Die Freitagslieblinge sind dran und wir sind auf einmal schon mitten im November. Ich weiß, ich schreibe das oft, vielleicht liegt das am Älterwerden, aber mir kommt es so vor, als fließt mir die Zeit durch die Finger wie Sand.
Heute fange ich mit der Lieblingsserie der Woche für die Freitagslieblinge an, aber heute ist es keine Serie, sondern ein kleiner Dokumentarfilm, der mich sehr berührt hat.
“Strike a pose”, veröffentlicht 2016 auf der Berlinale, heißt der Film von Reijer Zwan und Ester Gould und bezieht sich damit auf Madonnas berühmte Blonde Ambition Tour von 1990 bzw auf die 7 jungen Tänzer, die mit ihr auf dieser Tour waren. Wer sich noch erinnert, auch zu der Tour gab es einen Film, in der deutschen Fassung hieß er “In Bed With Madonna”, in dem das Geschehen rund um die Tour und hinter den Kulissen gezeigt wurde. Dabei wird vor allem eine innige, familienähnliche Beziehung zwischen ihr und den damals sehr jungen Tänzern gezeigt. Es war lustig, intim, nahbar, kreativ und offen: die Homosexualität von sechs der sieben Tänzer wurde offen gezeigt, Madonna nutzte die Tour außerdem für HIV awareness. Aber als die Tour zu Ende war, zerbrach auch dieWahlfamilie, auf die jungen Tänzer wartete eine ernüchternde Zeit des Drogenabusus, drei verklagten Madonna aus unterschiedlichen Gründen, einer – starb sehr bald an Aids.
Der neue Film bringt die sechs übrigen nach 25 Jahren erstmalig wieder zusammen und thematisiert all das, was damals geschah sowie die Lebenswege der Tänzer seitdem. Es ist berührend, traurig und hoffnungsvoll zugleich, zu sehen, was aus ihnen geworden ist und wie sie einander wieder begegnen. Ich kann den Film vor allem all denen empfehlen, die wie ich zu Zeiten von Blonde Ambition all das mitverfolgt haben. Ich verbrachte den Sommer 1990 in einer Sprachschule an der französischen Côte d’Azur und in den Clubs, die damals noch Diskotheken hießen, wurde zu Madonna gevoguet wie verrückt. All das gehörte zur Jugendkultur: die Klamotten, die Musik, der Tanzstil… Dieser Film ist wie eine Nachlese dazu und hat mich echt bewegt.
Mein Lieblingsbuch der Woche hat mir mein lieber Kollege Christian Gaca von Von Guten Eltern geschickt. Sein im Oktober bei GU erschienenes Buch Papipedia* ist ein Begleiter für alle Väter, die sich auf die Herausforderung des Elternseins vorbereiten möchten. Als Vierfach- und Vollblutpapa hat Christian einen Ratgeber für alle Väter geschrieben, denen Elternschaft mehr bedeutet, als am Wochenende auf den Spielplatz zu gehen oder mit dem Kind ein Baumhaus zu bauen. Er schreibt über Schwangerschaft und Geburt(svorbereitung) sowie über alle Themen fürs erste Jahr mit Kind aus Expertensicht: schließlich hat er das Ganze selbst viermal durchlaufen und ist als Ehemann einer Hebamme ohnehin dicht am Thema Baby dran.
Ein schönes und persönliches Buch, dass trotz vieler wichtiger und guter Infos niemals belehrend oder flach ist. Und vielleicht ein schönes Geschenk zu Weihnachten für werdende Väter…?
Mein Lieblingsessen der Woche habe ich auf Wunsch der Kinder seit langem mal wieder gekocht. Es ist unsere Familienlieblingssuppe, die Cranzer Bohnensuppe, die mit Kartoffeln, Bohnen, Kefir und Speck gemacht wird. Sie ist außerdem eins der Rezepte, die ich bisher durchaus noch nicht vegetarisch angepasst habe – es schmeckt ohne den Speck einfach nicht richtig. Die Veggiekids mussten sich den Speck also rauspicken, was natürlich ein bisschen mühsam und außerdem auch irgendwie “gepfuscht vegetarisch war”. Genau deshalb gab es die Suppe auch so lange nicht. Aber ich probiere an der Anpassung herum.
Für dieses herbstliche Wetter ist sie jedenfalls genau richtig und wird hier sehr geliebt. Ein Highlight auf dem Familientisch für (fast) alle! Das Rezept für Cranzer Bohnensuppe findet ihr hier.
