Wir kennen das alle: die abendliche Routine mit unseren Kindern bestehend aus Umziehen, Waschen, Abendbrot, egal in welcher Reihenfolge, gerät gerne genau in dem Augenblick ins Trudeln, wenn es ans Zähneputzen geht. Die Berlinmittekids jedenfalls führen sich bisweilen auf, als wären sie genau dann auf Knopfdruck einfach wahnsinnig geworden und lassen sich die schärfsten Tricks einfallen, um mich zu überzeugen, sie hätten längst Zähne geputzt. Die Energie, die sie dafür aufbringen ist erstaunlich. Ich frage mich immer, wann sie begreifen, dass sie mit drei Minuten Zähneputzen längst schon durch wären, während sie sich stattdessen mit Zahnbürste-anfeuchten, Zahnpasta auf die Zähne schmieren (falls ich angehaucht werden will zum Beweis) und Wasser laufen lassen viel länger aufhalten. Nur um danach von mir entlarvt zu werden und doch Zähne putzen zu müssen. Aber sei’s drum.
Dass Kinder nicht begreifen, wie wichtig es ist, ihre Zähne zu pflegen, auch wenn es “nur” die Milchzähne sind, ist keine Überraschung. Sie verstehen ja auch nicht wirklich, warum sie sich die Hände vor dem Essen waschen sollen. Oder warum ein Flutschfinger zum Frühstück jeden Morgen keine gute Idee ist. Sie finden Zähneputzen einfach eine doofe Erfindung von Erwachsenen, die nur dazu da ist, ihnen ihre kostbare Zeit zu stehlen. Hilft aber nix.
Zahnpflege gehört zu den Dingen im Kinderalltag, die einfach routinemäßig passieren müssen, ob der Sinn nun erfasst wird, oder nicht. Es ist wie mit dem oben zitierten Händewaschen oder dem Anschnallen beim Autofahren. Während ich bei anderen Themen wirklich gerne mal locker lasse, gibt es bei dieser Art Dinge einfach überhaupt keinen Diskussionsspielraum. Zähne werden geputzt. Hände werden gewaschen.
Für das Putzen der Milchzähne ist die tägliche Routine sogar noch entscheidender, denn während sich mein Kind durch ungewaschene Hände vielleicht nur ein fieses Magen-Darm-Virus einfängt (und alle Eltern wissen, was ein Magen-Darm-Virus, weitergereicht innerhalb einer Familie anrichten kann!), hat mangelnde Zahnhygiene nachhaltigere Folgen. Ein Magen-Darm-Virus geht wieder vorbei. Kariöse Milchzähne ziehen aber viel weitreichendere Folgen nach sich. Abgesehen davon, dass die Zähne möglicherweise gezogen werden müssen, wenn sie stark befallen sind, kann vor allem auch der Zahnkeim darunter geschädigt werden, das heißt, die bleibenden Zähne kriegen das Kariesbakterium gleich mit drüber und sind beim Durchbruch möglicherweise schon geschädigt. Die Zahlen zum Kariesbefall bei Kleinkindern haben mich erschüttert. Solche Aussagen wie: “Ach, wir fangen demnächst dann mal mit Zähneputzen an, mein Kind will halt einfach nicht. Sind ja auch nur die Milchzähne…” (neulich gehört, das betreffende Kind war zwei Jahre alt), kann ich deshalb überhaupt nicht verstehen. Zahnhygiene ist bei uns kein verhandelbarer Faktor.
Und weil ich weiß, dass es anstrengend, ermüdend und nervig sein kann, die Kinder immer wieder zum Zähneputzen zu motivieren, kommen hier meine Tipps & Tricks zum Thema Kinderzähne. Weil es wichtig ist!
1. Milchzähne pflegen – vom ersten Zahn an
Wenn die Kinder noch klein sind und die ersten Zähnchen durchbrechen, sind wir Eltern eigentlich strategisch im Vorteil. Das ist nämlich das Alter, wo sie ohnehin ständig alles in den Mund stecken möchten. Warum sollten wir das nicht für uns nutzen? Es gibt diverse Anbieter von ersten Kinderlernzahnbürsten für die Milchzähne, die vor allem eine Funktion erfüllen: die Kinder daran zu gewöhnen, dass es da einen Zusammenhang gibt zwischen dem neuen Objekt in ihrem Mund und etwas, mit dem man sich daran zu schaffen machen kann. Ich persönlich habe für die ersten Milchzähne meiner Kinder immer die benutzt, die von der Form her einem Beißring nachempfunden sind. Das Umsteigen auf die klassische Bürste-am-Stiel-Form war dann der nächste logische Schritt. Der Trick besteht hier vor allem darin, dass die Kinder das “Putzen” von Anfang an kennen lernen, auch wenn sie es zunächst als Spiel verstehen.
