Wir kennen ihn alle, er ist am Wochenende überall: der Samstagsmann.

Der Samstagsmann ist Familienvater, sehr berufstätig und in allen Belangen des Privatlebens wahnsinnig engagiert. Durch sein berufliches Eingespanntsein unter der Woche (er ist häufig in diversen Regionen und Städten unterwegs, was durch regelmäßiges Einloggen in Flughafenlounges und dem Posten von Flugzeugfotos, Bahnhöfen, ICE-Steckdosen und Bildern von Konferenzräumen in den einschlägigen Netzwerken belegt ist), gerät er am Wochenende in eine Art Familientaumel und widmet sich mit geradezu manischem Eifer den Aktivitäten rund um Haus, Garten, Familie und Kinder.

Ich selbst habe einen solchen Samstagsmann und kann das Treiben quasi jedes Wochenende bei mir zu Hause beobachten. Da ich aber inzwischen genügend Recherchen betrieben habe, um es als ein gesamtgesellschaftliches Phänomen einzuordnen, möchte ich heute hier meine jahrelangen Studienergebnisse teilen.

Auftreten und Verbreitung: Wo treffen wir den Samstagsmann?

Der Samstagsmann wacht an jedem Samstag auf und hat schon eine Liste mit Dingen im Kopf, die er tun möchte. Das beginnt typischerweise mit Kaffeemachen und aktivistischem Brötchengehole mit sämtlichen Kindern. Was vordergründig wie eine nette Angewohnheit aussieht, bei der die Frau des Samstagsmannes theoretisch ja gemütlich im Bett bleiben könnte, artet aber allsamstäglich aus zu einer geräuschintensiven Unternehmung, bei der Zöpfe gemacht, Hosen mehrfach zugeknöpft, Daunenwesten gesucht und noch schnell Meerschweinchen geschmust werden, gerne auch untermalt von lauten Radiogeräuschen, Gesinge oder Gepolter von Gummistiefeln auf der Treppe.

Wir treffen den Samstagsmann also zu allererst beim örtlichen Bäcker. Ein weiterer häufiger Aufenthaltsort sind Supermärkte, Wochenmärkte und Biometzger, wo die Samstagsmänner, ebenfalls oft wieder in Begleitung ihrer Kinder, fachmännisch die richtigen Dinge für die Versorgung der Familie auswählen. Dabei werden wieder lautstarke Demonstrationen der eigenen Versorgerrolle getätigt, wie Rosinenbrötchengekaufe und Wiener-Würstchen-Geteile für die Kinder.

Wenn der Samstagsmann ohne seine Kinder unterwegs ist, trifft man ihn eher in den einschlägigen Baumärkten oder in der Metro, wo er ungehindert unsinnige Mengen von Lebensmitteln, Schrauben, diversen Hölzern, Adaptern oder  Leuchtmittel in verschiedenen Ausführungen an sich bringen und nach Hause schleppen kann.

Hat der Samstagsmann einen Hund, so ist auch der Hund an den Aktivitäten beteiligt und er sucht außerdem Orte wie Hundeplätze, einschlägige Wiesen zur Erledigung des Geschäftes oder Fachgeschäfte für Tierbedarf auf. Der Samstagsmann trägt selbstverständlich die Hundeleine bei diesen Gelegenheiten lässig um den Hals geschlungen und oft auch fancy Gadgets in der Hand wie eine Wurfschleuder für den Hundeball.

Ebenfalls häufige Aufenthaltshorte des Samstagsmannes sind Spielplätze, Cafés in und an Parks und in Berlin das Tempelhofer Flugfeld. Ausgestattet mit Inlineskates, Fahrrad oder Bällen, in der Hand einen Kaffeebecher oder eine Drachenschnur, gibt sich der Samstagsmann hier der Beschäftigung mit seinen Kindern hin. Oftmals kann man eine Art Partnerlook zwischen Samstagsmann und Kindern beobachten wie etwas zur Zeit die Familiendaunenweste über einer Fleecejacke als Samstagsoutfit.

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Aus dem Instastream von @heliumkiffer: der urbane Samstagsmann mit Kind auf dem Tempelhofer Flugfeld

Die verschiedenen Typen: der urbane Samstagsmann, der häusliche Samstagsmann und der Naturbursche

Der Samstagsmann kann in vielen verschiedenen Ausprägungen auftreten. In Berlin ist am häufigsten der urbane Samstagsmann anzutreffen, der neben der Wochenendversorgung der Familie typische städtische Unternehmungen durchführt: er fährt mit seinen Kindern mit der Bahn in den Zoo, wo er sie im Bollerwagen hinter sich herzieht oder er besucht Kinos, Kindermuseen und das Legoland. Der urbane Samstagsmann zeichnet sich vor allem durch ausgeprägtes Interesse an kulturellen Veranstaltungen aus. Er liest einschlägige Magazine und Internetseiten, weiß, wo es Seifenkistenrennen, Laternelaufen, Museumsaktivitäten und Kinovorstellungen gibt und ob sich die Aktivitäten mit dem Besuch einer nahe gelegenen Pommesbude kombinieren lassen. Außerdem rottet sich der urbane Samstagsmann gerne mit anderen Samstagsmännern zusammen und verabredet sich beispielsweise zum Vater-Kinder-Fußballspielen im nahegelegenen Park oder zum Vater-Kinder-Besuch auf dem Weihnachtsmarkt.

