Tag Zwei im Schreibprojekt und ich bin heute ganz und gar glücklich. Zunächst und vor allem – über euch! Ich kann gar nicht fassen, wie viele von euch hier kommentiert haben, wie viele Nachrichten ich bekommen habe und welche lieben Worte ihr gefunden habt.  Ich fühle mich beschenkt und danke euch allen von Herzen.

Gestern hatten wir unser inzwischen zur Tradition erhobener Plätzchen- & Weihnachtscocktail-Date. Und das geht so: das Herzensmädchen, eine ihrer engsten Freundinnen und ich backen drei vorher festgelegte Sorten Plätzchen und testen drei neue Weihnachtscocktails. Gestern haben wir nur zwei von drei geschafft, wir sind alle noch angeschlagen von der Erkältungs- und Grippewelle, die zumindest bei uns einmal mit voller Wucht durchs Haus gebraust ist.

Aber wie ich da gestern mit diesen beiden jungen Frauen in meiner Küche stand, die eine mixte Cocktails, die adere knetete Plätzchenteig (und das Patenkind ist auch wieder übergangsweise eingezogen – danke, maroder Berliner Wohnungsmarkt, ich freu mich!), wir quatschten und lachten und probierten die Cocktails und naschten den Teig, dachte ich mal wieder, wie sehr ich “meine” Teenies liebe.

Gibt es was Besseres, als diesen jungen Menschen zuzuhören, mit ihnen zu sprechen, sich damit zu befassen, wie sie die Welt sehen? Mag sein, viele der Ansichten erscheinen uns unausgereift, es fehlt ihnen an Lebenserfahrung, sie mögen uns in manchen Dingen naiv vorkommen. Aber sie sind eine neue Generation, d i e neue Generation und ich für meinen Teil bin immer wieder beeindruckt davon, wie sie die Dinge sehen, wie sie die Welt betrachten.

Ich habe regelmäßig Diskussionen über “die jungen Leute” mit Menschen meiner Generation, die sich über die Ansichten der Jüngeren lustig machen, sie nicht für voll nehmen, sie abkanzeln. Sehr schön sieht man das bei Themen wie beim Gendern, aber auch bei anderen feministischen Themen, beim allgegenwärtigen Alltagsrassismus, wenn es um Gleichstellung geht, ums Bildungssystem und natürlich, auf Platz 1, um den Aktivismus rund um die Klima”politik”. Es scheint, als wären viele Menschen meiner Generation in einem gigantischen Abwehrreflex gefangen, der einzig und allein dem Zweck dient, sich bloß nicht mit den Themen auseinandersetzen und möglicherweise die eigene Lebensweise hinterfragen zu müssen.

Ich will da jetzt gar nicht im einzelnen auf bestimmte Aspekte eingehen, nur so viel: für mich ist es ganz einfach. Wir sind die “Alten”, wir haben gegenüber der nächsten Generation aus meiner Sicht bei all diesen wichtigen gesellschaftlichen Themen mindestens eine Verpflichtung: zuhören. Sie ernst nehmen. Es geht dabei für mich nicht darum, sofort alles zu verstehen, sofort sagen zu können, ja, richtig, das sehe ich genauso. Aber ich kann mich doch mindestens soweit auf sie einlassen, dass ich ernsthaft zuhöre. Dass ich nicht abbügele, was sie sagen, wie sie die Dinge sehen, wie sie sie lösen möchten, nur weil ich länger auf der Welt bin. Dass ich ernsthaft in Erwägung ziehe, etwas dazulernen zu können von diesen jungen Menschen und ihrer Sicht auf die Welt, die schon mehr die ihre ist, als die unsere.

Und wenn ich mit denjenigen dieser Generation Zeit verbringen, die meinem Herzen nahe sind, meine Kinder und Patenkinder, ihre Freundinnen und Freunde, dann sehe ich all das. All die Möglichkeiten, all die Ideen vom Leben, all ihre Lebensfreude und die Wünsche und Vorstellungen davon, wie ihre Welt sein soll.