Für alle diejenigen unter euch, die sich unsicher sind, was das Putzen der ersten Milchzähne bei Stillkindern angeht, habe ich übrigens einen tollen Link bei der Techniker Krankenkasse gefunden, der noch so einiges rund ums Thema Milchzahnpflege und Stillen zusammenfasst.
2. Spielerische Elemente und Belohnungssysteme
Wenn ich meine Kinder an etwas gewöhnen will und erreichen möchte, dass sie es möglichst von selber tun, kann ich in einem bestimmten Alter nicht damit rechnen, dass sie von selbst verstehen und einsehen würden, warum es wichtig ist, so etwas zu tun wie Zähne zu putzen. Deshalb sind spielerische Elemente wie bunte Zahnbürsten, die Lieblingsmotive auf den Zahnputzbechern, elektrische Zahnbürsten mit Melodien nach einer, zwei und drei Minuten und auch die Sanduhr, die man beim Zähneputzen so lustig umdrehen kann nie verkehrt. Die schönste Zahnbürste aussuchen zu dürfen beim Gang in den Drogeriemarkt, erhöht zumindest für die nächsten Durchgänge beim Zähneputzen die Motivation.
Zusätzlich machen es aber meiner Erfahrung nach Belohungssysteme bei so etwas immer wesentlich leichter. Für alle! Ich schrieb hier schon mal über das Perlensammeln als Beispiel für ein Belohnungssystem. Das ist das Prinzip, nach dem auch die Motivation fürs Putzen der Milchzähne funktionieren kann. Ich habe für die Kleinen dabei schon mal mit Sternenkarten gearbeitet, d.h. für jedes Mal Zähneputzen ohne Terror, Geschrei und Diskussionen wurde ein Stern pro Kind aufgeklebt. Bei sieben (oder wieviel man auch immer festlegen möchte) erreichten Sternen, gab es ein bisschen Extra-Vorlesezeit. Oder ein tolles Tattoo. Oder ich musste eine laaange Runde doofes Lotti-Karotti mit ihnen spielen. Wir haben vorher festgelegt, was die Belohnung sein würde, dann ging das Sammeln der Sterne los. Bei ganz voller Sternenkarte ( z.B. fünf mal sieben Sterne für eine Arbeitswoche, das kann man ja einteilen, wie man möchte) gab es einen gemeinsamen Besuch bei der Eisdiele um die Ecke. Funktioniert zumindest eine ganze Zeit lang und hat in jedem Fall den Effekt, dass während der Sternensammel-Phase sehr eifrig geputzt und damit gute Gewohnheiten etabliert werden.
3. Gemeinsam putzen: die Kleinen mit den Großen
Um eine Gewohnheit zu etablieren ist es natürlich außerdem wichtig, dass es gute Beispiele gibt. Sehen die Kinder, dass auch Mama und Papa sich regelmäßig die Zähne putzen, ist das für sie ein Ansporn, es ebenso zu machen. Am besten funktioniert das natürlich, wenn man tatsächlich gleichzeitig und gemeinsam putzt. Das ist eine Zeit lang vielleicht nervig, weil die Kinder ja z.B. in der Regel signifikant früher Zähne putzen und ins Bett gehen, als die Erwachsenen. Aber es macht einfach Sinn, nicht nur die Bereitschaft zu signalisieren, das gemeinsam zu tun, sondern auch die Gelegenheit zu nutzen, den Kindern zu zeigen, wie sie richtig putzen (Reihenfolge, wie lange etc.). Außerdem empfehlen Kinderzahnärzte, dass Eltern bis mindestens zum Alter von 9 Jahren nachputzen sollen. Das kann man dann gleich in einem machen. Denn so wie wir für die Gesundheit unserer eigenen Zähne verantwortlich sind, so müssen wir unbedingt auch bei den Milchzähnen unserer Kinder Prophylaxemaßnahmen ergreifen.
