Als ich die Hörbuchtipps für die Teenies hier veröffentlicht habe, ging mir durch den Kopf, dass so viele von euch mich immer wieder fragen, was ich lese und ob ich etwas empfehlen kann. Und irgendwie teile ich immer mal wieder Buchempfehlungen, aber selten sind es Leseempfehlungen für erwachsene Menschen. Daher ergreife ich heute die Gelegenheit und zeige euch meine…
Buchtipps für den Sommer: Krimi Edition
Was ich gerne lese: Grundsätzliches
Ich bin ja eine Bücherfrau. Und davor war ich ein Bücherkind. Ich lese und lese und lese und nichts bringt meinen Kopf mehr zur Ruhe, als mich abends im Bett noch mal für ein paar Kapitel in ein gutes Buch zu versenken. Im Urlaub zu lesen erhöht das Entspannungspotential noch mal um ein Vielfaches, aber ich habe schon vor Jahren das abendliche Fernsehen wieder durch mein geliebtes Lesen im Bett ersetzt. Für mich ist das die perfekte Methode, zuverlässig den Tag hinter mir zu lassen.
Insofern habe ich (wieder) einen relativ hohen Umsatz, was Bücher angeht. Ich liebe gute Krimis (am liebsten Krimiserien, Leser*innen meiner Freitagslieblinge erinnern sich vielleicht), gut erzählte Familienromane (wenn sie nicht zu kitschig sind) und habe ebenso viel übrig für die fantasievolle Sprache und märchenhafte Bildhaftigkeit lateinamerikanischer Romane wie für die lakonische Erzählweise der Popliteratur der 2000er. Ich hasse Kitschromane und schlimmen Schund (Arztromane, Adelsromane, all das Zeugs mit romantischen Blütenzweigen auf dem Cover) und mache mir nichts aus historischen Romanen, selbst wenn sie gut geschrieben sind. Fürchteliteratur mag ich auch nicht, also gerne Krimis, aber keine Schlitzerromane. Das vorneweg zur Einordnung.
Meine Buchtipps für den Sommer enthalten also in erster Linie Romane und Krimis. Nicht alles, was ich heute hier zeige, habe ich schon gelesen. Einiges habe ich zum Geburtstag bekommen, mir aber auch gewünscht, hätte es also so oder so gelesen. Einiges sind quasi erprobte Bücher, die ich von Herzen weiterempfehle, weil ich sie selbst so gerne gelesen habe.
Meine liebsten Krimis in diesem Jahr
Inspektor Gamache! Der Beste. Meine Liebe zu guten Romanfiguren findet sehr oft in den Lieblingsermittler*innen der Krimireihen ihren Niederschlag, wenn ich mich mal wieder so richtig an eine Figur und ihr Umfeld verloren habe. So ging es mir dieses Jahr mit dem franko-kanadischen Inspektor Armand Gamache aus Montreal, der der Feder von Louise Penny entspringt. Ich habe die Reihe in meinen Freitagslieblingen im März schon mal empfohlen, da war ich gerade bei Band 2.
Inzwischen habe ich letzte Woche hier Band 8 ausgelesen und warte gespannt auf die Neuerscheinungen im August und September, da kommen nämlich Band 9 und 10 im Kampaverlag heraus. Gamache ist ein Ermittler, wie ich ihn liebe, ein nicht stromlinienförmiger Typ, dessen größte Schwäche die Liebe zu seiner Familie und zu gutem Essen bzw Wein ist und vielleicht noch sein moralischer Kompass. Außerdem ist das Setup zauberhaft: Band 1 der Reihe, “Das Dorf in den roten Wäldern” (Amazon Partnerlink) setzt in einem fiktiven kanadischen Dörfchen in der Region Québec ein, Three Pines, in dessen Idylle ein Mord geschieht, den sich niemand erklären kann. Bis Gamache und sein Stellvertreter und Ziehsohn Beauvoir sich der Sache annehmen.