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Der Samstagsmann als Soccerdad

 

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Lehrreiche Museumsbesuche mit dem urbanen Samstagsmann

 

Der häusliche Samstagsmann kehrt typischerweise nach dem Erledigen der Wochenendversorgung wieder nach Hause zurück. Er sucht sich eher Aktivitäten aus, die ihn nicht zu weit von seinem Revier entfernen. Der häusliche Samstagsmann backt Kuchen oder räumt die Garage auf, er fegt Blätter und zupft im Garten herum, fasst Pläne, wie die Rosen hoch zu binden oder die Beleuchtung der Balkone durch zu führen seien und fachsimpelt mit dem Nachbarn über den besten Grill. Er schnitzt Kürbisse mit den Kindern, mäht den Rasen und baut einen Auslauf für die Meerschweinchen/Hasen o.ä. und macht auch gerne “Ordnung” im Haus. Der häusliche Samstagsmann kommt auch schon mal auf die Idee, es sei die ganze Woche keine Wäsche gewaschen worden und es sei dringend nötig, dass er das jetzt übernehme. Typischerweise nimmt der Samstagsmann sich jedes Wochenende vor, den Haushalt neu zu organisieren und bleibt dabei in der Regel irgendwo im ausklingenden Samstagabend stecken.

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Beerenlese im Garten mit dem häuslichen Samstagsmann

 

Eine weiter Besonderheit des häuslichen Samstagsmannes, ist seine Vorliebe für Gesellschaftsspiele, Modelleisenbahnen und Lego. Er nötigt seine Kinder regelmäßig, mit ihm Monopoly o.ä. zu spielen, schlägt als gemeinsame Unternehmung gerne Brettspiele vor und liebt es, an Weihnachten die Carrerabahn seiner Kinder stundenlang aufzubauen. Später streitet er sich dann mit ihnen, wann er wieder dran ist mit Fahren.

Der Naturbursche ist eher in den Suburbs und auf dem Lande zu finden und ist die Art Samstagsmann, die wir hier in Berlin als Rarität bezeichnen würden. Der Naturbursche schleppt seine Kinder ins Freie, wann immer er kann. Er trägt im Partnerlook mit den Kindern Gummistiefel und Funktionskleidung und hat in seiner Jackentasche immer ein Taschenmesser und einen Ball für den Hund. Die Hundeleine ist dem Naturburschen als Accessoire an der Jacke festgewachsen. Der Naturbursche macht Fahrradtouren mit seinen Kindern, bei denen er sie im Anhänger überall hin fährt, sofern sie noch nicht selbst Fahrradfahren können. Er plant für die Samstage gerne ausführliche Ausflüge mit irrationalen Ausmaßen und bevorzugt eine möglichst unzivilisierte Umgebung. Er macht gerne Lagerfeuer, zeltet mit seinen Kindern und schneidet sich mindestens einmal pro Wochenende in die Hand, bei dem Versuch, aus Naturmaterialien irgend ein lustiges oder nützliches Spielzeug zu bauen.

Diese hier vorgestellten Typen sind natürlich Prototypen und kommen selten in der oben geschilderten Reinform vor. Meistens handelt es sich bei den Samstagsmännern um Mischformen aus mehreren Typen. So nenne ich zum Beispiel einen urban-häuslichen Samstagsmann mein eigen.

Vorkommen in virtueller Umgebung: der Samstagsmann im Netz

In meinem gut ausgebauten Social Media-Netz kann ich den Samstagsmann in den letzten Jahren auch virtuell immer häufiger beobachten, so dass ich meine Studien dieses Phänomens auf allen Kanälen durchführen konnte. Die Spuren aller Formen von Samstagsmännern im Netz finden sich vor allem in Bildform. So häufen sich Samstags vor allem in den Instagram- und Facebook-Profilen der Männer die Fotos von selbst gebackenen Kuchen (morgens um 8h), der Warteschlange beim Bäcker (8:30h), der Gummistiefelparade der Kinder in der Schlange beim Bäcker (8:31h), Ausblicke auf Marktstände (8:46h), dem ersten Kaffe am Spielplatz (9:13h), den eigenen Gummistiefeln oder Timberlands mit Hundeschnauze daneben (10:02), vollen Einkaufswagen (11:48h), dem Drachen in der Luft/den Inlineskates/dem Fahrradanhänger/dem Eingangsschild vom Zoo/der aufgeräumten Garage/random (14:12h) undsoweiter.