Meine Inspiration der Woche habe ich mal wieder bei Instagram gefunden.
Schon länger folge ich da dem Account Softie Offiziell, wo es um Queerfeminismus geht. Eigentlich werden alle relevanten Themen behandelt, der Blickwinkel ist aber ein queerfeministischer. Es geht um Offenheit und Vielfalt und ich konnte dort schon viele Themen sehr differenziert aufgegriffen finden.
Gerade bewegt mich aber ein kurzes Video, in dem Eltern eines Transkindes zu Wort kommen. Sie erzählen sehr unaufgeregt davon, wie es für sie als Eltern ist, den Weg ihres Kindes zu begleiten. Wie es war, als das Kind sich erstmalig erklärt hat und wie sie mit ihrem Kind gemeinsam die Prozesse von Erkenntnis, Anerkennung (auch im Umfeld und in der Familie) und schließlich auch der geschlechtsanpassenden OP durchlaufen haben. Dabei kommt vor allem eins zum Ausdruck: ihre bedingungslose Liebe zu ihrem Kind, die nichts mit dessen Geschlecht zu tun hat, sondern genau davon unabhängig ist.
Ich finde, das Video sollten alle Eltern von Transkindern sehen. Und ich wünsche allen Transkindern, -jugendlichen und -erwachsenen, dass sie solche Eltern und Familien haben.
Mein Lerneffekt der Woche hat mit dem Blog zu tun.
Bereits am Sonntagabend schrieb ich über die (bildungs)politische Verantwortung, die ich mindestens gegenüber meinen eigenen Kindern spüre und wie wir als Eltern immer wieder versuchen, dieser gerecht zu werden. Das ist oft gar nicht so einfach. Und an den Reaktionen, Emails, Direktnachrichten auf Instagram, wo ich diese Gedanken ebenfalls geteilt habe, kam ich gleich schon in die Situation bzw fühlte die Dringlichkeit, das genauer erläutern zu müssen. Was ich dann wiederum mit dem Text “Schwierige Zeiten” von Montag getan habe.
Auch darauf waren die Reaktionen sehr gemischt. Ich verstehe das, aber ich habe für mich beschlossen, weiterhin a l l e Themen aufzugreifen, die uns hier beschäftigen und von denen ich denke, dass sie einfach alle was angehen. Dass ich meine Plattform dafür nutzen sollte, Themen anzusprechen, die möglicherweise unter “schwierig” eingestuft werden. Und dass mir das viel zu wichtig ist, um es zu unterlassen und damit irgendwelchen Erwartungen zu entsprechen. Das kann ich einfach nicht.
Es gibt also weiterhin den bunten Mix hier, Bullerbü neben schwierigen Texten, Alltagsthemen neben kontroversen Themen. So ist das. Und es fühlt sich richtig an.
FRAGEFREITAG…
… hu, der hat mir wieder mal schöne Fragen beschert! Danke dafür! Mal schauen, wie ich die alle gut beantworten kann.
Kerstin hat mich daran erinnert, dass ich mal über die Pflichten der Kinder im Haushalt schreiben wollte – das habe ich nicht vergessen, nur bin ich da im ständigen Versuchsmodus, wenn ich ehrlich bin, so dass ich nicht so richtig einen Erfolgsbericht schreiben könnte oder sowas Ähnliches. Aber vielleicht ist genau das interessant? Ich hab’s im Kopf, danke für den Reminder!
Simone und Tanja haben beide Archie in den Stories und hier auf dem Blog entdeckt und möchten mehr wissen. Also. Ich bin mit Katzen aufgewachsen und habe sie in meinem Erwachsenenleben immer vermisst. Als die Kinder klein waren, kam mir das nicht wie eine gute Idee vor und ich bin auch lange vor der Verantwortung für ein weiteres Lebewesen zurückgeschreckt, das auch unsere Reiselust einschränken würde. Aber die Große wünscht sich ein Kätzchen, seit sie sprechen kann und das Thema war unterschwellig immer da. Nach den langen Ostseesommern mit Pferden, Hunden und Katzen ist die Sehnsucht immer besonders groß und so war es auch in diesem Jahr. Da für ein Pferd keine Zeit und kein Platz da ist, ein Hund mir zu viel Arbeit ist (die definitiv an mir hängenbleiben würde, wie wir alle wissen), war das Thema Katze wieder ganz präsent und plötzlich war da Archie, übrig geblieben aus einem Wurf Hauskatzen, auf der Suche nach einem Zuhause… und das sind wir. Und wir könnten nicht glücklicher mit ihm sein!
