, mit ihnen ebenfalls zu erleben und sie auf diese Weise mit ihnen zu teilen. Auch das hat mir eine neue Art von Weihnachtszauber beschert: selbst diejenige zu sein, die das alles vorbereitet und mit Leben füllt.

Aber ja, das war dennoch anstrengend, natürlich. Und ich muss sagen, das Weihnachtsfest mit den großen Kindern hat wieder einen neuen Zauber. Wir reden noch immer gemeinsam vom Christkind, als würden wir es in Anführungsstrichen setzen. Dabei schmücken wir Teile des Baums gemeinsam, es wird gemeinsam gebacken (und Weihnachtscocktails gemischt )und jeder hat seine eigenen Weihnachtsheimlichkeiten, die erst an Heiligabend enthüllt werden. Dieses Jahr haben wir erstmalig ein Familienwichteln auf die Beine gestellt: jeder musste für die vier anderen ein Adventsgeschenk kaufen und wir haben uns wechselseitig 20 Tage lang beschenkt. Die übrigen 4 Tage wurden zwischen Hund und Katz aufgeteilt, da gabs ein extra schönes Leckerchen oder einen Keks.

Jetzt ist es für mich das Schönste, mit meinen großen Kindern alles gemeinsam vorzubereiten, zu backen, Weihnachtsgeschenke zu verpacken, Weihnachtsfilme zu schauen und unsere Weihnachtsplaylist zu spielen. Sie zünden selber die Kerzen am Adventskranz an, sie suchen aus, wann wir Heiligabend in die Kirche gehen und wir besprechen zusammen, was wir zu essen machen. Und am ersten Weihnachtsfeiertag werden wir wieder im Schlafanzug rumhängen, Spiele spielen, erst am Nachmittag frühstücken und vielleicht eine lange Hobbit-Nacht machen. Das ist nicht mehr der Christkindzauber von einst, aber es hat seine ganz eigene Qualität und für mich ist es das Schönste an Weihnachten heute. Auch wenn die verzauberten kleinen Kindergesichter zu Weihnachten gefühlt bis vor kurzem das Beste an Weihnachten für mich waren.

Ich glaube, wir können doch alle damit leben, dass wir erstens verschieden sind und dass sich zweitens die Dinge verändern. Das wird immer so sein. Ich möchte lieber andere Menschen die Dinge tun lassen, wie sie sie nunmal tun möchten und nicht deshalb über sie urteilen, jedenfalls nicht, wenn es um so etwas Persönliches geht, wie beispielsweise das Weihnachtsfest.

Was ist für euch die zauberhafteste Weihnachtserinnerung aus der Kindheit? Und was ist heute das Schönste?

Last Updated on 22. Dezember 2022 by Anna Luz de León

7 Comments

  1. Liebe Anna,

    ich lese so gerne Deine täglichen Texte im Advent (sonst auch). Und wie traurig, dass es tatsächlich Menschen gibt, die sich battlen, wie Weihnachten verbracht bzw. mit welchen Ritualen versehen werden sollte. Aber ganz frei machen kann ich mich davon auch nicht. Meine Tochter ist 10 und mein Sohn 7 und in seiner Klasse ist bei mehreren Kindern ein Wichtel eingezogen. Und er war so enttäuscht, dass bei uns keiner wohnt… da hab ich mich kurzzeitig wie eine Rabenmutter und unter Druck gefühlt, obwohl für mich ganz klar war, dass ich das nicht möchte bzw nicht darin aufgehe täglich Wichtelbriefe zu schreiben und Streiche auszudenken…. Und konnte mich zum Glück wieder darauf besinnen, welch schöne Weihnachtstraditionen wir haben, zum Beispiel auch eine Weihnachtsbücherkiste, Plätzchen backen, gemeinsames Baumschmücken usw. Eine meiner schönsten Weihnachtserinnerungen ist, dass meine Oma Mülli (die gar nicht blutsverwandt, aber Herzensverwandt) mit uns vor der Bescherung spazieren gegangen ist und wir beleuchtete Weihnachtsbäume gezählt und dabei immer Ausschau nach dem Weihnachtsmann gehalten haben. Ich war immer so aufgeregt und weiß noch, wie unheimlich sicher ich war, etwas rotes am Himmel gesehen zu haben. Das machen wir nun auch immer mit unseren Kindern so und wenn wir nach Hause kommen, gibt es die Bescherung.
    Liebe Grüße und danke für deine Texte,
    Anne

  2. vielen Dank für diesen schönen Text!
    Bei uns kommt auch das Christkind und auch ich habe es geliebt, wenn ich erst um Zimmer TV gucken konnte mit meinem Bruder, dann waren wir in der Kindermette und dann gab’s erst noch Abendessen während durch die Milchglastür des Wohnzimmers schon ein geschmückter Christbaum zu erkennen war.
    und dann kam das Glöckchen.
    Bis ich ausgezogen bin, habe ich mich geweigert, den Baum zu schmücken und habe lieber Weihnachtsfilme geguckt und auf das Glöckchen gewartet.

    Dir und deiner Familie frohe und besinnliche Weihnachten!
    LG Tany

    • Danke! Einfach vielen lieben Dank für deine inspirierenden Texte! Schade, dass es Menschen gibt, die sich so vergleichen.
      Euch eine schöne Zeit!
      Lieben Gruß
      Maria

  3. Nach der Messe nach Hause kommen, in der Küche wsrten müssen bis das Glöckchen klingelt und da war das neue Fahrrad unterm Baum <3 Und dass am 1. Weihnachtstag die Omas und Opas und der Onkel von weit her da waren. Das vermisse ich sehr.

    Ich sehe das wie Du: jeder sollte selbst für sich und seine Familie entscheiden, vielleicht dabei aber darauf achten, den Zauber für andere nicht zu zerstören.

    • Wie schön das klingt! Und ja, ich denke, das ist genau der Punkt: jede Familie entscheidet selbst und niemand zerstört den Weihnachtszauber der anderen.

  4. Das Wohnzimmer war am Morgen des 24. abgeschlossen, alles roch anders und fühlte sich heimlich an und magisch. Was ich auch toll fand: Das Umschlagen der hektischen Betriebsamkeit am 24. Nachmittags in festliche Stimmung mit besonderer Tischdecke, besonderem Geschirr, besonderen Ritualen, festlicher Kleidung. Das Glöckchen, die Krippe, das endlose Singen … ich bin bis obenhin angefüllt mit den Weihnachtstraditionen meiner Kindheit und gebe manches davon (nicht alles, natürlich) an meine eigene Familie weiter. Jede Familie hat ihren eigenen Weg, aber das zu entwickeln kann schwer genug sein. Sich dabei kritisch mit mental load und Ungleichheit zu beschäftigen, finde ich richtig und wichtig. Anderen Familien den Zauber zu zerstören oder auch noch dieses Feld mit Schuldgefühlen beladen – nein, bitte bitte nicht.

    • Ich empfinde es auch so: ich zehre bis heute von diesen Erlebnissen, den Traditionen und auch dem Zauber. Und ich hoffe, ich gebe etwas davon weiter. Nicht mehr und nicht weniger.

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