Der Montagmorgen ist mein Feind. Immer schon. Und seit ich ein schulpflichtiges Kind habe, das auch noch einen Bus pünktlich erreichen muss, erst recht. Und da der Montagmorgen mein Feind ist, ist er auch der Feind meiner Kinder. Manchmal, kurz bevor ich mir selber leid tue, tun mir meine Kinder leid, wenn ich montags morgens hier die Nerven verliere, weil der Laden nicht läuft.

Aber meine Kinder sind schlau und haben ihren eigenen Umgang mit ihrer Montagsmutter (oder Morgenmutter? Oder beides? Wie auch immer.). Da reicht das Repertoire von Ignorieren über Schmeicheln bis hin zu der von mir am meisten gefürchteten Nonsense-Offensive. Damit drohen sie nämlich regelmäßig, mir den Verstand zu rauben. Und das geht so…

Die Kinder frühstücken, das heißt sie sitzen nebeneinander, trinken Kakao, gucken auf ihre Brote/Müslis/random und sagen mir, dass sie ü-ber-haupt keinen Hunger haben. Dass sie, wenn schon, dann was ganz anderes frühstücken wollen. Vorzugsweise etwas, das nicht im Haus ist oder nicht in Frage kommt wie Schokokuchen, Smarties, Fleischsalat-auf-Laugenstange. Herrje. Außerdem knuffen sie sich ständig gegenseitig mit den Ellenbogen (oder Bogenellen, wie mein Sohn bis vor kurzem noch sagte) und fangen dann an zu schreien:

“Schubs mich nich!”
“Hab ich gar nich!”
“Hast du wohl!”
“Hab ich nich!”
“Ich sag’s jetzt…!”
“Du Petze!”
“Ich bin keine Petze!”
“Bist du wohl!”
“Mama, der/die hat gesagt, ich bin ne Petze….!” Undsoweiterundsofort.

Und ich komme mir vor wie so ein altes Mantra, oder eher, eine Schallplatte mit Sprung, nein: wie eine Idiotin, die permanent dasselbe sagt. “Hörtaufeuchzuzankenkinder. Frühstücktbittefertigkinder. Beeildichgretchendumusstzumbus. Gehtihrbittezähneputzen. Schubsdeineschwesternichtmarius. Rosannawartebitteeinenmoment. Gehteurezähneputzen. Esgibtjetztkeinemuffins. Neindukannstkeinesandalenanziehenesregnet. Holbittediehaarbürste. Waschdirdieschnute. Dochdubrauchsteinejacke. Beeilteuchbittederbus…..” Eine Endlosschleife. Das ist natürlich nicht nur montags so, sondern im Prinzip jeden Morgen. Nur montags… schaff ich das noch nicht. Dienstags geht besser und am besten bin ich donnerstags. Quasi eingegroovt ins Morgenbusiness.

Aber zurück zur Nonsense-Offensive, die vor allem dann greift, wenn sie Bande den Schauplatz gewechselt hat und unbeobachtet im Badezimmer mit Zahnpasta und Wasser hantiert. Während ich also die Snackboxen und Trinkflaschen befülle und in die dazugehörigen Rucksäcke/Schulranzen stecke, höre ich folgende Dialoge:

“Wusstest du, dass Mamas Passwort am Laptop Donald Duck ist?”
“Echt? Nee. Aber wusstest du, was Donald Duck kann? Der kann sich sooo tief den Finger in den Hals stecken, guck….”
(würgende Geräusche, dann Keuchen)
“Siehst du?”
“Iiih, nee, mach das nicht, dann kotzt du!”
(Ich zähle derweil in der Küche innerlich gaaaanz ruhig bis 21, bevor ich mich anpirsche, um Schlimmeres zu verhindern.)
“Nee, ich kotz nich, das hab ich von Donald Duck abgeguckt, der kotzt nie!”
“Also ich finde kotzen ist das Ekligste überhaupt. Außerdem sagt man spucken.”
“Ja, das sagt mein Kumpel Liam auch. Aber eigentlich isses Quatsch. Man spuckt ja keine Spucke. Man spuckt Kotze!”
“Stimmt. Komm jetzt runter vom Klo, ich muss auch nochmal.”
“Ok. Aber ich hab Kacka. Putzt du mich ab?”
“Ok. Donald Duck ist echt cool, oder? Beug dich mal vor.”
“Ja, der kann sich am tiefsten den Finger in den Hals stecken….”

Und dann komme ich, ein ewiger weiblicher Sysiphos, der ständig denselben Felsen auf den Berg raufrollt und lobe die Große, dass sie ihrem Bruder den Popo abgewischt hat (kontrolliere das Ganze zur Sicherheit nochmal), ermahne beide zum Händewaschen (was wieder unwilliges Protestgejammer hervorruft) und drücke ihnen ihre Zahnbürsten in die Hand. Ich versuche gar nicht erst, zu verstehen, wie es zu dieser Donald-Duck-Episode kommen konnte, am frühen Morgen in unserem Bad. Wer weiß, was diese Ente alles kann? Manche Dinge hinterfragt man besser nicht und lässt sie völlig unkommentiert. Das ist die beste Methode, mit der Nonsense-Offensive umzugehen. Sonst würde ich eigentlich wahrscheinlich einfach nur verrückt werden. Ich tue also, als wäre nix.
Während hinter mir im Nachthemdchen und mit Schmusepuppe unterm Arm ein strubbeliges Minimädchen steht und doziert: “Also ich, die Kleinste, muss noch warten mit dem Zähneputzen bis ihr Großen weg seid. Wir sollen uns nämlich nicht im Bad so stapeln, sonst wird die Mama auch so ausgeflippst.” Gekicher vor und hinter mir.

Allet klar. Die ausgeflippste Montagmorgenmama ist psychisch schon erschöpft, bevor der Tag richtig angefangen hat und sieht vor ihrem inneren Auge kotzende Enten mit Matrosenmützen, die ihren Kindern die Popos abwischen und Zahncreme auf Haarbürsten schmieren.

Am besten wird sein, ich lache mit. Sonst merken die noch, dass sie mich wieder fast so weit hatten.

Last Updated on 18. Oktober 2013 by Anna Luz de León

3 Comments

  1. Juliane Zilske Reply

    :D Liebe Anna, ich bin froh, dass es nicht nur mir Montagmorgen oder Alletagemorgen so geht. Ich glaube es ist überall so. Auch ich bin den ganzen Morgen nur am ” singen”
    Jonikommbittezähneputzen
    Ziehdichanwirmüssenlos
    Jonimachbitteichkommzuspätaufarbeit
    Und für die Großen
    Ichweißnichtwodudeinesporthosehast
    Dumusstnochsockenimschrankhaben
    Vergissdeinenschlüsselnicht
    usw…..
    Ich lese schon ne ganze Weile deinen Blogg. Großes Lob, du machst das ganz toll und schreibst mir ganz aus dem Herzen. Ich könnte es nur nicht so schön formulieren. Mach weiter so, wir freuen uns schon darauf. GLG aus Leipzig

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