Annie fragt nach Aufläufen für Fleischesser und Fleischvermeider und das ist ja sehr tricky – wenn mal Fleisch im Auflauf ist, ist das ganze Ding ja für die Veggies der Familie schwer essbar, daher ersetze ich in den Aufläufen das Fleisch jetzt meist durch mehr Gemüse. Ich verblogge mal meine Käsekartoffeln, wo ich inzwischen das Schweinefilet rauslasse und mir dafür andere Dinge habe einfallen lassen. Danke für die Inspiration!
Auch Gaby fragt nach Archie und dem Zusammenleben mit dem Meerschweinchen: lustigerweise ignoriert er es komplett. Außerdem möchte sie wissen, ob wir in der Familie auch bilingual sind: nein, sind wir nicht. Dass die Kinder auf einer internationalen Schule gelandet sind, war auch tatsächlich nicht in erster Linie wegen der Sprache, sondern ein Zufall. Und sie fragt sich, wann ich Serien schaue: ich schaue manchmal beim Kochen/Schnippeln, immer beim Wäsche Zusammenlegen und gelegentlich abends, wenn ich nicht vor Müdigkeit einfach umfalle.
Paula mag die Freitagslieblinge so gern wie ich und fragt, ob mir das Altern was ausmacht. Grundsätzlich nicht. Ich finde, Altwerden ist ein Privilegium, das ich sehr schätze. Ich bin gesund, ich bin noch da – das feiere ich! Die Falten machen mir auch nicht sooo viel aus, aber die grauen Haare find ich doof. Deshalb töne ich sie.
Michi fragt mich nach einer früheren Zeit in meinem Leben, als ich mit einer Frau zusammengelebt habe. Ich habe darüber in meinem Text “Mama, bist du bi?” schon mal geschrieben. Aber diese Fragen habe ich dabei nicht beantwortet und ich merke gerade, dass ich dafür mehr Platz und Zeit haben möchte, als nur hier in den Freitagslieblingen. Liebe Michi, danke für den Gedankenanstoß, ich werde das mal ausführlicher verbloggen.
Ich habe mich sehr gefreut, dass wieder so viele und so unterschiedliche Fragen von euch kamen. Es macht mir Spaß, sie zu beantworten und es zeigt mir auch, wer hier liest und was ihr hier möchtet. Danke! Ich freu mich auf mehr davon nächste Woche.
Damit sind die Freitagslieblinge mal wieder spät dran aber komplett. Ich hoffe, sie machen euch auch noch so viel Spaß wie mir. Kommt gut ins Wochenende!
3 Comments
Liebe Anna!
Wir wissen jetzt wann du Serien guckst aber wann liest du deine vielen Bücher? Bist du schnell- oder querleserin?
Ich verzweifle gerade weil ich neben den zwei Kinder (1 u 4) weder Fachliteratur noch was fürs Vergnügen schaffe! Am Abend bin ich oft einfach zu kaputt u mit den Kindern lese ich natürlich nur Kinderbücher!
Liebe Anna,
auch wenn ich hier selten bis nie kommentiere, so lese ich bei dir immer sehr gerne. Auch und gerade vor allem weil du sehr authentisch schreibst und nicht immer nur die Sonnenseite zeigst. Also bitte weiter so ;-)
Für das rauchige Speckaroma in Gerichten wie deiner Bohnensuppe oder Grünkohl oder … verwende ich immer Liquid Smoke. Das ist wirklich super und man kann auf das Fleisch verzichten, wenn es nur für den Geschmack ist. Gibt es bei amazon und Co. Vielleicht ja auch eine Alternative für euch?
Liebe Grüße
Melanie
Liebe Anna und Melanie,
an lustige liquid smoke (oder vielleicht Rauchsalz) hätte ich gar nicht gedacht. Gute Idee. Ansonsten verwende ich bei solchen Rezepten gerne Räuchertofu (T*aifun mögen hier alle). Gerade wenn der Speck erst am Schluss drüber kommt, könnte ja jeder in der Familie nach eigenem Gusto verfahren.
Beste Grüße
Iris