Und dann denke ich… vielleicht, ganz vielleicht, sind wir doch nicht verloren. Vielleicht haben wir als Menschheit eine Chance, doch noch alles besser zu machen in dieser Welt. Weil sie von solchen Menschen gestaltet werden wird. Das macht mich froh.

8 Comments

  1. Liebe Anna,
    wie schön! ♥️ Ich sehe es ganz genauso wie du – meine Tochter ist 11, und wir führen auch schob so tolle Gespräche… Ich freue mich auf die kommenden Jahre mit ihr!
    Jede Generation hat etwas zu sagen, und es ist so bereichernd, voneinander und miteinander zu lernen und zu wachsen!

    Danke, dass du den Blick darauf lenkst!

    Ganz liebe Grüße,

    Ricarda

    P.S. Wenn meine Tochter älter ist, werde ich die Plätzchen-und-Cocktailsession für uns übernehmen! :)

    • Wie schön, liebe Ricarda! Das ist wirklich eine schöne Weihnachtstradition mit erwachsenen Kindern. Früher haben wir nur gebacken, jetzt mixen wir auch. Liebste Grüße!

  2. Liebe Anna,
    Du hast vollkommen recht und es tut gut, dass zu lesen. Ich wundere mich auch oft über die Vehemenz, mit der einige der tatsächlich revolutionären Ideen “der Jugend” abgelehnt werden. Den Impuls vieles zu relativieren, in Frage zu stellen, seltsam zu finden, den kenne ich bei mir auch. Aber ich übe mich darin, zuzuhören. Und Deine Worte helfen mir sehr dabei. Denn es ist ja wirklich so: es ist ihre Welt, viel mehr als es unsere ist. Und es sieht nicht so aus, als würden sie das schlechter machen, als wir. Tatsächlich scheint mir das Gegenteil der Fall zu sein. Und das ist wirklich ein schöner Gedanke.

  3. Liebe Anna,
    So ein schöner Text und so wahr. Ich bin mit dieser Generationenthematik auf der Arbeit konfrontiert. Bizarrerweise gehöre ich dort (mit 42) zu den “jungen Leuten die meinen, alles besser zu wissen!” … ich nehme mit täglich vor, nie so zu werden und, genau wie du sagst, zumindest ein offenes Ohr zu haben und zuzuhören. Denn den „jungen Leuten“ gehört nun mal diese Welt heute schon mehr als uns.

  4. Dann kommentiere ich doch hier auch gleich noch drunter. ☺️
    Ich mag deine Sicht auf Teenies so sehr. Ich bin ja noch recht neu in diesem Teenager-Mama Ding, aber du machst mir so viel Lust und Mut und bist so ein tolles Gegengewicht zu diesem ganzen „hahaha ein Pubertier“ Gerede, was man sonst so hört.
    Das finde ich so anstrengend, dass ich mir mittlerweile meistens verkneife überhaupt noch zu erzählen, dass meine (Pre)Teens natürlich neben toll auch manchmal echt anstrengend und zum heimlich die Augen rollen sind, weil dann wieder so schwachfug kommt.

  5. Was für ein toller Text! Ich habe noch keine Teenies, aber bei dir wäre ich selbst gerne einer gewesen.

  6. Hallo,
    ich bin neu hier so ca. seit dem Sommer und ich mag deine Art zu schreiben und deine Ansichten in Bezug auf Teenies.
    Ich bin Mama von 13-jährigen Zwillingsjungs und mir hilft es sehr, die Veränderungen einzuordnen. Die Pubertät ist ja nicht nur für die Jungs neu, auch für mich…
    Viele Grüße unbekannterweise, ich freue mich auf weitere Texte.
    Marion

  7. Ich finde es so schön zu lesen, wie Du über Deine und die jungen Menschen um sie herum schreibst. Ich wünschte, ich hätte damals jemanden gehabt, der mir auch so zugehört hätte. Ich hatte meist das Gefühl, dass mich Erwachsene nervig bis anstrengend finden. Und ich hoffe, das mal besser zu machen, wenn meine Kinder Teenager sind.

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