Commissaire Lacroix! Auch diese Reihe, die inzwischen 4 Bände umfasst und von Alex Lepic verfasst wurde, trifft bei mir einen Punkt. Während die Gamache-Krimis vielschichtige und eher psychologische Krimis sind, die sich langsam entwickeln, liebe ich bei Commissaire Lacroix vor allem das Lokalkolorit und die Übersichtlichkeit. Die unterhaltsame und überschaubare Reihe spielt sämtlich in Paris und wer die Stadt so liebt und kennt wie ich, wird sich an all den Schauplätzen der Handlung erfreuen. Lacroix ermittelt entlang der Seine, geht mit seiner Frau in bekannten Brasserien essen oder trifft sich mit seiner Kollegin im Montmartre. Lacroix und die Toten vom Pont Neuf ist der erste Fall und ein sehr guter Einstieg in diese kleine, feine Krimireihe, ebenfalls im Kampa Verlag. Den dritten Fall, Lacroix und die stille Nacht von Montmartre (Amazon Partnerlink) habe ich in den Freitagslieblingen mal besprochen.
Commissaire Luc Verlain! Wer viel Krimis liest, weiß es vielleicht: Alex Lépic, der Schöpfer von Commissaire Lacroix, ist das Pseudonym von Alexander Oetker, der sich auch Commissaire Luc Verlain ausgedacht hat. Ich muss zugeben, auch bei dieser Reihe hat mich vor allem das Lokalkolorit gekriegt. Ich bin eine Frankophile, meine ganzen Kindheit durch haben wir mindestens einmal im Jahr Urlaub in Frankreich gemacht und so, wie ich Paris und die Provence kenne und liebe, so sehr liebe ich auch das Aquitaine – und genau dort spielen die Krimis, in denen Luc Verlain die Hauptrolle spielt. Anders als der maigretähnliche Lacroix, der als pfeiferauchendes älteres Semester eher gemächlich in Paris ermittelt, ist Luc Verlain ein gutaussehender Typ mit schnellem Sportwagen und ohne feste Bindung, der eher etwas fürs Surfen und für Moules-Frites am Strand übrig hat, als für gediegene Mähler in Pariser Lokalen.
Ich gebe zu, die Reihe entbehrt nicht gewisser Klischees, aber ich verzeihe das leicht, weil ich Luc Verlain so gern durch die Orte meiner Kindheitsferien folge. Im ersten Band “Retour” (Amazon Partnerlink) wird er aus Paris nach Bordeaux abgeordnet, wo er vermeintlich ein ruhiges Jahr im dortigen Kommissariat verbringen will, um sich um seinen kranken Vater zu kümmern. Gleich an seinem ersten Tag muss er sich allerdings um einen Mordfall kümmern und steigt sofort voll ein in seinem neuen Job.
Lacey Flint! Ich glaube, ich habe die Reihe von Sharon Bolton in den Freitagslieblingen schon öfter empfohlen, aber ich komme immer noch nicht darüber hinweg, dass nach Band 4 um die Ermittlerin Lacey Flint kein weiterer Band zu kommen scheint. Die Reihe ist einfach zu gut! Insofern muss sie auch hier in den Buchtipps für den Sommer dabei sein.
Mit dem ersten Band “Dunkle Gebete” hat Sharon Bolton eine Ermittlerin in die Spur geschickt, die zutiefst menschlich ist und viel Tiefgang hat. Ihre persönliche Geschichte ist alles andere als durchschnittlich und wie viele der Figuren aus Sharon Boltons Feder ist auch Lacey Flint ein Charakter mit vielen Facetten. Die Krimitradition der Ermittler*innen mit persönlichen Schicksalen ist natürlich keine Neuigkeit, aber für meinen Geschmack bietet Lacey Flint hier einiges, was ich so noch nicht gelesen habe. Und mehr wird hier nicht verraten.