4. Feste Abläufe: Zähneputzen gehört dazu!
Soll das Putzen der Milchzähne zur routinierten Gewohnheit werden, helfen auch hier, wie bei allen anderen “Erziehungsthemen” feste Abläufe und Regeln, die möglichst immer eingehalten werden. Bei uns heißt das: die Zähne werden immer zu denselben Gelegenheiten geputzt (nach dem Frühstück, Mittag, Abendessen), der Platz fürs Zähneputzen ist immer derselbe (im Bad, am Waschbecken, nicht beim Herumlaufen etc.), jedes Kind weiß genau, wo alles ist (Zahnbürste, Zahnputzbecher, Zahncreme) und kennt die Reihenfolge und Abläufe gut. Am besten funktioniert das, wenn das Zähneputzen in bestimmte immer gleiche Abläufe eingebettet wird, z.B. das Abendprogramm: Abendessen, Zähneputzen, dann gibt es eine Geschichte. Wenn das immer so ist und für die Kinder einen verlässlichen Rhythmus hat, dann wird sich die lästige Pflicht des Zähneputzens ganz natürlich in den Abendablauf einfügen. Und wenn es danach z.B. die schöne Vorlesegeschichte gibt, ist die Motivation, das Zähneputzen zu erledigen wieder höher.
5. Competition: seid ihr schneller als ich?
Wenn meine Minions hier gar nicht wollen und alle routinierten Abläufe und Gewohnheiten nicht helfen wollen (wir Eltern wissen alle, wie oft das der Fall ist im chaotischen Familienalltag mit Kindern), dann spiele ich manchmal die Competition-Karte. Ich gebe zu, das mache ich nicht gerne, weil es grundsätzlich ein bisschen Unruhe bringt. Aber manchmal funktioniert es gut. Ich mache also die Ansage, dass es jetzt zum Zähneputzen geht und stelle ihnen einen Timer. Wenn ich zum Beispiel noch die Reste vom Abendbrot wegräumen muss und sie sollen in der Zwischenzeit putzen, dann stelle ich 7 Minuten ein und sage: “Ok, wer von uns zuerst mit seiner Aufgabe fertig ist: ihr mit dem Zähneputzen oder ich mit dem Aufräumen. Auf die Plätze, fertig, los!” Birgt natürlich die Gefahr, dass sie “drüber huschen” und nicht so gründlich sind, aber nachputzen muss ich ja ohnehin noch und so kann ich sie zumindest meistens motivieren, überhaupt erst mal anzufangen. Nicht geeignet, wenn ohnehin schon Unruhe und Trouble-Stimmung herrscht, das wird durch Zeitdruck nur verstärkt. Aber meine Kinder im Blödsinnsmodus bringt das oft wieder in die Spur, weil sie plötzlich wieder einen Fokus haben.
6. Überzeugungsarbeit für die (Pre-) Teens
Bei meinem Herzensmädchen sind all diese Tricks und Tipps vergebens. Sie lässt sich nicht austricksen, so gut wie nicht mehr in den Mund gucken (schon gar nicht JEDEN ABEND!) und möchte sowieso alles genau wissen und in Frage stellen. Sage ich, sie hätte nicht gut genug geputzt, fängt sie eine Diskussion über Sinn und Unsinn des Zähneputzens an. (Pre-) Teenager-Eltern kennen das. Bei ihr muss ich überzeugen, da hilft kein Timer und keine bunte Zahnbürste mehr. Ich versuche also eine Mischung aus langer Leine und Beweisführung. Sie putzt alleine, aber im Bad. Sie sucht sich selbst ihre Zahncreme/-bürsten aus, aber einmal am Tag muss sie elektrisch putzen (damit ich sicher gehe, dass es wenigstens einmal gründlich gemacht wird). Wenn sie mir nicht glaubt, dass ihre Zähne nicht gründlich genug geputzt sind, helfen die Färbetabletten, die Zahnbeläge sichtbar machen. Das haben wir einmal gemacht und es hat sie ziemlich geschockt, wie das aussah. Mal schauen, wie lange der Schreck seine Wirkung behält…
Unterm Strich ist die Putzmoral also altersgemäß zwar nicht so doll bei den Berlinmittekids, das Ergebnis ist aber in Ordnung, weil wir immer nachhalten, kontrollieren und nachputzen. Ich hoffe, dass meine Maßnahmen, das Zähneputzen als alltägliche Routine zu etablieren und in meinen Kindern so was wie einen Zähneputz-Automatismus auszulösen, möglichst lange funktionieren und sie dann, wenn sie selbst zuständig sind für ihre Zahngesundheit, gar nicht mehr daran denken, nicht zu putzen.
Wie haltet ihr es mit der Pflege der euch anvertrauten Milchgebisse? Und habt ihr noch andere Tricks auf Lager, die ihr hier teilen könntet?
Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit der Zahnarztpraxis Dr. Frank Seidel erstellt.
