Berlinliebe, trotz allem | Morgenseiten 33/34

Ich vermisse den Darß seit dem Moment, als wir ins Auto gestiegen und losgefahren sind. Wahrscheinlich schon vorher. Und wahrscheinlich wird das nie anders sein, wenn ich nicht dort bin. Ich hatte das Gefühl, die Stadt überhaupt nicht zu vermissen. Aber natürlich stimmt das nicht, denn wir waren keine 24h hier, da kickte die Berlinliebe wieder hart.

Wir sind am frühen Samstagabend losgefahren und waren gegen neun Uhr zurück in Berlin. Dann folgte das, was niemand mag, wenn es ums Heimkommen nach den Sommerferien geht: Dreckwäsche, das Verräumen von Klamotten, Kühlschrank füllen, tausend Schuhe und Taschen und Jacken wegsortieren undsoweiter.

Sonntags haben wir dann den Garten auf Vordermann gebracht und alles für den Start in die neue Woche vorbereitet (immerhin die Große musste wieder zur Schule). Zum Abschluss der Ferien hatten wir beschlossen, essen zu gehen. Nicht einfach nur in die Lieblingspizzeria, sondern in einen Laden am Wasser, wo wir noch nie waren, den Freischwimmer. Und  bereits während wir auf unseren reservierten Tisch warteten, war ich schon wieder voll drin in meiner tiefen Berlinliebe.

Der Freischwimmer liegt in Kreuzberg direkt am Wasser und wir saßen draußen auf der Holzterrasse mit Blick auf den gegenüberliegenden Club der Visionäre und diverse Industriegebäude auf der anderen Seite. Für mich war da mit einem Schlag alles präsent, was ich an Berlin so liebe, wenn Sommer ist: fette Beats aus dem Club der Visionäre, lockere Atmosphäre ohne Chichi und dieses entspannt Unperfekte des Ambientes, Leute in allen Größen, Formen und Farben und nicht zuletzt sehr gutes Essen.

Wir waren als Familie da und hatten den kleinen Hund dabei, der schon längst nicht mehr körperlich klein ist, wir spielten Karten und tranken Lolas (Roséschorle mit Minze, sehr lecker), aßen Halloumiburger und Thunfisch-Sashimi und gelbe Beetesalat mit Ziegenkäse und Knobigarnelen und Flammkuchen zu den Clubklängen von gegenüber und die Sonne ging allmählich unter und tauchte das Wasser in spiegelglattes warmes Sommerlicht – mein Berlinherz ging auf wie ein Stern am Kreuzberger Nachthimmel.

Der Darß wird immer mein Herzensort sein, mein Kraftort, mein Fluchtpunkt. Ich werde die Eiche und die Ostsee immer vermissen, wenn ich nicht dort bin. Aber Berlin ist ebenso unser Zuhause und es ist einfach wunderbar, nach so vielen Wochen in Prerow zu spüren, dass unser Herz für die Stadt schlägt wie eh und je.

Dankbarkeit pur, für alles. Was für ein Sommer.