Welche Krimi-Reihen ich grundsätzlich empfehle (auch wenn ich sie schon seit Jahren kenne, lese und liebe)
Ein Klassiker unter den Krimi-Buchreihen sind natürlich die Venedig-Krimis mit Commissario Brunetti, dem venezianischen Ermittler der Krimiautorin Donna Leon. Inzwischen ist im Mai der 30. Fall eschienen, den ich nach wie vor treu lese. Und ich kriege vom Lokalkolorit und von Brunettis Fällen nicht genug. Nicht alle sind gleich gut, das steht fest, aber Flüchtiges Begehren, der Jubliäumsfall, habe ich wieder sehr gerne gelesen.
Kommissar Adamsberg ist für mich ebenfalls ein Lieblingskommissar of all times. Der verschrobene Pariser Ermittler ist die Hauptfigur der Krimireihe von Fred Vargas, einer französischen Krimiautorin besonderer Güte. Ihre Romane sind mehr als Krimis, mehr als einfach nur Romane, es sind eigene Welten voller einzigartiger Figuren, in denen es in der Regel gar nicht unbedingt um das Verhindern oder Aufklären von Verbrechen geht, sondern um das Leben ansich. Adamsberg ist dabei der Dreh- und Angelpunkt eines Universums voller wunderbar schräger Charaktere und sehr viel französischem Leben fernab von Klischees. Zuletzt las ich Der Zorn der Einsiedlerin und warte auf Nachschub. Ich liebe die Reihe.
Peter Decker & Rina Lazarus sind die beiden Hauptfiguren einer Reihe von Faye Kellerman. Krimiautorin wie ihr ebenfalls sehr erfolgreicher Autorenehemann Jonathan Kellerman, hat sie ein unorthodoxes Paar erfunden, das in Band 1 der Reihe zufällig zueinander findet und über die Jahre ganz wunderbar altert. Aktuell gelesen habe ich Band 25, Erbsünde.
Das besondere an Kellermans Krimis ist aus meiner Sicht die Wahl des Milieus, in dem das Privatleben der Ermittler angesiedelt ist: Peter Decker wird eingeführt als abgehalfterter Mordermittler, der nach einem Mord in einer orthodoxen jüdischen Gemeinde ermitteln muss. Hier kommt er mit jüdischem Leben und Kultur in Berührung, das er zuvor nicht kannte und lernt die Lehrerin Rina Lazarus kennen. Entgegen jeder Wahrscheinlichkeit werden die beiden ein Paar und im Verlauf der weiteren Romane konvertiert Decker, der aus seiner ersten Ehe bereits Kinder hat.
Der erste Band der Reihe ist bereits Mitte der 80er erschienen, seitdem hat sie die Reihe regelmäßig und nur mit kurzen Unterbrechungen weitergeführt. Durch die Bände hinweg altern Decker & Lazarus, ihre Kinder ziehen aus, sie werden Großeltern, sie verlassen die Gegend um L.A. und ziehen an die Ostküste. Es ist, neben den jeweiligen Kriminalfällen, die allesamt spannend geschrieben und dabei nicht gruselig sind, sehr schön zu lesen, wie sich diese Ehe entwickelt, wie die Figuren neben- und miteinander ihr Leben gestalten und trotz aller Veränderungen verbunden bleiben. Im Februar erscheint dann Band 26 und ich freue mich drauf!
Das sind meine vorläufigen Buchtipps für den Sommer 2021, heute für alle, die Kriminalromane ebenso lieben wie ich, in der Krimi Edition.
Interessieren euch auch die Stapel noch zu lesender Romane, die ich zum Beispiel zum Geburtstag bekommen habe? Dann würde ich einen zweiten Teil der Buchempfehlungen schreiben.
Last Updated on 4. August 2021 by Anna Luz de León
12 Comments
Hei Anna, ich musste kurz an diesen Artikel von Designmom denken, als du über “Schundromane” sprachst:
https://designmom.substack.com/p/being-snobby-about-romance-novels
Nicht, dass du dich snobby geäußert hast, es passt nur so gut thematisch :) .