Last Updated on 29. März 2018 by Anna Luz de León
9 Comments
Bei uns hilft der Klassiker “Karius und Baktus” als Hörspiel sowie das Buch “Monster jagen” (oder so ähnlich) über einen kleinen Jungen, der mittels Zähne putzen die fiesen Zahnmonster verjagt. Ein süsses Buch. Unser 3jähriger liebt Bücher und Hörspiele, da hilft das ganz gut. Und sonst: Konsequenz und Ruhe bewahren – auf jede Anti-Zahnputzphase folgt auch irgendwann wieder Entspannung und unkomplizierteres Putzen – bis zur nächsten Phase…
Danke für den Beitrag!!!
Hallo Anna,
vielen Dank für diesen Blog, ich habe ihn durch Zufall entdeckt. Ich wollte das ewige Ermahnen und Meckern meinen beiden Kindern gegenüber nicht nur reduzieren, sondern auch bessere Wege finden, mit alltäglichen Konfliktsituationen umzugehen. So landete ich bei den 10 Punkten gegen drohenden Mama-Meltdown.
Seitdem lese ich mich so durch, bin jetzt im Oktober 2013 und lese die aktuellen Beiträge,so wie diesen.
Ich handhabe es so:
-mit Timer putzen, dann kann ich hören, ob die 3 Minuten eingehalten wurden und muss nicht immer daneben stehen
-morgens putzen die Kinder selbst mit der normalen Zahnbürste, abends mit der Elektrischen (können auch kleinere Kinder gut händeln)
-ab und zu, so jeden zweiten Tag putze ich abends komplett
-wir erzählen den Kindern immer von den “Zahnräuberchen”,die sich über die Essensreste auf den Zähnen freuen und dabei die Zähne mit anknabbern
-meisten putzen die Kinder nacheinander die Zähne, dann ist Quatschmachen und Gezanke schonmal abgestellt, zumal es meine Kinder beim Reden nicht stört, dass sie eine Zahnbürste im Mund haben…
Unterm Strich klappt es gut und wir haben fast nie mehr die Diskussion, OB die Zähne geputzt werden müssen.
Schließlich wollen sie ja auch Süßes essen, also müssen sie auch Zähne putzen…muss ich ja auch.
Ein schönes Wochenende und weiter so!
LG Bettina
Bei uns hilft leider nur gnadenlose Kontrolle. Das heißt Zähneputzen unter Aufsicht!
Das muss für Kinder etwas ganz fürchterlich schlimmes sein!
Wo bekommt man denn diese Zahnfärbetabletten? Die Idee finde ich super!
Liebe Grüße, Astrid
Hallo Anna!
Danke für deine tollen Ideen, die du mit uns teilst!
Die “Sternchenkarte” werde ich mir vielleicht klauen, bei uns ist im Bad zur Zeit allgemeine Verzögerungstaktik angesagt…
Eine zeitlang durfte mir meine Tochter auch immer nachputzen. Ich bei ihr, sie bei mir. Das war auch eine funktionierende Motivation.
Im Moment klappt es mit der Sanduhr eigentlich ganz gut und abends wird noch mal nachgeputzt.
sonnige Grüße,
Eva
Ja ich glaube auch Punkt 2 (Belohnung) funktioniert bei unserer Kleinen immer noch am besten
Der Link zum Thema Stillen und Zähne hat mich gerade sehr erleichtert, vielen Dank dafür!
Tja, bei uns haben alle Tricks nicht genützt und es ging dann eine Zeit lang nur noch mit nackter Gewalt- das kind zwischen den beinen festklemmen und putzen, während es brüllt wie am Spieß. Da ist wenigstens der Mund offen. Irgendwann wurde dann kapiert, dass man nicht drum herum kommt und es erträgt, ruhig oder unter Theater. Jetzt klappt es gut, bei der großen sogar inkl. Zahnseide. Aber ich bin sicher, dass manche Eltern sich das nicht trauen bzw. Antun wollen und die Zähne dann eben hin sind.
Immer wieder erleben wir Kinder mit starker Zahnarztangst, weil sie in der Vergangenheit schmerzhafte Erfahrungen bei Zahnbehandlungen erleiden mußten. Wir bieten unseren kleinen wie großen Patienten dann die Behandlung in Tiefschlaf durch Sedierung an. Somit nehmen wir gleichzeitig allen unseren Angstpatienten langfristig die Angst vor der Zahnbehandlung.
Hallo, ja das Thema ist bei uns auch immer aktuell. Wir versuchen die Motivationssteigerung gerade mit einem Zahnputzaufsatz mit App anzukurbeln (gefunden auf: http://www.elektrische-zahnbuerste-kinder.de/) . So wie es momentan aussieht funktioniert es ganz gut. Das ganze ist dann für die Kinder mehr wie “Spielen” und zur Zeit klappt es echt prima. Nachputzen natürlich nicht vergessen :-) Liebe Grüße