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Eine typische Verhaltensweise des Samstagsmannes im Netz ist das Aufspüren und Kommentieren der Bilder seiner Artgenossen in sozialen Netzwerken. Die Art der Kommentare und die darauf folgende Verkumpelung des Samstagsmannes mit Seinesgleichen wäre wieder eine eigene Studie wert.

Mein Samstagsmann ist gerade mit dem Pre-Teen beim Frisör, eine Aufgabe, die eigentlich nicht typischerweise dem Samstagsmann zuzuordnen ist. Vielleicht gehört meiner noch mal zu  einer ganz besonderen Spezies?

Mir ist ja bei der Recherche für diesen Artikel aufgefallen, das auch mein eigener Vater schon ein Samstagsmann war in meiner Kindheit. Wie war das bei euch? Und wie ist heute? Habt ihr auch einen Samstgsmann? Oder kennt ihr welche?

signatur

 

Gewidmet René K., Alexander H., Nico L., Frank W. und all den anderen wunderbaren Vätern da draußen. Und natürlich meinem höchst eigenen Samstagsmann. Markus, du bist der Beste.  

10 Comments

  1. Mein Papa war auch ein Samstagmann. Er war jeden Samstag im Supermarkt anzutreffen, wo er uns erlaubte, Dany&Sahne Puddinge in den Einkaufswagen zu legen, was bei der Mutter undenkbar war (Naturjoghurt, nix anderes).

    Sehr nette Idee! <3

  2. Christoph Martius Reply

    V.a. müssen wir Samstagsmänner uns davon am Sonntag erholen;)

  3. Herrlich gelacht. Bin sowohl mit einem Samstagsmann verheiratet, als auch Tochter eines Samstagsmanns. Momentan wird mein Samstagsgöttergatte schwer auf die Probe gestellt. Da ich mir den Fuss gebrochen habe, muss er Samstags dann doch einiges erledigen, was normalerweise nicht in sein Samstagsprogramm gehört. Heute war er zB mit dem Töchterchen Winterschuhe und Turnschläppchen kaufen. Oder auf dem Markt muss er nun den ganzen Wocheneinkauf tätigen und nicht nur den Fisch und noch ein paar Mandarinen, weil die so lecker waren.

  4. ann rosa lux Reply

    <3 …. ich hatte noch nie einen samstagsmann…… mein ex war immer so wenn er frei hatte….. und der neu mann …. macht einfach ma nur schön essen und ruht sich aus…… wir beide sind grottenmolche…… und gehen am liesten am samstag und sonntag nicht aus..dem haus…. und sind auch gern die ganze zeit im nachtpolter …. herrlichst…. und das kind…. wird auch schon so…. grottmolchsamstagssonntagsband….. <3 … love ann

  5. Clumsy Mamal Reply

    Meiner schlägt etwas aus der Art. Er ist der selbständige, urbane Samstagsmann, der mindestens jeden zweiten Samstag noch arbeiten muss, sonntags auch. Daher ist er eher selten auf Spielplatz oder im Wald anzutreffen und aus diesem Grund leicht überfordert, wenn er mal alleine mit beiden Kindern auf einen Spielplatz gehen soll.
    Wenn er frei hat, ist er nicht nur in Begleitung der Kinder sondern auch seiner Frau (mir) anzutreffen und wir machen dann Einen auf Samstagsfamilie. Auch so ne Kuriosität ;)

  6. Ich hätte auch gerne einen Samstagsmann.Mein Mann ist Gastronom, da gibt es keine Feierabende und Wochenenden. Ich bin Tochter eines Samstagamannes. Das war immer schön. Er war auch unter der Woche unterwegs und am Samstag haben wir es genossen mit ihm alles nachzuholen. Und er erledigt den Wocheneinkauf, von Gartenarbeiten rede ich gar nicht erst.
    LG Stefanie

  7. Bei uns gibt’s keinen Samstagsmann. Der Mann schläft am Wochenende aus (d.h. grundlos ist er vor 12 Uhr nicht aus dem Bett zu bewegen), da er unter der Woche der Hausmann ist. Vielleicht bin ich ja dann die Samstagsfrau? Allerdings verfalle ich nicht in Aktionismus oder nur in zweckmäßigen Aktionismus. Nach dem Motto: Was mach ich jetzt mit der Brut, dass sie sich nicht permanent streitet und die Wohnun zerlegt?!

  8. ich mache zwar auch viele dieser typischen Samstagsmann-Dinge (Wochenendeinauf und schön Kochen z.B. ), aber ich kümmere mich auch in der Woche regelmäßig um solche Dinge. Und demnächst bin ich hoffentlich gar kein Samstagsmann mehr, denn meine Frau geht auf Vollzeit und ich (hoffentlich) auf Teilzeit, obwohl ich mehr verdiene.

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