Liebe Grüße von Leseratte zu Leseratte!
;-)
Danke schön! Donna Leon lese ich ebenfalls seit Beginn an (oh Gott, wie alt wird dann irgendwie schon sind ;)) und ich lese mich gerade durch die mir fehlenden Bände ab Fall 20… Hatte eine längere Pause, jetzt aber wieder Lust drauf.
Den kanadischen Krimi werde ich auch ausprobieren, und Faye Kellerman, wobei ich mich frage, ob ich von dieser Reihe nicht sogar früher schon was gelesen habe. Ich mag solche Tipps immer sehr.
Das freut mich sehr! Und ich hoffe, Inspektor Gamache wird dir gefallen!
Das sind tolle Tipps für mich, ganz lieben Dank! Ich mag auch nicht diese „Schlitzerromane“, wo jedes brutale Detail genauestens geschildert wird. Mir kommt es vor allem auf die Atmosphäre und die Figuren an. Deshalb mag ich auch Inspektor Jury so gerne und natürlich Brunetti. Ich habe ein Semester in der Bretagne studiert und deshalb sind auch die Dupin-Romane ein Muss.
Ich lese deine Beiträge immer sehr gerne, auch auf Instagram, das sind für mich richtige Perlen!
Liebe Grüße, Angelika
Inspektor Jury ist vielleicht derjenige Ermittler, der mich als sehr junge Frau überhaupt erst zur Krimireihensucht gebracht hat. Diese Figuren, die Dialoge, die Atmosphäre – ich liebte es so sehr. Kennst du die Romane von Deborah Crombie um das Ermittlerduo Kincaid und James? Die liebe ich auch, die gefallen dir vielleicht auch gut, wenn du Inspektor Jury magst. Liebe Grüße!
Unbedingt noch eine zweite Runde, bitte bitte bitte :o)
Ich bin keine Krimi-Leserin, habe aber einen Faible für Lebensgeschichten. Nach einer deiner Buchvorstellungen hatte ich mir damals die beiden “Rabbit Hayes”-Bücher besorgt, bin aber jetzt erst zum Lesen gekommen bzw. fühlte mich jetzt erst in der Verfassung dazu. Und es war so schön und so traurig und so lustig und so besonders, dass mir trotz der schweren Kost immer wieder das Herz aufging und ich mir insgeheim wünschte auch irgendwie von Familie Hayes adoptiert zu werden. Vielen lieben Dank nochmal für die Empfehlung!
Rabbit Hayes liebe ich auch so sehr. Es gibt einfach diese Figuren, in die man sich verknallt und in deren Kosmos man so gerne eintaucht, dass man am liebsten dortbleiben würde.
Liebe Anna, dank dir bin ich jetzt auch Sharon Bolton und ihrer Ermittlerin Lacey Flint verfallen! Hatte mich auf der Suche nach einem guten Krimi an deinen Tipp erinnert. Inzwischen bin ich bei Band 3 – sie hat mich in den letzten sehr turbulenten Wochen abends sehr zuverlässig vom Grübeln abgehalten. Schade, dass nach Band 4 Schluss ist! Dann muss ich wohl mal die kanadischen Krimis lesen.
Die kann ich wirklich nur empfehlen – sie sind ganz anders als die Lacey Flint-Krimis, viel langsamer erzählt und Gamache lässt sich Zeit mit seinen Ermittlungen. Aber sie sind soooo guuuut! Ich hoffe, du wirst sie mögen.
Pingback: 12 von 12 im September 2021 – Der Keks und seine Krümel
Super Edition! Ich mag Krimis sehr! Ich hab schon alle Bücher von Harlan Coben gelesen und konnte nichts interessantes finden. Mit dieser Liste habe ich jetzt etwas, das ich bei einer Tasse Tee im regnerischen Herbst lesen kann.